Der Nordharz - Quedlinburg - ein Unesco-Welterbetraum

Zeit endlich mal rauszukommen - das erste Wochenende im Februar und wir machen uns auf in den Nordharz. Freitagmorgen geht es los, der Hamburger Himmel verabschiedet uns in freundlichem stahlgrau, knappe 300 Kilometer liegen vor uns bis zu unserer Ferienwohnung in Quedlinburg. Tatsächlich haben wir Glück, kein Stau und auch nicht so viel Verkehr. Als wir Mittags ankommen, lugt eine verschämt wirkende Sonne vorsichtig hinter den Wolken hervor. Wie nett!
Unsere Ferienwohnung liegt direkt am Markt, wir brauchen quasi nur vor die Tür fallen und schon sind wir mittendrin. Quedlinburg mit seinem historisch bebautem Stadtkern ist nicht nur Unesco-Welterbe, sondern auch eine Stadt, die stark von Frauen geprägt wurde. Nicht unbedingt üblich in den vergangenen Jahrhunderten. Mathilde hieß die Dame, die der Stadt ihren Stempel aufgedrückt hat, sie war eine Tochter Ottos des Großen und seiner Frau Kaiserin Adelheid. Ich muss zugeben, ich hatte bisher nie von ihnen gehört, doch im 10. Jahrhundert bestimmte dieses Geschlecht die Geschicke großer Teile Europas. Die gute Mathilde wurde bereits im zarten Alter von 11 Jahren Äbtissin von Quedlinburg und nach ihr lenkten viele Jahrhunderte lang Frauen das Leben in dieser Stadt. Übrigens promovierte hier auch die erste Ärztin lange bevor das in Deutschland möglich war, nämlich bereits im Jahr 1754.
Doch jetzt ist erst einmal genug mit unserem Ausflug in die Geschichte, stattdessen machen wir nun einen Ausflug in die engen von Fachwerkhäusern gesäumten Gassen dieser geschichtsträchtigen Stadt.
Quedlinburg lässt sich wunderbar zu Fuß erlaufen und ist in großen Teilen autofrei. Wir orientieren uns erst einmal Richtung Schloss, das gemeinsam mit der tausendjährigen romanischen Stiftskirche hoch über dem Ort thront. Auf dem Weg verirren wir uns ins ein oder andere Geschäft, aus dem wir mit so interessanten Dingen wie "Bier mit einer Schokoladennote" wieder auftauchen. Übrigens absolut lecker!
Die Sonne scheint inzwischen durch die übrig gebliebenen Wolken und lässt die Farben der Fachwerkhäuser strahlen. Kalt ist es trotzdem noch, aber der Blick vom Schlossberg lässt uns das vergessen. Was für eine Aussicht. Hunderte rote Ziegeldächer, von der Sonne angestrahlt. So schön!
Der Schlossberg selber ist mit seinen Gärten und der besonderen Aussicht wirklich sehenswert. Die romanische Stiftskirche in ihrer Schlichtheit finden wir aber eher enttäuschend, sie hinterlässt bei mir den Eindruck von grauem Beton - was natürlich nicht stimmt - beeindrucken tut uns lediglich der Domschatz und die Krypta, in der sich noch mittelalterliche Malereien erkennen lassen. Das ganze kostet dann auch noch 6 Euro Eintritt pro Person, was ich für Kirchen sowieso immer nicht ganz angemessen finde und für diese schon mal gar nicht. Aber das ist meine ganz persönliche Meinung.
Im Sommer kann man auf der Terrasse der Restauration hier oben sicher wunderbar sitzen, jetzt im Februar scheucht uns der kalte Wind aber wieder vom Schlossberg und wir wärmen uns in einem der zahlreichen Cafés bei einem hervorragendem Kaffee und einem Stück Blechkuchen wieder auf.
Weiter gehts. Wir lassen uns einfach durch die Gassen treiben. Kommen dabei einem Turm immer näher, finden aber den Zugang nicht. Schließlich stellen wir fest, dass er auf einem Hotelgrundstück steht. So wie er aussieht, ist er aber deutlich älter als das Hotel, das gediegen wirkt und dementsprechend Schlosshotel heißt. Wie auch sonst? Ein Schild steht am Zugang zun Turm, Sternkiekerturm ist dort zu lesen.
Tatsächlich handelt es sich um einen mittelalterlichen Wehrturm der alten Stadtbefestigung, der im 18. Jahrhundert noch einmal umgebaut wurde. Zugang erhält man durch ein Drehkreuz, nachdem man ein 1 Eurostück eingeworfen hat. Dann geht es über knarzende, ausgetretene Holzstufen nach oben. Die Aussicht lohnt auf jeden Fall die Anstrengung, wenn nicht immer noch so viele Wolken unterwegs wären, könnte man bestimmt den einen oder anderen Gipfel im Harz erkennen.
Durch die Dämmerung geht es langsam wieder zurück. Ein fahler Mond hängt am Quedlinburger Himmel, sanftes Licht spiegelt sich auf dem Kopfsteinpflaster, während wir durch eine Gasse mit dem etwas seltsam anmutendem Namen Hölle spazieren. Man stelle sich vor, man wird nach seiner Adresse gefragt und muss dann antworten: "ich wohne in der Hölle 4...". Das erzeugt beim Gegenüber sicher nicht nur Fragezeichen im Gesicht.
Warum diese Straße so heißt entzieht sich leider meiner Kenntnis, ich erinnere mich etwas gelesen zu haben, dass ein Zusammenhang zu den rußgeschwärzten Häusern bestanden haben soll. Genauer weiß es sicher der mittelalterlich gewandete Herr, auf den wir einige Gassen weiter treffen und der hier Touristen als Nachtwächter durch die Stadt geleitet. Doch wir haben Hunger, deshalb folgen wir ihm nicht, sondern machen uns auf den Weg, um unseren Magen zu füllen. Das geht übrigens ausgezeichnet im Brauhaus Lüdde, dann gibts gleich noch ein süffiges Bier dazu.
Morgen gehts übrigens mit der Brockenbahn hinauf auf den Gipfel. Vielleicht lesen wir uns?





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