Island - die Halbinsel Reykjanes

Und schon sind wir beim letzten Stop unserer Islandrundreise angelangt. Da unser Flug zurück nach Hamburg bereits am frühen Morgen geht, sollte es nicht so weit entfernt vom Flughafen in Keflavik sein. Schließlich haben wir ein kleines Apartment in Garður, an der Nordspitze der Halbinsel gefunden. Von hier sind es nur wenige Kilometer bis zum internationalen Flughafen.
Doch erstmal sind wir noch in der Nähe von Stykkishólmur, beladen unseren kleinen, grünen Flitzer und machen uns bei Sonnenschein auf den Weg. Ich bin dann doch eher einsilbig, da ich mit meiner entzückenden Zahnlücke den Mund nicht wirklich aufmachen möchte. Erstaunlich wie sehr man doch von solchen Äußerlichkeiten abhängt.
Auf dem Weg stehen natürlich wieder unerschütterlich etliche Islandpferde auf den riesigen Weiden, genießen wahrscheinlich wie wir Menschen auch noch einmal das schöne Wetter. Der Süden der Halbinsel Snæfellsnes präsentiert sich deutlich flacher als der Norden, mit Flächen üppigen Grüns.
Wir machen eine Pause an einem vergleichsweise kleinem Wasserfall, an dem ein kleines Schildchen mit der Aufschrift  Brúarfoss steht. Ich bin mir nicht sicher, aber es scheint noch einen bekannteren Wasserfall dieses Namens zu geben, jedenfalls stimmen die meisten im Internet zu findenden Fotos nicht mit unseren überein. Was an seiner Schönheit aber nichts ändert. 
Bevor wir unsere Ferienwohnung beziehen , machen wir noch einen Abstecher ins Geothermalgebiet bei Krýsuvík. Das liegt bereits auf der Halbinsel Reykjanes, im Süden an der Straßenkreuzung 42 und 427 zwischen den Städten Grindavik und Hafnarfjörður. Wer nur für kurze Zeit auf Island ist oder lediglich die Region um Reykjavik besucht, hat hier die Gelegenheit einen Einblick in die brodelnden Schlammlöcher, die dampfende Erde und den schwefeligen Geruch zu bekommen.
Es gibt einen kleinen Parkplatz und während unseres Besuches sind nur wenige andere Reisende dort. Die Halbinsel Reykjanes scheint hauptsächlich aus kahlen, schroffen, dunklen Lavafeldern zu bestehen, die auf mich bei der ersten Begegnung irgendwie abweisend wirken.
Unsere Ferienwohnung liegt aber in einem landschaftlich freundlicherem Teil, hier finden sich grüne Wiesen, das Wasser und der Himmel sind strahlend blau und in der Ferne können wir sogar den Snæfellsjökull erkennen, diesmal überhaupt nicht wolkenverhangen. In Garður gibt es einen Leuchtturm, nein, eigentlich zwei Leuchttürme. Der neue weiße Leuchtturm ist der höchste des Landes, der kleinere, der direkt im Wasser liegt, beherbergt ein nettes Café. Sagt zumindest unser Vermieter, also machen wir gleich einen Spaziergang dorthin.
Und schon sitzen wir auf Holzbänken vorm Leuchtturm, essen einen isländischen Kuchen, trinken heißen Kaffee und hörem dem netten Cafébetreiber zu, der uns so allerhand aus seinem Leben erzählt. Ein sehr netter Herr und ein sehr schönes Plätzchen. Den Leuchtturm kann man besteigen, wer zuvor etwas im Café gegessen hat, braucht dafür auch nicht zu bezahlen. Die Stiege hinauf ist steil, auf die Plattform geht es durch eine Luke, aber die Sicht ist fantastisch. 
Auf jeder Ebene steht übrigens ein Tischchen mit Stühlen, an dem man Kaffee , Kuchen oder was auch immer zu sich nehmen kann, auch ganz oben auf der Plattform hinter dem Glas, wo ehemals das Leuchtfeuer brannte.
