Island - Wir beginnen in Reykjavik

Der Hamburger Himmel hüllt sich in dicke Wolken, als unser Flugzeug Richtung Island startet. Etwas mehr als drei Stunden später landen wir auf dem Flughafen Keflavik und können durch einige Wolkenlücken noch die Sonne erspähen, die uns während des Fluges so zuverlässig begleitet hat.
Wir hätten auch mit  Fähre und eigenem Fahrzeug von Hirtshals in Dänemark über die Faröer-Inseln anreisen können, haben uns aber dagegen entschieden, da die Fähre pro Strecke zwei ganze Tage benötigt.
Durch die zweistündige Zeitverschiebung ist es erst früher Nachmittag, als wir an den eher spärlichen Gepäckbändern auf unsere Koffer warten. Übrigens eng gedrängt mit unzähligen anderen Reisenden. Der Flughafen Keflavik ist auf den Touristenansturm, der hier inzwischen in den Sommermonaten herrscht, nicht so wirklich vorbereitet und etwas unterdimensioniert. Einige halten hier bereits seit über fünfundvierzig Minuten nach ihrem Gepäck Ausschau. Wir haben Glück und können unseres schon nach knapp dreißig Minuten vom Band fischen.
Der gelbe Shuttlebus bringt uns zur Autovermietung, Formalitäten erledigen, Koffer in den kleinen Wagen quetschen und los gehts. Drei Wochen haben wir nun Zeit diese Insel zu erkunden. Unsere erste Bleibe haben wir in der 50 Kilometer entfernten Hauptstadt Islands - Reykjavik. Diese Strecke ist wahrscheinlich für die meisten Reisenden die erste Begegnung mit den besonderen Landschaften Island. Auf unserer gesamten Reise werden wir immer wieder daran erinnert, dass der Mensch hier nur ein Besucher sein kann, der sich arrangieren muss mit den Naturgewalten, die diese Insel formten und immer noch formen. Feuer und Eis prägen die Landschaften, sorgen für Kontraste und Farbenspiele, lassen dich nach Luft schnappen, staunen und an Wunder glauben. Wolkenspiele und Nebel verhüllen geheimnisvoll Berge, Gletscher und Lavafelder oder lassen solche unverhofft aus den Nebeln auftauchen. Wie noch unzählige Male während unserer Reise, halten wir am Fahrbahnrand, um das festzuhalten, was doch kein Foto so richtig wiedergeben kann.
Reykjavik - die nördlichste Hauptstadt Europas - wirkt auf den ersten Blick auf uns, die wir an europäische Metropolen gewöhnt sind, fast ein wenig kleinstädtisch. Und das, obwohl hier über die Hälfte der isländischen Bevölkerung lebt, wenn man die umliegenden Gebiete mit einberechnet. Während wir an einer roten Ampel stehen, schweift mein Blick zum neben uns stehendem Fahrzeug, das unter der Last eines aus Palletten bestehenden, wohl selbst konstruierten Gepäckträgers, auf dem ein kunstvoller Turm aus einer dicken Matratze und diversen verschlissenen Brettern thront, hinüber. Ein alter Mann, mit wettergegerbten Gesicht, riesigen gelben Kopfhörern, eine hochgeschobene Fliegerbrille auf dem schütteren Haar, sitzt hinterm Steuer und klopft mit den Fingern am Lenkrad den Takt der Musik mit. Lässt nicht nur meinen Mund, sondern auch mein Herz lächeln. Ich liebe skurrile Typen, die scheint es hier zu geben, wunderbar!
Unser kleines Apartment befindet sich auf einem Hinterhof an der Laugavegur - die Einkaufsstraße Reykjaviks. Erstaunlicherweise finden wir auch sofort einen Parkplatz. Die Vermieterin, eine alte Dame, die ein hervorragendes Englisch spricht, wie so viele hier auf Island, versorgt uns mit den nötigen Informationen über Einkaufsmöglichkeiten und Öffnungszeiten. Während dieses Urlaubs ist Selbstversorgung angesagt, Islands Restaurantpreise sind nicht unbedingt die günstigsten in Europa. Um die Ecke liegt ein Geschäft der Discounterkette Bonus, erkennbar an dem rosa Schweinchen über der Tür. Hier statten wir uns erst einmal aus, bevor der Laden um 18.30 die Türen schließt. Übrigens machen viele der Filialen erst um 11 Uhr am Vormittag auf. Gewöhnungsbedürftig.
Eine Runde Spaghetti kochen, eine schnelle Tomatensauce und dazu den Wein, den wir aus dem Dutyfree mitgebracht haben. Alkohol ist auf Island nur in speziellen Geschäften erhältlich, den staatlichen Vínbúðin, die Preise sind hoch. Wer kann und möchte, sollte sich im Dutyfree eindecken, das spart imens.
Am Abend bummeln wir noch ein wenig durch die Stadt, es ist auch Mitte August noch bis 22 Uhr hell. Der Himmel hat sich zugezogen, es ist aber trocken, ein wenig kühl mit 12°, aber durchaus auszuhalten.
