Island - auf dem Weg nach Akureyri


Wir machen uns früh auf den Weg. Auf der Strecke nach Akureyri liegen so viele Highlights, an denen wir stoppen wollen, da werden wir einige Zeit brauchen. Das Wetter ist super, die Morgenluft frisch, klar und kühl, der Himmel blau mit Klecksen von watteweichen, weißen Wolken. Anfänglich führt uns die Straße noch an grünen Gebirgshängen mit Wasserfällen unterschiedlichster Größe vorbei, bis sich unsere Umgebung plötzlich in eine Mondlandschaft verwandelt. Alle Verschwörungstheoretiker, die die amerikanische Mondlandung für einen Fake halten, finden in dieser Gegend schon mal die passende Kulisse, um ihre Argumente zu unterstreichen...
Wir sind auf der Jökuldalsheiði, einer hügeligen Hocheb­ene, die ehemals grün und bewohnt war. Ja, man glaubt es kaum! Doch dann kam das, was hier auf Island immer wieder mal passiert, ein Vulkan brach aus. Die Askja im Jahre 1875. Der Ausbruch war so stark, dass auch in Stockholm noch ein Ascheregen niederging. Er verwandelte die Gegend in das, was wir hier heute vorfinden, in eine unbewohnte Hochlandeinöde, die gerade wegen ihrer schroffen Kargheit unglaublich faszinierend wirkt. Würde uns nicht ab und zu ein anderes Auto entgegenkommen, wähnten wir uns in einem Endzeit-Sciencefiction.
Jeder gefahrene Kilometer scheint andere Farben in die Landschaft zu bringen. Sie bleibt karg, aber Moose und Flechten verwandeln die Berge, verzaubern die Hänge, Wolkenspiele erschafft immer neue Panoramen. Selten so eine gigantische Landschaft gesehen. Wie in einem Traum gefangen fahren wir staunend Kilometer für Kilometer.
Unseren ersten Stop haben wir am Dettifoss geplant. Hierfür müssen wir die Ringstraße verlassen, allerdings gibt es zwei Möglichkeiten dorthin zu gelangen. Wir entscheiden uns für die aspahltierte 862, die westlich des Gletscherfluß Jökulsá á Fjöllum bis zu einem Besucherparkplatz führt. Während wir durch eine graue Steinwüste fahren, die wirkt, als hätte ein Riese hier mit gigantischen Basaltbrocken Murmeln gespielt, fragen wir uns, wo in dieser Ödniss sich denn einer der wasserreichsten Wasserfälle Europas verstecken soll. Es sieht hier wahrlich nicht nach Wasserreichtum aus.
Vom Parkplatz aus - auf dem wir irritiert auch einige aufgebaute Zelte stehen sehen - führt ein Weg durch die Steinwüste, in der Ferne erkennt man bereits eine tiefe Schlucht. Man hört das dunkle, grollende Rauschen des Wasserfalls, lange bevor man ihn sieht. Dann biegt man um eine Ecke und steht staunend vor dem donnernden Giganten.
Das Gletscherwasser stürzt auf einer Breite von rund 100 Meter über 44 Meter in eine Schlucht. Im Sommer liegt die Wassermenge bei unglaublichen 1500m3 pro Sekunde. Ein gigantischer Ausblick!
Der dafür sorgt, dass man sich in den seltsamsten Verrenkungen wiederfindet, um den besten Winkel für ein optimales Foto zu erreichen.
Es gibt verschiedene Aussichtspunkte, die gut angelegt am Rande der Schlucht über abgesicherte Pfade zu erreichen sind. Aus den Tiefen der Schlucht steigt  Sprühnebel herauf und die kleinen Tröpfchen sorgen dafür, dass zumindest die westliche Seite grün bewachsen ist. Sonnenschein zaubert Regenbögen in den feinen Nebel, wären nicht so viele Menschen hier, hätte der Ort sicher etwas mystisches...
Wir wandern noch hinüber zur ersten Fallstufe, dem Selfoss, der etwas oberhalb des Dettifoss liegend die Wasser 12 Meter in die Tiefe fallen lässt. Die Sonne steht irgendwie nicht so wirklich gut zum fotografieren, ohne Gegenlicht geht es nicht.
Durch viele kleine Seitenarme gurgelt und spritzt das Wasser in die Tiefe, im Flussbett selbst schäumt es aufgewühlt und wütend. Reinfallen möchte ich hier keinesfalls, die Gewalt der Wassermassen ist schon beeindruckend. Zurück auf dem Parkplatz nutzen wir einen der Picknicktische und trinken in der Sonne unseren mitgebrachten Kaffee. Hier gibt es tatsächlich auch Toiletten, die ja sonst auf den isländischen Parkplätzen eher selten anzutreffen sind. Ansonsten gibt es aber nichts. Keine Möglichkeit irgendetwas zu kaufen, sei es eine Flasche Wasser oder was auch immer. Selbst mitbringen ist angesagt. Unser Wasser geht dem Ende zu, wir werden am Myvatn einen Supermarkt ansteuern müssen.
Doch bevor wir den See Myvatn mit seinen grünen Ufern und Inseln erreichen, erhebt sich links der Straße ockerfarben der Námafjall vor dem tiefblauen Himmel. An seinem Fuße breitet sich eine Art Hexenküche aus - das Solfatarenfeld Namaskard. Weiße Dampfsäulen zischen scheinbar zornig aus dem Boden, überall qualmt, brodelt, blubbert und kocht es. Der Geruch von faulen Eiern liegt in der Luft und ich bekomme eine Vorstellung davon, wie die Welt vor Urzeiten ausgesehen haben mag.
Ein wenig zaghaft setze ich einen Fuß vor den anderen, immer im Hinterkopf, welche enormen Kräfte da unter uns am arbeiten sind. Doch die faszinierenden Ausblicke lassen mich das und auch den unangenehmen Schwefelgeruch schnell vergessen. Was uns die Natur hier auf Island doch für Schauspiele gönnt... unglaublich!
Wir fahren weiter, doch nur wenige Minuten später stehen wir erneut. Ein türkisblauer, milchiger See liegt strahlend und dampfend rechts der Straße im Sonnenschein, seine Farbe wirkt fast unwirklich. Was ist das? Man möchte spontan hineinspringen, so schön ist er. 
Doch das sollte man lieber unterlassen, wie man den Warnschildern am Ufer entnehmen kann. Baden ist strikt verboten, denn hier wird das heiße Wasser des Geothermalkraftwerks Bjarnarflag eingeleitet. Was seiner Schönheit keinen Abbruch tut.. oder vielleicht auch erst dafür sorgt.
Wir fahren weiter nach Reykjahlíð, das direkt am Myvatn liegt, decken uns dort mit Lebensmitteln ein, essen ein Eis und machen uns wieder auf den Weg. Am "Mückensee" mit seinen unzähligen grünen Inseln entlang, bis wir einen Platz zum picknicken finden. Schmieren uns Brote, die wir mit Blick in die weite Landschaft genießen. Es ist warm im Sonnenschein, nur vereinzelt segeln weiße Wölkchen am Himmel entlang. Hier unterwegs zu sein macht mein Herz leicht, gibt mir Wurzeln, obwohl ich nirgendwo bleibe. Die Welt ist ein Wunder. Lässt uns staunend mit offenen Mündern dastehen.