Den Abend verbringen wir in unserer Ferienwohnung, kochen etwas und versuchen schon mal das Chaos in unserem Gepäck wieder etwas zu dezimieren. Einen Tag haben wir ja noch, bevor wir fliegen, aber man kann ja schon mal anfangen. Schließlich geht die Sonne unter, also noch schnell einmal nach draußen, um das Spektakel zu fotografieren.
Gleichzeitig mit dem Sonnenuntergang kommt eine asiatische Familie an, die nach einem Blick auf das Display unseres Fotoapparates beschließt, dass sie unbedingt genau das gleiche Foto machen müssen. Von genau der selben Stelle versteht sich. Also wird man unsanft zur Seite gedrängelt und los geht die Knipserei. Berührungsängste? Haben wir bisher bei den asiatischen Reisenden eher nicht feststellen können. Diese Familie begleitet uns auch durch die Nacht, da sie das Häuschen direkt neben uns haben und leider mit dem Schließmechanismus der Türen nicht klar kommen. Sie möchten aber gerne abschließen, so dass sie gefühlte tausend Mal die Tür öffnen, um sie dann mit Schwung wieder zu schließen und daraufhin feststellen, dass es immer noch nicht funktioniert. Was auch lautstark kommuniziert werden muss. Nunja, irgendwas ist ja immer...
Den nächsten Tag - unseren letzten auf Island - nutzen wir, um die Halbinsel noch ein wenig mehr zu erkunden. Wir entdecken unweit der Staße 425 eine Fußgängerbrücke, die Brücke zwischen den Kontinenten, die man überqueren kann, so dass man flugs von der eurasischen auf die amerikanische Kontinentalplatte wechselt. Eine Kleinigkeit!

Eine Schotterpiste führt uns dann an einem Leuchtturm vorbei zur Quelle Gunnuhver, mit 20 Metern Durchmesser der größten Schlammquelle des Landes. Benannt wurde sie nach dem Gespenst Gudrun Önundardsdottir, kurz Gunna. Wegen ihrer Schulden beschlagnahmte man ihren einzigen Besitz, einen Kupferkessel. Die arme Gunna wurde darüber wahnsinnig, starb und spukte darauf böse in der Gegend umher. Sie war wohl ziemlich sauer. Bis ein zauberkundiger Pfarrer sie mittels eines Wollknäuels und einer List in den brodelnden Schlammtopf lockte, in den sie dann stürtzte. Hier soll sie auch heute noch manchmal laut lachend auf dem Kraterrand balancieren.
Uns ist sie nicht erschienen. Ob das gut oder schlecht ist weiß ich nicht, doch tatsächlich muss so ein wundersamer Ort solche Geschichten hervorbringen. Diese brodelnde, dampfende Quelle hat mich sehr beeindruckt.
Wir statten der Klippe Valahnúkur einen Besuch ab, an der sich ein Denkmal für die Riesenalken befindet. Riesenalken? Die gibt es nicht mehr. Das waren flügellose Vögel, man nannte sie auch Pinguine des Nordens, doch seit mehr als 160 Jahren ist diese Gattung ausgestorben.
Natürlich schauen wir auch bei der blauen Lagune vorbei, die inmitten der flechtenbewachsenen Lavafelder liegt. Wegen der  imens hohen Eintrittspreise verzichten wir aber auf einen Besuch und schlendern lediglich durch den Außenbereich.
Und nun muss ich mich ein wenig wehmütig von dieser Insel aus Feuer und Eis verabschieden. Das war der letzte Teil unserer Reise, am nächsten Morgen sind wir im Regen vom Flughafen Keflavik nach Hause geflogen. In nächster Zeit wird es noch ein oder zwei Fotostrecken geben und eine Zusammenstellung unserer Unterkünfte.
Tschüss Island. Du hast uns verzaubert.



Island - auf nach Snæfellsnes

Wir nähern uns dem Ende unserer Islandreise. Genau zwei Berichte fehlen noch und dies ist einer davon.