Islands Hauptstadt präsentiert sich bunt. Graffitis zieren die Häuserwände, es gibt gemütliche Cafés, holzverkleidete Pubs, individuelle Boutiquen und Kunstgalerien. Der Innenstadtbereich lässt sich wunderbar zu Fuß erkunden. Wir bummeln hinab bis zur Harpa, dem architektonisch etwas eigenwilligen Konzerthaus, das am alten Hafen liegt. Ebenso wie der Bau der Elbphilharmonie den Hamburgern, war auch der Bau dieses Konzerthauses den Bewohnern Reykjaviks lange Zeit ein Dorn im Auge. Einmal weil es Millionen verschlungen hat, aber auch weil sich der Blick auf den Hafen und die Stadt drastisch veränderte. Ich bin mir nicht sicher, ob mir dieser Bau wirklich gefällt. Ja, er hat durchaus etwas, wirkt aber auf mich ein wenig deplatziert dort am Wasser.
Der nächste Tag beginnt. Das erste Mal duschen mit leicht schwefelig riechendem Wasser. Ein Geruch der uns mal stärker, mal schwächer auf unserer Reise begleiten wird. Dann  Frühstück in unserer kleinen Wohnung, Brötchen gibt es beim Bäcker um die Ecke. Wunderbar, wenn man so mittendrin wohnt. Unser erstes Ziel für heute ist die Hallgrimskirkja, die oben auf einem Hügel liegt und die wir gestern haben links liegen lassen. Die Wolken hängen ein wenig tiefer heute, vorsichtshalber streifen wir die Regenjacken über.
Die Kirche hat etwas von einer Rakete, zumindestens sieht es für mich so aus. Tatsächlich sollen die Betonpfeiler aber den Basaltsäulen nachempfunden sein, die man in der isländischen Landschaft häufig vorfindet. Vor der Kirche schaut der Wikinger Leif Eriksson -nach der Vinland-Saga der Entdecker Amerikas- von seinem Sockel in die Ferne. Es fängt an zu regnen. Also nichts wie nach oben auf den Turm. Zirka 7 Euro Eintritt zahlen wir pro Person, hinauf geht es nur mit dem Fahrstuhl.
Die Aussicht von dort oben gefällt mir wesentlich besser als das Äußere der Kirche, aber das ist ja bekanntlich Geschmackssache.
Zurück geht es an bunten Häusern vorbei hinunter zum alten Hafen. Es hat aufgehört zu nieseln, von Sonne aber weit und breit nichts zu sehen. Nicht, dass wir etwas anderes erwartet hätten, schließlich sind wir ja in Island. Vom alten Hafen aus starten die Walsafaris und noch diverse andere Bootstouren. Wir haben uns aber entschieden die Wale erst von Akureyri aus zu suchen und bummeln deshalb nur so um das Hafenbecken herum.
Schauen den Leuten beim Einkleiden für die Walsafaris zu. Farbenfroh präsentieren sie sich in warmen und wasserdichten roten Overalls. Blicken den klingelnden Radfahrern hinterher, die ihre Stadterkundungstouren von hier aus starten. Und all den Reisebussen, die ihre menschlichen Ladungen hier ausschütten und wieder abholen. Trotzdem wir langsam auf die Nachsaison zugehen, ist es immer noch recht trubelig hier.
Nachdem wir eine Pause in unserer kleinen Wohnung gemacht haben, starten wir mit dem Auto Richtung Nautholsvik. Hier gibt es eine künstliche Lagune, in der sich das kalte Atlantikwasser mit heißem Wasser aus geothermalen Quellen vermischt. Ein Strand wurde aufgeschüttet und es gibt einen Hot Pot. Als wir dort ankommen beginnt es grad erneut zu nieseln. Die Lufttemperatur beträgt nasse 11°, der Atlantik hat 13°, innerhalb der Lagune ist es etwas wärmer. Trotzdem spielen Kinder in nassen Badesachen im Sand, einige Schwimmer drehen außerhalb der Lagune ihre Runden. Mich fröstelt es bei ihrem Anblick. Aber ich bin auch immer noch erkältet, weshalb wir die Badesachen gar nicht erst eingepackt haben.
Ein älterer Herr erklärt mir, nachdem er dem Atlantik entstiegen ist und während er nur mit einer Badehose bekleidet tropfend im kalten Wind steht, dass es gar nicht kalt wäre und er täglich im Atlantik schwimmen würde. Kein Problem! Wohlgemerkt: er hat nicht einmal eine Gänsehaut dabei.
Wir machen noch den obligatorischen Fotostop an der Schiffsskulptur Sólfar, ein von Jón Gunnar Árnason gestaltetes Sonnenschiff, in dem die meisten Besucher ein stilisiertes Wikingerschiff sehen. Leider ist das Fotografieren des Sonnenschiffes nur ohne Sonne möglich. Die glänzt heute durch Abwesenheit. Dann besteigen wir den Þúfa, einen künstlich angelegten Hügel im industriellen Teil des alten Hafens, den ein kleines Holzhäuschen krönt, das tatsächlich auch zum Trocknen von Fischen verwendet wird. Viele passen da allerdings nicht rein, aber das ist ja auch eher symbolisch gedacht. Weiter gehts Richtung Seltjarnes, einer kleinen Gemeinde, die im Westen an Reykjavik grenzt. Bei Ebbe ist es möglich den weißen Leuchtturm zu Fuß zu erreichen, allerdings erreichen wir den Punkt, während das Wasser noch um die Steine spült.
Ja, und das war er auch schon, der großstädtische Teil unserer Reise. Städte haben wir schon viele gesehen, so haben wir Reykjavik nur ein sehr begrenztes Zeitfenster gegeben. Morgen machen wir uns auf zum Golden Circle mit all den Naturwundern, den dieser Teil Islands zu bieten hat.
 Tschüss, bis zum nächsten Bericht.






