Ägypten 2005 - eine Familienreise in eine fremde Kultur

Ich weiß bis heute nicht, ob meine Liebe zu Ägypten hervorgerufen wurde durch dieses Buch oder ob meine Liebe zu dem Buch hervorgerufen wurde durch meine Liebe für alles Ägyptische. Welches Buch? Sinuhe der Ägypter von Mika Waltari. In meinem Regal steht eine wirklich zerlesene Ausgabe des Bertelsmann Leserings von 1959. Wohl ein dutzend Mal habe ich die ersten Sätze in mich hineingesogen.


"Dieses schreibe ich, Sinuhe, der Sohn Senmuts und seines Weibes Kipa - nicht um die Götter Kêmets zu preisen, denn der Götter bin ich überdrüssig - nicht um Pharaonen zu verherrlichen, denn auch ihrer Taten bin ich müde. Sondern um meiner selbst willen schreibe ich es, weder um Göttern und Königen zu schmeicheln, noch aus Furcht oder auch einer Hoffnung auf die Zukunft. Denn im Verlaufe meines Lebens habe ich so vieles erfahren und verloren, dass keine eitle Furcht mich quält, und des Hoffens auf Unsterblichkeit bin ich müde wie der Götter und der Pharaonen. So schreibe ich dieses nur für mich selbst und glaube, mich dadurch von allen Schreibern der Vergangenheit wie auch der Zukunft zu unterscheiden."

Was ich noch weiß ist, wie schwer es mir mit knapp vierzehn Jahren fiel mich auf den altmodisch anmutenden Schreibstil einzulassen. Doch die Geschichte fesselte mich so, dass auch der Schreibstil irgendwann meinen Lesefluss nicht mehr verlangsamte. Seitdem wollte ich nach Ägypten. Aber wie es im Leben häufig ist, musste ich viele Jahre darauf warten. Während Ausbildung und Studium blieb für so etwas kein Geld über und danach, mit kleinen Kindern schon mal gar nicht. Im Jahr 2005 waren die Kinder dann nicht mehr so klein, die Tochter 14, der Sohn 10 und irgendwie war grad genug Geld für so eine typische Pauschalreise über. Eine Woche Nilkreuzfahrt, eine Woche baden in Hurghada. Heute würde ich so etwas wahrscheinlich nicht mehr buchen, doch als erste Berührung mit Land und Leuten gemeinsam mit den Kindern war es ideal. Obwohl die Wahl unseres Reisezieles gerade auch wegen der Kinder bei einigen im Bekanntenkreis auf Unverständnis stieß.
Wir landeten also in Luxor, was mir ganz wichtig war. Manche der Pauschalreisen waren damals so gestrickt, dass Ankunftsflughafen Hurghada war und man dann noch einige Stunden Wüstenbusfahrt vor sich hatte. Das wollte ich den Kindern und uns gerne ersparen.
Durch unsere Ankunft auf dem Nilkreuzfahrtschiff wurde das Durchschnittsalter der Reisenden imens gesenkt. Es gab keine anderen Kinder an Bord und die meisten Passagiere waren bereits im Rentenalter. Doch irgendwie war das überhaupt kein Problem. Selbst das frühe Aufstehen für all die Ausflüge und Besichtigungen ging komplett ohne Gemecker.
Es gab zwei Reiseführer auf dem Schiff. Unsere Gruppe wurde von Mohammed geleitet, dessen Nachname ähnlich klang wie Schatzeli.
Durch sein Studium in der Schweiz war das zu einer Art Spitzname geworden und so hieß unser Reiseführer dann Schatzeli. Was die Kinder ziemlich komisch fanden.
Schatzeli hatte ein sehr umfangreiches Wissen, konnte sehr anschaulich erzählen und führte uns durch all die Tempel und Sehenswürdigkeiten Oberägyptens, die zu so einer Nilkreuzfahrt dazugehörten. Das Tal der Könige, den Hatschepsuttempel, Karnak, den Amuntempel in Luxor, die Memnonkolosse, den Doppeltempel von Kom Ombo, den unfertigen Obelisken, den Assuanstaudamm und, und, und...
Amuntempel in Luxor
Karnak - ein Tempel der Superlative
Und obwohl unsere Kinder sicher nicht jedes Detail verstanden haben und manchmal auch auf ihren eigenen
Pfaden in den Tempeln unterwegs waren, wenn es zum Beispiel darum ging die eine oder andere Katze zu ent- decken, waren sie immer mit Interesse dabei. Außerdem hatten die meisten aus unserer Gruppe ein offenes Ohr für die Beiden und auch immer ein Auge auf sie. Apropos unsere Gruppe: Auf unserem Schiff war auch ein Paar aus dem Ruhrpott auf Hochzeitsreise. Die frisch Vermählte war bei
jeder Besichtigung dabei, während ihr Angetrauter sich
die Zeit auf einer Sonnenliege des Oberdeckes vertrieb, wobei er ein bis zehn Bierchen trank. Von unseren Kindern erhielt dieser den Namen das Brathuhn, da er seinen üppigen, glänzenden Körper die ganze Zeit brutzelnd in der Sonne wendete. Sein Anblick trug ziemlich zu unserer Erheiterung bei.
Besonders beeindruckend war der Ausflug mit dem Buskonvoi durch die Wüste nach Abu Simbel. Dafür mussten wir tatsächlich bereits in aller Dunkelheit um drei Uhr morgens aufstehen. Am Abend zuvor wurde an Bord ein Film über die dramatische Rettung und die Versetzung dieses Tempels gezeigt, so dass wir vorab schon alle gut informiert waren. Ich habe nicht mehr genau in Erinnerung wie lang diese Fahrt durch die Wüste dauerte. Einige Stunden waren es aber sicher. Währenddessen ging die Sonne rotgolden über den Sanddünen auf, das war so schön, dass es sicher auf jeder Ansichtskarte kitschig gewirkt hätte.
Abu Simbel ist in seiner Erhabenheit einfach unübertroffen. Keines unserer Fotos gibt das auch nur ansatzweise wieder. Ich hatte mir fest vorgenommen dort noch ein zweites Mal hinzureisen, so dass mehr Zeit bleibt diesen Tempel auf sich wirken zu lassen. Wenn die Reisegruppen weg sind, in der Dämmerung vielleicht. Leider sind bisher acht Jahre vergangen und ich war noch nicht wieder da. Doch ich bin mir sicher, dass ich die Statuen Ramses II. und seiner Frau Nefertari wiedersehen werde.