Akureyri verlassen wir im Schein der lange vermissten Sonne und bei blauem Himmel. Kalt ist es geworden, der kurze isländische Sommer scheint entgültig vorbei. Auf den Gipfeln erkennt man den ersten neugefallenen Schnee, wie eine hauchdünne Schicht aus Puderzucker krönt er die Berge. Wir wollen zur Halbinsel Snæfellsnes, in die Nähe von Stykkishólmur, das mit zirka 1100 Einwohnern an der Nordküste liegend der größte Ort dieser Halbinsel ist. Eine Zwischenübernachtung haben wir eingeplant, da auf dem Weg dorthin auch wieder einiges Interessantes liegt.
Erster Stop: das Torfgehöft Glaumbær. Unser Reiseführer schreibt dazu, dass kaum eine Reisegruppe diesen Museumshof links liegen lässt, was im Sommer wohl dazu führen soll, dass die kleinen Torfhäuser aus den Nähten zu platzen drohen. Davon können wir nicht berichten. Außer einem asiatischen Paar, das mit Stativ und Kamera bewaffnet in Abendgarderobe dort auftaucht, um die obligatorischen, romantischen Fotos ihrer Hochzeitsreise zu schießen, klappernd in der Kälte, aber mit einem breiten Lächeln im Gesicht, sind wir so gut wie allein dort unterwegs. Mit seinen 6 weißen Giebeln und 13 Räumen handelt es sich um einen recht großen Hof und heute unter dem strahlend blauen Himmel, könnte man sich vorstellen, dass das Leben hier ein leichtes gewesen ist. Doch ich denke, dass das täuscht.
All diese verwinkelten Räume, die Gänge, die die Häuschen miteinander verbinden, ohne dass man ins Freie treten muss, geben einen hervorragenden Einblick in die ursprüngliche Lebensweise hier auf Island. Auf jeden Fall empfehlenswert.
Danach wollen wir baden gehen. Strahlender Sonnenschein, 9° Außentemperatur, das ist doch genau das richtige Wetter dafür. Langsam kriegen wir eine isländische Seele. Wir haben die Ringstraße bei Varmahlíð sowieso schon verlassen, um den Museumshof zu erreichen und nun gehts weiter Richtung Norden bis Sauðárkrókur. Von hier führt die 17 Kilometer lange Schotterpiste 748 zum verlassenen Hof Reykir an dem die Thermalquelle Grettislaug liegt. Übrigens direkt am Atlantik, gegen die heftigen, kalten Winde durch eine Felsmauer geschützt. 
Außer uns ist tatsächlich niemand dort im Wasser, das wirklich ziemlich heiß ist, in einem der Becken so heiß, dass ich es nicht hineinschaffe. Das Becken ist ein wenig moosig und glitschig, doch in dieser grandiosen Kulisse im wohlig warmen Nass zu sitzen ist unbezahlbar. Wir bleiben eine ganze Weile. Eine Gruppe Kanadier ist mit einer kleinen Fähre von der Insel Drangey zurückgekommen, die Damen und Herren lassen sich ebenfalls zu Wasser und während die Sonne fröhliches Lächeln auf die Gesichter zaubert, kommt man hier schnell miteinander ins Gespräch. Diese Thermalbecken sind einfach unheimlich kommunikationsfördernd.
Auf einer Wiese gibt es dann noch ein Picknick bevor wir weiterfahren. 
Unsere Zwischenübernachtung lasse ich besser unerwähnt, die Hütte auf einem Campingplatz bei Blönduós ist die schlechteste Übernachtungsstätte auf unserer Reise, dabei aber nicht die günstigste, und die Herren in der Rezeption sind nicht nur maulfaul, sondern wirklich schon unhöflich
Snæfellsnes  ist eine Offenbarung, die von uns gewählte Strecke eine Herausforderung - sie ist zwar die direkteste Verbindung, besteht aber fast nur aus Schotterstraßen. Wir haben das Gefühl im ursprünglichen Island angekommen zu sein, die Landschaft ist karg und faszinierend und da wir inzwischen fast September haben, sind außer uns nur noch wenige andere Reisende unterwegs. Wie schön.
Unsere Hütte in der Nähe von Stykkishólmur ist wunderbar ausgestattet und bescherrt uns den schönsten Sonnenuntergang unserer Reise. Fast schon kitschig!