Ein wenig erinnert mich der flache Myvatn mit all seinen Inseln und der Vegetation an Landschaften in Schweden, doch hier findet man auf kleiner Fläche so unterschiedliche Landschaftsformen, dass es eigentlich nicht reicht nur hindurchzufahren. Sucht euch eine Unterkunft in der Nähe und lasst euch Zeit. Es ist traumhaft schön hier. 
Wir müssen allerdings weiter, unsere nächste Unterkunft ist eine Wohnung im Herzen von Akureyri. Also tschüss, du zauberhafter See. Wir fahren nun Richtung Wasserfall der Götter - dem Goðafoss. Warum der so heißt? Das können wir in der Ljósvetninga-Saga nachlesen. So um das Jahr 1000 herum hatte der Gode Þorgeir auf der Þingsitzung dafür gesort, dass auf Island das Christentum als offizielle Religion angenommen wurde. Wahrscheinlich wegen eines angedrohten Holzembargos des norwegischen Königs Olaf, falls die Isländer weiterhin ihre heidnischen Götter anbeten würden. Schon damals gingen wohl Politik und Religion Hand in Hand... Naja, jedenfalls entsorgte er die heidnischen Götterbilder dann kurzerhand in diesem Wasserfall. Daher der Name.
Auch ohne dass jemand seine Götterbilder dort versenkt hätte, strahlt der Wasserfall etwas göttliches aus, so wie er dort in der Nachmittagssonne glitzert. Die natürlich wieder aus der falschen Richtung kommt und das Fotografieren nicht unbedingt vereinfacht. In einem fast perfekten Halbkreis, nur unterbrochen von einer Felsformation, fällt das Wasser 12 Meter in die Tiefe, um dann weiter durch die Schlucht zu gurgeln. Wirkt trotz der geringen Fallhöhe auf seine Art imposant und bietet von unterschiedlichsten Standpunkten die verschiedensten Ausblicke. Wirklich schön. Es gibt ein kleines Besucherzentrum mit Laden und Toiletten. Vom Parkplatz, der direkt an der Ringstraße liegt, führt beiderseitig der Schlucht ein kleiner Wanderweg zum Wasserfall.
Wir verlassen den Götterfall bei strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel, um uns kurze Zeit später auf der anderen Seite eines kleinen Passes an einem nebeligen Eyjafjörður wiederzufinden. Akureyri begrüßt uns mit schlechtem Wetter, leichtem Nieselregen und einem Himmel in stahlgrau. Doch unsere Wohnung liegt absolut zentral, ist hervorragend ausgestattet und hat Blick auf den Fjord. Bestimmt wird das Wetter morgen aufklaren. Schließlich wollen wir von hier aus Wale sehen...
 



1 Kommentar:

  1. da waren wir auch sind von Akureyri wo wir zwei Tage waren nach Höfn gefahren.
    super Bilder habt ihr da gemacht

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