Marokko 3. Teil - die Dades-Schlucht

Aus Ouarzazate herauszufinden ist kein Problem, die Stadt ist nicht so groß und gut beschildert. Der Wind ist ziemlich aufgefrischt und treibt den Sand vor sich her. Auf einem Stausee in der Ferne erkennt man tatsächlich, wie aufgewühlt das Wasser ist.
Doch vorher haben wir eine Begegnung der besonderen Art. Auf einmal kommen uns lauter flache, rote Autos entgegen. Da ist man nichtsahnend in Marokko unterwegs und was trifft man? Lauter Ferraris auf ihrer Atlastour 2013. Auch mal ein interessanter Ausblick.

Ansonsten verwandelt sich die Landschaft um uns herum langsam in eine Mondlandschaft. Das wenige Grün
verschwindet völlig, was bleibt ist eine Art Geröllwüste, an die sich am Horizont das Atlasgebirge mit schneebedeckten Gipfeln anschließt. Aber auch in dieser unwirtlichen Landschaft finden sich immer wieder kleine Dörfer mit ihren Kasbahs, die Lehmburgen in ihrer traditionellen Bauweise, teilweise verfallen, teilweise noch gut erhalten oder in Privatinitiave restauriert. Wir fragen uns gelegentlich, wovon die Menschen hier leben. Doch meist ist der Dades nicht weit,
jener Fluss, der im hohen Atlas entspringt und sich durch die enge Dades-Schlucht in die Hochebene ergießt und vor Ouarzazate zu dem Stausee aufgestaut wird, den wir anfänglich gesehen haben.
Wir halten unterwegs nur für Fotostops, trinken eine Cola in einem Straßenrestaurant und sind tatsächlich bereits am frühen Nachmittag in
Boumalne an unserem nächsten Hotel, dem Xaluca Dades. Unser Zimmer liegt im 6. Stock des von außen eher schlichten Gebäude und hat eine riesige Dachterrasse, auf der wir locker gemeinsam mit 30 Gästen Platz hätten. Die Aussicht ist überwältigend, das Zimmer ein afrikanischer Traum.
Wir machen einen Hotelrundgang und beschließen, dass wir den Rest des Tages Pause am Pool machen.Was wir dann auch ausgiebig machen, schließlich haben wir ja Urlaub. Das Wasser im Pool ist tatsächlich so kalt, dass ich es nicht schaffe mehr als eine Bahn zu schwimmen.
Dann muss ich schnell- stens wieder heraus.
Irgend- wann ziehen wir um auf unsere eigene Dachterrasse, teilen uns ein marokkanisches Bier aus der Minibar und sehen der Sonne beim untergehen zu. Ein grandioses Schauspiel!
Das Xaluca Dades gehört zu einer spanischen Kette, da wird nicht so früh am Abend gespeist. Dinner gibt es erst um 19.30 Uhr, da haben wir dann wirklich Hunger. Den Tag über gab es nur Obst aus dem Obstkorb des letzten Hotels.
Das Buffet entschädigt aber fürs lange Warten, sehr lecker und umfangreich. Wie immer fehlt eine Beschilderung. Daher nehmen wir teil an dem Ratespiel:  Ratet mal, was dieser Topf enthält...
Ganz besonders lecker ist ein Lammeintopf mit Datteln, da muss ich glatt zweimal nehmen.
Danach sitzen wir noch eine Weile auf der Dachterrasse, schauen in den Sternenhimmel und gehen dann in unser riesiges afrikanisches Bett.
Schlafen tief und fest.
Der nächste Tag beginnt mit einem Blick aus dem Fenster auf das sonnendurchflutete Dadestal. Genau so schön wie gestern. Beim Frühstück treffen wir dann auf zahlreiche Reisegruppen, die ihr Frühstück in unterschiedlichsten Lärmpegeln zu sich nehmen. Das Essen ist gut, der Kaffee grottig, aber der nette Kellner von gestern Abend ist wieder da. Wann die wohl mal schlafen? Die anderen Gäste zu beobachten hat teilweise etwas von Comedy. Zu schön!

Für heute ist unser Ziel die Dades- schlucht, wir wollen mit unserem Suzuki so weit fahren, wie die Teerstraße reicht. Und dann den gleichen Weg wieder zurück. Einen anderen gibt es nur für Allradfahrzeuge. Hat unser Suzuki nicht.
Der Dades windet sich zwischen den Felswänden, mal durch breitere Täler, mal durch enge Schluchten, immer vom frischen Grün der Felder, Bäume und Palmen begleitet. Ein wunderbarer Kontrast zu den meist rostroten Felsen.
Farblich ein Traum. Nicht nur farblich natürlich. Auf den Felsen auch immer wieder Lehmburgen in unterschiedlichen Stadien des Verfalls. Wir halten gefühlt alle 500 Meter, um irgendwas zu fotografieren.
Ein Foto fällt aus Pietäts- gründen aus, ist aber für ewig in meinem Kopf. Drei Frauen in bunter Bekleidung mit Säcken vollen Grünfutter auf dem Rücken, vor rostroten Mauern. Wie für ein Reise- magazin. Doch wir machen keine Fotos von Personen ohne zu fragen. Also gibt es das nur in unserer Erinnerung.
Nach einigen Kilometern winkt es am Straßenrand, ein Marokkaner springt uns fast vors Auto, begleitet von einem europäischen Pärchen. Deutsche, wie sich herausstellt. Wir nehmen sie ein Stückchen mit und trinken in einem Panoramarestaurant mit spektakulärem Blick über die Schlucht noch gemeinsam einen Kaffee.