Am nächsten Morgen spannt sich erneut ein blauer Himmel über der fantastischen Landschaft. Wir machen uns auf den Weg jenen sagenumwobenen Vulkan aus Jules Vernes Reise zum Mittelpunkt der Erde zu entdecken. Den Snæfellsjökull. Hoffen, dass er sich nicht hinter den in der Ferne tiefhängenden Wolken versteckt.
Die Landschaft durch die wir fahren, hat etwas geradezu mystisches.Wir kommen am Kirkjufell vorbei, einem steilen Berg, der mich ein wenig an den Zuckerhut erinnert, seinen Namen aber erhalten hat wegen seiner kirchturmartigen Form. Also, bei mir sehen die Kirchtürme irgendwie anders aus. Unweit davon gibt es dann auch den Kirkjufellsfoss, ein beliebtes Fotomotiv in dieser Gegend. Für sich betrachtet eigentlich gar nicht so ein außergewöhnlicher Wasserfall, in Verbindung mit dem dahinter liegenden Berg schon ein Augenschmaus. Kalt ist es, als wir hinaufwandern, tatsächlich Zeit auch die Handschuhe aus dem Gepäck zu holen.
Der Snæfellsjökull, dieser Zauberberg, verbirgt heute leider sein Gesicht vor uns. Seine perfekte Form können wir zumindest erahnen, doch der Gipfel ist verschleiert. Als würde er nicht jedem seine Schönheit schenken wollen. Während wir auf einem Parkplatz in der kalten Sonne sitzend unser Essen verzehren, betrachten wir ihn schmachtend.
Versuchen danach ihn zu umrunden, doch er gönnt uns keinen Blick auf sein Antlitz.
Stattdessen beäugen uns die Schafe interessiert von der Straße aus, fast als würden sie sich über uns amüsieren. Snæfellsnes gefällt mir wirklich ausgesprochen gut, hat noch so etwas ursprüngliches. Ich kann nur jedem raten diese Halbinsel bei einer Rundreise nicht auszuklammern.
Auf dem Rückweg zu unserem Ferienhaus halten wir noch an einem besonderem Hof. Hier kann man den fermentierten Grönlandhai erwerben... und auch kosten. Ob wir uns das wohl trauen werden?
Vielleicht sollte ich erst einmal erzählen was das eigentlich ist. Fermentierter Grönlandhai. Wenn ich das richtig verstanden habe, hat so ein Grönlandhai keine Nieren und reichert deshalb Harnstoffe im Blut an. Das frische Fleisch wäre für Menschen giftig. Also lässt man den Hai erst einmal verrotten. In spezielen Kisten oder Gruben. Mehrere Wochen lang. Dadurch wird Ammoniak freigesetzt. Danach wird das Haifleisch für etwa zwei bis vier Monate in eine offene Trockenhütte gehängt, damit das Ammoniak, das beim Verrotten freigesetzt wurde, verdunsten kann. Die Kruste wird dann entfernt und das weiße Fleisch in kleinen, mundgerechten Stücken serviert. Erinnert ein wenig an fetten Speck. Also vom Aussehen her. Vom Geruch eher weniger.
Tatsächlich stinkt es weniger stark als ich dachte. Und aufgepiekst mit einem Stück Vollkornbrot kann man das ganze auch tatsächlich essen. Meine Leibspeise wird es wohl nicht werden, aber es ist nur halb so schlimm wie ich dachte.

Am nächsten Morgen finden wir uns im Hafen von Stykkishólmur ein, übrigens ein ganz zauberhaftes Städtchen. Wir wollen von hier zu einer Viking-Sushi-Fahrt starten, die wir am Abend zuvor gebucht haben. Die Fahrt führt uns durch die Inselwelt im Breiðafjörður, der die Halbinsel Snæfellsnes von den Westfjorden trennt. Wieviele es genau sind weiß man nicht, ihre Zahl wird auf 2500 geschätzt. Manche sind winzig klein, manche größer, alle sind wahre Vogelparadiese.
