Der Nordharz - mit der Brockenbahn auf den Gipfel

Frühes Aufstehen ist angesagt. Nachdem wir gestern ausgiebig Quedlinburg erkundet haben (  Der Nordharz - Quedlinburg - ein Unesco-Welterbetraum  ), wenden wir uns heute dem absoluten Gipfel des Harzes zu, dem Brocken. Der höchste Berg im Harz und in Norddeutschland überhaupt, stolze 1141 Meter und ein paar Zerquetschte erhebt er sich über den Meeresspiegel. Mein Blick geht aus dem Fenster, ein wenig Tageslicht ist schon zu erkennen und vereinzelnde Flocken, die mit Regen durchmischt auf dem Pflaster schon wieder zerschmolzen sind. Eigentlich haben wir auf Sonne gehofft, aber man kann ja nicht alles haben.
Mit dem Auto geht es dann nach Wernigerode, von hier startet unser Traditionszug auf den Brocken. Habt ihr gedacht, dass wir wandern wollen? Nein, wir wollen stilecht in historischen Waggons die Fahrt auf den sagenumwobenen Brocken genießen. In der Hoffnung, dass heute nicht einer jener nebelverhangenen und stürmischen Tage ist, wie sie auf dem Brockengipfel so häufig vorkommen. Die Karten müssen wir im Bahnhof abholen, am Schalter der Harzer Schmahlspurbahn hat sich bereits eine lange Schlange gebildet. Viele Familien nutzen die freien Tage nach den Halbjahreszeugnissen für einen Ausflug in den Schnee. Wir zahlen unsere 92 Euro für zwei Personen rauf und runter inklusive Sitzplatzreservierung und haben danach noch reichlich Zeit beim Rangieren der Loks, Inspizieren der Technik und Anhängen der Waggons zuzusehen. Tatsächlich ist das auch für Nicht-Eisenbahnfans total interessant. Um uns herum zischt und qualmt es, während die in schwarz gekleideten Herren auf der Technik herumturnen. Ein wenig wehmütig muss ich an meinen Opa denken, der mich als kleines Kind immer am Bahnhof Wandsbek-Ost abholte, zu einer Zeit, als viele Züge noch von solch qualmenden Stahlrossen gezogen wurden.
Irgendwann geht es dann aber tatsächlich los. Wir sitzen ein wenig beengt im historischen Waggon umgeben von einer Menge Kindern, die mit Mama und Papa und Oma und Opa auch auf den Gipfel hinauffahren wollen, während eine Stimme aus dem Lautsprecher uns den Reiseleiter gibt. Der erklärt nicht nur was links und rechts der Strecke Sehenswertes durch die beschlagenen Fenster zu erahnen ist, sondern gibt uns auch eine Menge Informationen rund um die Geschichte der Harzer Schmahlspurbahnen. Wusstet ihr, dass so eine Lok sieben Stunden angeheizt werden muss, bevor sie einsatzbereit ist? Ich auch nicht...
Entschlossen schnauft und stampft die Lok bergan, zieht weißen Rauch hinter sich her,  während die inzwischen pudergezuckerte Landschaft an unseren etwas trocken gewischten Fenstern vorbeizieht. Wer möchte, kann den Waggon verlassen und von der Plattform einen Blick in die Natur werfen. Allerdings sollte man zuvor die Jacke wieder angezogen haben, denn auch wenn die Brockenbahn nur mit maximal 40 Stundenkilometern unterwegs ist, reicht das um ordentlich durchzufrieren.
Als wir am Bahnhof Drei Annen Hohne halten, das auf einer Höhe von 543 Metern liegt, um Wasser aufzufüllen und einer anderen Bahn auszuweichen, reißt die Wolkendecke auf und die Sonne lugt hervor. Übrigens kann man an den Bahnhöfen auch das ein oder andere Getränk erstehen, wenn man schnell genug ist, aus einem Kiosk heraus werden kalte Getränke, Glühwein und auch Würstchen an die hungrigen Bahnfahrer verkauft.
Unser nächster Wasser- und Rangierhalt ist am Bahnhof Schierke auf 687 Metern und hier präsentiert sich die weiße Pracht in strahlendem Sonnenschein. Wie verzaubert liegt die Schneelandschaft da und wie aus einer anderen Zeit taucht unsere Lok nach dem Rangieren aus dem verschneiten Wald auf. Ist das nicht wunderschön?
Oben auf dem Gipfel hat der Nebel den Brocken aber fest im Griff. Nichts mehr mit Sonne, nur gelegentlich kann man durch die Wolkenfetzen einen Blick ins schneefreie Tal erhaschen.Wir haben zwei Stunden Aufenthalt und hätten darüber hinaus auch noch freien Eintritt ins Brockenhaus, das eine Ausstellung über Flora und Fauna, Wetterlagen, Klimadaten und die Nutzung während der Zeit des kalten Krieges zeigen soll. Wir stapfen aber lieber durch den Schnee, den wir in diesen Massen und Höhen als Hamburger ja eher nicht gewohnt sind.
Gönnen uns eine Erbsensuppe mit gelegentlichem Blick ins Tal und sind irgendwann auch durchgefroren genug, als dass wir uns freuen, dass es wieder hinunter geht. Zwei Stunden bummelt unser Zug wieder talwärts, die Heizung bollert, die Fenster sind beschlagen und wir sind irgendwie müde. Gefallen hat uns dieser Ausflug auf jeden Fall, wir kommen sicher noch einmal wieder und vielleicht erwandern wir den Brocken ja dann... Wer weiß?