Der Marokkaner ist selbständig und organisiert Touren durchs Land. Das Pärchen begleitet er, weil er Zeit hat zwischen zwei Aufträgen. Er hat auch noch ein paar Tipps für unseren nächsten Stop in Merzouga
Ein sehr netter, hilfsbereiter Mensch. Wir kriegen seine Mailadresse, falls noch irgendwas sein sollte. Dann trennen sich unsere Wege, das Pärchen will heut noch nach Marrakesch, wir wollen weiter in die Schlucht.Weiter gehts. Die Straße schlängelt sich durch die Schlucht, klebt an den steilen Felswänden, teilweise gänzlich ohne Begrenzung und neben uns geht es locker einige hundert Meter steil bergab.
Wer hier von der Straße abkommt hat verloren. Meine Entspannung lässt dementsprechend etwas zu wünschen übrig. Der Ausblick und die Landschaft ist allerdings gigantisch in ihrer Schroffheit. Die verschiedensten Rot- und Brauntöne wechseln sich ab und darüber spannt sich ein tiefblauer Himmel. Es ist wirklich einsam hier, wir kommen durch keinen einzigen Ort. Doch kaum hält man für einen
Fotostop oder auch mal, um schnell hinter einem Felsen zu ver- schwinden, erhebt sich hinter demselben ein alter Mann oder es springen zwei Schuljungen von einem Abhang auf die Straße hinunter. Sie harren stundenlang an dieser Straße aus, um sich mit dem Verkauf von versteinerten Amphibien oder Halbedelsteinen etwas dazu zu verdienen. Laufen teilweise zehn Kilometer, um diese Straße überhaupt zu erreichen. Fragen nach Bonbons für die Kinder, auch nach getragenen Schuhen, die man nicht mehr braucht. Wir geben, was wir haben, kaufen hier und da eine Kleinigkeit, können aber natürlich nicht alle beglücken. Wie anders hier ein Leben verläuft, wie sehr die Menschen hier damit beschäftigt sind die elementarsten Grundbedürfnisse zu befriedigen. In solchen Momenten schäme ich mich immer wieder, wie schnell ich über irgendetwas jammere. Eigentlich führe
ich ein Leben im Paradies.
Als die Straße noch enger wird, sich unter den überhängenden Felsen zusammenduckt und der Asphalt im Grunde genommen nur noch zu erahnen ist, würde ich eigentlich gerne aussteigen und zu Fuß gehen. Das ist keine Straße mehr, sondern eher ein Eseltrampelpfad. Was man hier wohl macht, wenn einem jemand entgegenkommt?
Glücklicherweise passiert das nicht und wir werden auch nicht von
herabstürzenden Felsen erschlagen. Irgendwann erreichen wir den Ort Msemrir, wo die sogenannte Teerstraße dann entgültig endet. Nicht unbedingt das, was man einen schönen Ort nennt, mit Sicherheit aber ursprünglich.Touristen scheinen sich eher selten hierher zu verirren, was vielleicht an den nicht ganz so tollen Straßen liegen mag. Mit großen Augen schauen uns die Leute an, die Kinder winken mit Begeisterung. Wir beschließen trotzdem umzudrehen und in dem Panoramacafé noch eine Kleinigkeit zu essen.
Eine gute Wahl! Das Essen dort ist gut und günstig. Wir werden von der Tochter bedient, die ein wenig schüchtern versucht alles richtig zu machen und die sich sehr über die 20 Dirham Trinkgeld freut. Und über die Kopfschmerztablette, die sie von mir bekommt.
Auf dem Rückweg kommen wir erneut an den bizarren Felsformationen vorbei, die Affenpfoten genannt werden, die sehen schon sehr besonders aus und wirken bei dieser Beleuchtung besser, als auf dem Hinweg.

Als wir spät am Nachmittag zurück im Hotel sind, hat sich der Himmel bezogen und es ist sehr windig geworden. Wir setzen uns trotzdem auf die Terasse am Pool, um Pause zu machen. Pünktlich zum Sonnenuntergang ist der Himmel aber wieder wolkenfrei.
Das Restaurant ist heute sehr voll, es sind diverse Reisegruppen angekommen, wodurch das ganze ein wenig Bahnhofscharakter bekommt. Wir sitzen an einem Durchgang, was es nicht besser macht. Deshalb verschwinden wir nach dem Essen schnell auf unser Zimmer und beschließen schon wegen der Reisegruppen uns morgen zeitig auf den Weg zu machen. Morgen geht es dann nach Merzouga in die richtige Wüste. 













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