Es ist kalt hier auf dem Wasser, aber die Landschaft von einer ruhigen in blau getauchten Schönheit, die ihresgleichen sucht. Irgendwann wird das Netz ins Wasser gelassen, eine Weile über den Meeresboden geschleppt und schließlich wieder eingeholt. Als es an Deck ausgekippt wird, ergießt sich die bunte Vielfalt des Meeres auf eine Art Blechtisch.
Mit Messern bewaffnet geht es dem Meeresgetier ans Leben. Eigentlich ist Sushi so gar nicht meins, aber das hier ist durchaus lecker. Schwierig ist es nur sich gegen so eine Art russischen Napoleon durchzusetzen, der sich stets so geschickt positioniert und alles abgreift, was ihm essenswert erscheint, bevor jemand anderes die Möglichkeit hat zuzugreifen. Leute gibts...
Dieser Tag ist unser Hochzeitstag, so fahren wir am Abend erneut nach  Stykkishólmur hinein, um richtig gut essen zu gehen. Und das Essen ist auch wirklich fabelhaft. Leider ist das aber auch der Moment, an dem sich mein Provisorium verabschiedet. Beide Schneidezähne beschließen, dass es nun genug ist und sagen tschüss. Resultat: eine großartige Zahnlücke sobald ich den Mund aufmache. Ich weiß nicht so genau, ob ich nun lachen oder weinen soll. Lass das Provisorium verschämt in einer Serviette verschwinden. Verzehre das butterweiche Lammfilet mit gesenktem Kopf. Schweigend. Drei Tage Island liegen noch vor uns. Ich werde wenig sagen. Und stets mit geschlossenem Mund lächeln.



Akureyri unter Wolken

Islands "Hauptstadt des Nordens", die nur 50 Kilometer südlich des nördlichen Polarkreises liegt, haben wir uns gleich für mehrere Tage als Standort gewählt. Einmal weil es von hier aus eine Menge zu entdecken gibt, aber auch der Wohnung wegen, die für isländische Verhältnisse recht günstig mitten in der kleinen Stadt liegt. Und eine Waschmaschine hat, was bei über 3 Wochen Urlaub durchaus von Vorteil sein kann.
Leider hat das gute Wetter, das uns so lange Zeit zuverlässig begleitet hat, nicht in diesen Fjord gefunden. Hartnäckig krallt sich während unseres Aufenthaltes eine dunkle Wolkendecke dort fest und denkt auch nicht im Traum daran sich zu verziehen, sondern schüttet auch noch ergiebige Güsse über uns aus. Gut, dass wir Regensachen dabei haben!
Nach unserer ersten Nacht schlendern wir durch den kleinen Hafen, auf der Suche nach den Schiffen, die zur Walbeobachtung hinausfahren. Ursprünglich hatte ich dafür eher mit dem Walbeobachtungsort schlechthin, nämlich Husavik, geliebäugelt. Der auch nicht sooo furchtbar weit entfernt liegt. Doch nachdem wir mit einer Meeresbiologin aus Deutschland gesprochen haben, die uns bei einem Anbieter hier freundlich begrüßt, entscheiden wir uns spontan um. Die Wahrscheinlichkeit hier im Eyjafjörður Wale zu entdecken, liegt bei 95%, in dieser Saison soll es lediglich bei zwei Fahrten nicht geklappt haben. Husavik liegt direkt am offenen Meer, je nach Windstärke kann so eine Walbeobachtung schon mal recht ungemütlich werden und für nicht so seefeste Personen auch zu spontanen Magenentleerungen führen. Hier auf dem geschützt liegenden Fjord ist das eher nicht zu befürchten. Wir buchen spontan für Mittags, nachdem wir unsere Wetterapp befragt haben, die behauptet, dass es dann zumindest trocken sein wird.