6 Kommentare:

  1. Liebe Mischa,

    ich war schon zu lange nicht mehr auf deinem Blog schnökern, weil ich immer so viel mit Arbeit und Uni zu hatte, aber jetzt habe ich endlich wieder Zeit, um mehr Blogs zu lesen.
    Jedenfalls habe ich mich riesig gefreut, dass ich direkt deinen Island Reisebericht gesehen habe. Wir waren letztes Jahr im Mai auch auf Island. Dort waren aber noch nicht so viele Touristen. Die Saison beginnt erst etwas später. Die Restaurant Preise sind echt heftig, wir waren auch nie richtig essen. Im Bonus Supermarkt waren wir auch. Bei uns wurde dann noch gestreikt und wir haben an den Tankstellen nur noch Hot Dogs als Notversorgung bekommen. ;) Die Aussicht vom Kirchenturm fand ich auch schön, ich bin schon gespannt was du über die Golden Circle Tour zu berichten hast. Seid ihr einmal um die Insel gefahren? Mein persönliches Highlight war die Blue Lagoon. Im Mai war sie auch noch nicht überfüllt.

    LG aus Leipzig

    Myriam

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  2. Hallo Miriam,
    wir sind tatsächlich einmal um die Insel gefahren und haben uns dafür drei Wochen Zeit gelassen. Ein Traum! Essen im Restaurant waren wir insgesamt drei mal, war jedes Mal ausgesprochen lecker, aber unter umgerechnet 50 Euro haben wir das Restaurant auch nicht verlassen. Einmal waren es auch 100 Euro...
    Schön, dass du wieder mehr Zeit hast. Gehst du demnächst auch noch einmal auf Reisen?
    LG zurück aus Hamburg

    Mischa

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  4. Oh, Island! Da wäre es für mich dieses Jahr auch ganz knapp hingegangen. Jetzt fahre ich aber doch nach Griechenland, was auch schön ist. :-) Schöner Bericht!

    Herzlich,
    Anna

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    1. Klar, Griechenland ist auch schön... Viel Spaß dabei:)

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