Wunderschön war es auch oben an Deck zu sitzen und die archaische Landschaft an sich vorbeiziehen zu sehen. Oftmals hatten wir das Gefühl diese Szenen hätten sich auch vor zweitausend Jahren abspielen können.



























Wir haben natürlich nicht wirklich am ägyptischen Leben teilgenommen. Wir waren lediglich Zaungäste, die mit ihren westlichen Vorstellungen in einer gänzlich anderen Kultur unterwegs waren. Manche davon auch mit null Verständnis oder Rücksichtnahme auf die dortigen Wertvorstellungen. Gelegentlich habe ich mich
auf unserem Schiff gefragt, auf welcher Seite jetzt eigentlich der Zoo ist. Und was die arbeiten- den Menschen am Flussufer wohl von den kaum bekleideten Touristen halten mögen, die neugierig zu ihnen hinüberblicken, während sie vollklimatisiert, satt und zufrieden an ihnen vorübergleiten.
Nur gelegentlich gab es Berührungspunkte. Beim Besuch eines Nubischen Dorfes. Wo einem noch einmal klar gemacht wurde wie sehr wir von diesem einfachen und oftmals schweren Leben entfernt sind. Der Besuch der dortigen Toilette, die für die Gegebenheiten wirklich sauber war, aber kein fließendes Wassser hatte und eigentlich lediglich aus einem Loch im Boden und einem Eimer zum spülen und zum reinigen bestand, war für einige ein einschneidendes Erlebnis.
















