Ein bißchen Heimatgefühl kommt auf, während wir Mittags darauf warten auf das Schiff gelassen zu werden. Wir sollen nämlich mit der Ambassador starten, einem in Hamburg gebauten ehemaligen Polizeischiff. Doch aus irgendwelchen Gründen wird es dann die arctic circle, die uns hinaus auf den Fjord bringt. Tatsächlich regnet es nicht, aber es ist schneidend kalt, als wir oben auf der Beobachtungsplattform mit ständig laufender Nase im eisigen Fahrtwind stehen. Augen immer aufs Wasser gerichtet. Während wir mit einem deutschen Pärchen plaudern, die mit der Fähre von Hirtshals gekommen sind. Die berichten, dass Wellen im Atlantik durchaus andere Ausmaße haben können, so dass es ordentlich geschaukelt hat auf ihrer Überfahrt.
Wir fahren eine Stunde bis sich die erste Fluke zeigt. Und obwohl es nicht meine ersten Wale sind, steigen mir die Tränen in die Augen. Was für majestätische Geschöpfe! Was für ein Glück sie sehen zu dürfen! Eine andere junge Meeresbiologin erklärt uns in gut verständlichem Englisch so allerhand über die Buckelwale. Wir erfahren, dass die männlichen Buckelwale für ihre Damen singen, und zwar in unterschiedlichen Dialekten, je nachdem, ob sie aus dem Atlantik oder dem Pazifik stammen. Fünf Buckelwale können wir an diesem Nachmittag beobachten, die um unser Schiff herum immer wieder auf- und abtauchen. Ich vergesse die Kälte, das schlechte Wetter und alles Böse in dieser Welt. Die Erde ist voller Wunder...
Völlig durchgefroren werden wir nach drei Stunden wieder im Hafen von Akureyri abgeladen. Voller neuer Eindrücke. Wärmen uns mit heißem Tee, kochen uns etwas in unserer Küche mit Aussicht auf den Fjord, schauen aus dem Fenster, während draußen das Grau in Dämmerung übergeht. Und die Tropfen an der Fensterscheibe hinabrinnen.
Auch der nächste Tag begrüßt uns mit Regen. Was also tun an so einem regnerischen Tag? Beim Frühstücken durchblättern wir unseren Reiseführer und stoßen auf Museen... gar nicht mal so wenig. Gut, dann wird das heute mal unser kultureller Tag. Ab ins Auto und los gehts. Wir beginnen mit einer Einlage für den Herren, und zwar dem, der gerne auf zwei Rädern unterwegs ist. Es gibt hier ein Motorradmuseum. Eines, das entstand, um den Traum von Bjarni Heiðar Johansen wahr werden zu lassen, der 2006 bei einem Motorradunfall verstarb. Mit viel Engagement haben seine Freunde dafür gesorgt, dass dieser Traum Wirklichkeit wurde.
Tatsächlich bin ich als Frau auch nicht ganz unbegeistert. Das haben die wirklich gut zusammengetragen. Dabei so Kleinigkeiten wie die ersten Motorradbesitzerinnen Islands nicht vergessen. Zeigen wirklich unterschiedlichste Facetten dieses Hobbys. Der Göttergatte ist sowieso hin und weg, spätestens nachdem er sein eigenes Mottorrad von damals gefunden hat, kniet er ergriffen nieder.
Vielen Dank, Bjarni Heiðar Johansen. Das war ein spannender Besuch.
Wir bleiben der südlichen Richtung treu und es geht raus aus Akureyri. Und wir treffen: den Weihnachtsmann... Mit seinen Rentiere hatten wir ja bereits das Vergnügen. Aber hier scheint er selbst zu wohnen. Sogar seine Wäsche hängt im Garten auf der Leine.

Tatsächlich ist dieses Weihnachtsmannhaus vor den Toren von Akureyri bezaubernd und wirkt auf mich in gar keiner Weise kitschig. Wer durch die Tür dieses roten Hauses schreitet, findet sich mitten in Weihnachten wieder. Egal zu welcher Jahreszeit. Im Hintergrund erklingen Weihnachtsmelodien aller Herren Länder und man kann ungestört stöbern in all den Dingen, die eigentlich niemand braucht. Die aber trotzdem wunderschön sind. Also, die meisten...
Unser kultureller Ausflug führt uns weiter zu einer der sechs erhaltenen Torfkirchen des Landes. Hier wollen wir unsere mitgebrachten Brote verspeisen. Also, nicht in der Kirche natürlich, sondern auf einer Wiese oder was auch immer es dort in der Nähe geben mag. Aber vorher stolpern wir über den Tischler Sverrir Hermannsson. Oder besser über das, was er hinterlassen hat. Das Museum der kleinen Dinge. Der gute Sverrir konnte nämlich einfach nichts wegschmeißen, er sammelte einfach alles. Nicht nur unzählige Werkzeuge, auch Alltagsgegenstände wie Schlüssel, Bleistifte, Brillen, Töpfe und, und, und begrüßen uns in den Räumlichkeiten des Museums akribisch angeordnet. Eine faszinierende Zusammenstellung.

Die uns nachdenklich wieder entlässt. Was ist aus unserer Gesellschaft geworden, die Dinge produziert, um sie kurze Zeit später auf den Müllbergen landen zu lassen? Dinge, die niemand mehr achtet, weil sie sich vermeindlich überholt haben. Wer ist nun verrückter? Sverrir Hermannsson, der nichts entsorgen konnte oder wir, die alles innerhalb kürzester Zeit ersetzen?
In dieser Stimmung finden wir uns vor der Torfkirche wieder. Glücklicherweise hat der Regen inzwischen aufgehört, doch die Wolken hängen immer noch tief. Wir essen unsere Brote auf einer feuchten Wiese mit Blick auf die Berge. Stromern danach noch einmal um die Kirche und entdecken noch mehr alte Dinge, die rostig mit der Natur verwachsen sind. Hier muss mal ein funktionierender Hof gewesen sein und wir sind auf seine Hinterlassenschaften gestoßen.
Die jetzt ausrangiert mit der Wiese verwachsen sind. Stumme Zeugnisse ehemaligen Lebens. Wer genau hinhört, hört sie gemeinsam im Chor davon singen... Oder sind es die Elfen? Ich weiß es nicht.
Auch die restlichen Tage bleiben verregnet. Trotzdem machen wir uns jeden Tag auf den Weg. Was wir noch gemacht haben? Wir sind die Halbinsel Tröllaskagi hinaufgefahren, haben uns in einer alten Fischfabrik umgesehen und versucht, die Berge hinter den tiefhängenden Wolken zu erahnen. Haben sogar im Regen ein Eis gegessen. Schmeckt auch nass, kann ich euch sagen.
Wir haben am verregneten Stadtfest in Akureyri teilgenommen, das sogar live vom isländischen Fernsehen übertragen wurde. Allerdings können wir uns mit der musikalischen Darbietung nicht so wirklich anfreunden. Doch die von Kerzen beleuchtete Treppe hinauf zur Kirche ist sehr schön. Nur schwer zu fotografieren, da eigentlich ständig jemand im Weg herum steht. Überhaupt findet dieses Stadtfest nur wenige Stunden statt und am nächsten Morgen ist alles, was daran erinnern hätte können, schon wieder verschwunden.
Sehr schön ist auch unser Ausflug zum Museumshof Laufas, der am Ostufer des Fjords liegt. Tatsächlich lugt an diesem Tag die Sonne (!) kurz durch die dichten Wolken. Ein Highlight! Aus Torf und Grassoden errichtet, gewährt der Hof einen wirklich guten Einblick in das Leben der Menschen in der damaligen Zeit.
Folgt man der Straße weiter, trifft man auf den eher untouristischen, kleinen Ort Grenivik. Der zu unserer Freude grad von der Sonne beschienen wird und dadurch wirkt, als hätte man ihn gradewegs aus der Waschmaschine geholt und zum trocknen aufgehängt. So sauber!
Was ihr sonst noch unbedingt in Akureyri machen müsst? Esst ein Stück Torte im Bláa Kannan. Und ärgert euch nicht über den Preis. Genießt einfach den fabelhaften Geschmack und das nette Ambiente. Verfehlen könnt ihr das Café nicht, es ist in dem leuchtend blauen Haus, das sich direkt in der Einkaufsstraße befindet.
und jetzt, wo wir Akureyri verlassen müssen, enthüllen sich die Berge und die Sonne scheint über der Stadt. Frechheit!