Auch unser Ausflug mit einem Motorboot bei Assuan, der uns für über eine Stunde auf dem Wasser festhielt, während der Bootsführer mit stoischer Gelassenheit versuchte den defekten Motor zu reparieren und um uns herum Kinder in kleinen Holzbooten auftauchten, die für einen Euro laut und in hohen Tönen  "fideralala, fideralala" aus der Vogelhochzeit trällerten, war eine besondere Situation.
Und der Besuch auf der Brücke unseres Nilkreuzfahrtschiffes, das ein Kapitän steuerte, der weder lesen
noch schreiben konnte, außer das Wasser des Nils, das für uns ein Buch mit sieben Siegeln blieb, während er jede Untiefe an den Wellenbewegungen erkennen konnte.
Tatsächlich war dieser Urlaub der Beginn einer besonderen Beziehung zu diesem Land. Wir und auch unsere inzwischen erwachsenen Kinder würden immer wieder gerne dorthin reisen. Und hoffen, dass das bald wieder möglich ist.
Ausklingen lassen haben wir unseren Urlaub mit einer Woche baden und tauchen in Hurghada. Das wirkliche Ägypten wird man hier nicht finden, doch um all die Eindrücke zu verarbeiten, war das genau der richtige Abschluss.




7 Kommentare:

  1. Ach ja, Sinuhe der Ägypter. Das habe ich natürlich auch gelesen. Danke für den schönen Bericht und die schönen Bilder. Meine Sehnsucht ist auch wieder da. Ich habe mir vorgenommen zum Jahreswechsel wieder nach Ägypten zu fliegen. Solltet ihr noch mal den Weg nach Ägypten finden habe ich für Luxor eine Telefonnummer für euch, so dass ihr mehr außerhalb der Touristenwege sehen könnt. Oder wir treffen uns direkt vor Ort zu einer gemeinsamen Woche ...

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  2. Nachtrag:
    Abu Simbel habe ich auch erst einmal besichtigt 1986 mit meinen Eltern. Richtung Assuan möchte ich auch unbedingt noch mal. Glücklicherweise konnte ich Qena und den Hathortempel von Dendera vor kurzem noch einmal besuchen. Auch immer wieder schön.

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  3. Danke! Das ist ja ein nettes Angebot. Unser Plan ist, nächstes Jahr im Herbst Ägypten erneut zu besuchen, leider bin ich immer an die Schleswig-Holsteinischen Ferien gebunden... Im Frühjahr gehts schon nach Istanbul und Kappadokien. Luxor haben wir ja bereits 2010 noch einmal individuell gemacht, das war so schön, und tatsächlich wäre meine Idee jetzt Assuan und Abu Simbel, evtl. auch noch einmal Luxor, aber so genau weiß ich das noch nicht. Ich hoffe, dass wir das hinkriegen...
    Im Tempel von Dendera waren wir damals auch, das war der Start unserer Rundreise. Vielen Dank für dein Angebot, wenn unsere Planung etwas gebnauer ist, melde ich mich.

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  4. Nach Ägypten möchte ich auch so gerne, nur irgendwie will mein Mann nicht hin. Daran ist es bis jetzt gescheitert, aber ich krieg ihn noch rum. Ich hab schon total viele Bücher über Ägypten gelesen, aber noch nicht "Sinuhe, der Ägypter". Im April, zum Welttag des Buches war ich bei einer Lesung, da wurde auch eine Passage aus dem Buch vorgelesen. Hab es mir dann direkt auf dem Flohmarkt mal mitgenommen. Aber zum Lesen bin ich noch nicht gekommen, steht jetzt im Schrank und wartet.

    Liebe Grüße!

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  5. Hallo Mischa! Ich habe dich auf meinem Blog getagged! Würde mich freuen, wenn du das Fragenspiel mitspielst!
    Liebe Grüße

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  6. Wow, wirklich tolle Bilder. Ägypten steht definitiv auch noch auf meiner Liste, bisher gabs "nur" Reisen nach Kenia und Tansania. Du machst hier generell einen schönen Blog, gefällt mir gut.

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    1. Danke dir. Ägypten ist wirklich auf jeden Fall eine Reise wert. Kenia und Tansania würde ich aber auch gerne sehen. Dorthin habe ich es noch nicht geschafft.
      LG

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