Der Nordharz - Quedlinburg - ein Unesco-Welterbetraum

Zeit endlich mal rauszukommen - das erste Wochenende im Februar und wir machen uns auf in den Nordharz. Freitagmorgen geht es los, der Hamburger Himmel verabschiedet uns in freundlichem stahlgrau, knappe 300 Kilometer liegen vor uns bis zu unserer Ferienwohnung in Quedlinburg. Tatsächlich haben wir Glück, kein Stau und auch nicht so viel Verkehr. Als wir Mittags ankommen, lugt eine verschämt wirkende Sonne vorsichtig hinter den Wolken hervor. Wie nett!
Unsere Ferienwohnung liegt direkt am Markt, wir brauchen quasi nur vor die Tür fallen und schon sind wir mittendrin. Quedlinburg mit seinem historisch bebautem Stadtkern ist nicht nur Unesco-Welterbe, sondern auch eine Stadt, die stark von Frauen geprägt wurde. Nicht unbedingt üblich in den vergangenen Jahrhunderten. Mathilde hieß die Dame, die der Stadt ihren Stempel aufgedrückt hat, sie war eine Tochter Ottos des Großen und seiner Frau Kaiserin Adelheid. Ich muss zugeben, ich hatte bisher nie von ihnen gehört, doch im 10. Jahrhundert bestimmte dieses Geschlecht die Geschicke großer Teile Europas. Die gute Mathilde wurde bereits im zarten Alter von 11 Jahren Äbtissin von Quedlinburg und nach ihr lenkten viele Jahrhunderte lang Frauen das Leben in dieser Stadt. Übrigens promovierte hier auch die erste Ärztin lange bevor das in Deutschland möglich war, nämlich bereits im Jahr 1754.
Doch jetzt ist erst einmal genug mit unserem Ausflug in die Geschichte, stattdessen machen wir nun einen Ausflug in die engen von Fachwerkhäusern gesäumten Gassen dieser geschichtsträchtigen Stadt.
Quedlinburg lässt sich wunderbar zu Fuß erlaufen und ist in großen Teilen autofrei. Wir orientieren uns erst einmal Richtung Schloss, das gemeinsam mit der tausendjährigen romanischen Stiftskirche hoch über dem Ort thront. Auf dem Weg verirren wir uns ins ein oder andere Geschäft, aus dem wir mit so interessanten Dingen wie "Bier mit einer Schokoladennote" wieder auftauchen. Übrigens absolut lecker!
Die Sonne scheint inzwischen durch die übrig gebliebenen Wolken und lässt die Farben der Fachwerkhäuser strahlen. Kalt ist es trotzdem noch, aber der Blick vom Schlossberg lässt uns das vergessen. Was für eine Aussicht. Hunderte rote Ziegeldächer, von der Sonne angestrahlt. So schön!
Der Schlossberg selber ist mit seinen Gärten und der besonderen Aussicht wirklich sehenswert. Die romanische Stiftskirche in ihrer Schlichtheit finden wir aber eher enttäuschend, sie hinterlässt bei mir den Eindruck von grauem Beton - was natürlich nicht stimmt - beeindrucken tut uns lediglich der Domschatz und die Krypta, in der sich noch mittelalterliche Malereien erkennen lassen. Das ganze kostet dann auch noch 6 Euro Eintritt pro Person, was ich für Kirchen sowieso immer nicht ganz angemessen finde und für diese schon mal gar nicht. Aber das ist meine ganz persönliche Meinung.
Im Sommer kann man auf der Terrasse der Restauration hier oben sicher wunderbar sitzen, jetzt im Februar scheucht uns der kalte Wind aber wieder vom Schlossberg und wir wärmen uns in einem der zahlreichen Cafés bei einem hervorragendem Kaffee und einem Stück Blechkuchen wieder auf.
Weiter gehts. Wir lassen uns einfach durch die Gassen treiben. Kommen dabei einem Turm immer näher, finden aber den Zugang nicht. Schließlich stellen wir fest, dass er auf einem Hotelgrundstück steht. So wie er aussieht, ist er aber deutlich älter als das Hotel, das gediegen wirkt und dementsprechend Schlosshotel heißt. Wie auch sonst? Ein Schild steht am Zugang zun Turm, Sternkiekerturm ist dort zu lesen.
Tatsächlich handelt es sich um einen mittelalterlichen Wehrturm der alten Stadtbefestigung, der im 18. Jahrhundert noch einmal umgebaut wurde. Zugang erhält man durch ein Drehkreuz, nachdem man ein 1 Eurostück eingeworfen hat. Dann geht es über knarzende, ausgetretene Holzstufen nach oben. Die Aussicht lohnt auf jeden Fall die Anstrengung, wenn nicht immer noch so viele Wolken unterwegs wären, könnte man bestimmt den einen oder anderen Gipfel im Harz erkennen.
Durch die Dämmerung geht es langsam wieder zurück. Ein fahler Mond hängt am Quedlinburger Himmel, sanftes Licht spiegelt sich auf dem Kopfsteinpflaster, während wir durch eine Gasse mit dem etwas seltsam anmutendem Namen Hölle spazieren. Man stelle sich vor, man wird nach seiner Adresse gefragt und muss dann antworten: "ich wohne in der Hölle 4...". Das erzeugt beim Gegenüber sicher nicht nur Fragezeichen im Gesicht.
Warum diese Straße so heißt entzieht sich leider meiner Kenntnis, ich erinnere mich etwas gelesen zu haben, dass ein Zusammenhang zu den rußgeschwärzten Häusern bestanden haben soll. Genauer weiß es sicher der mittelalterlich gewandete Herr, auf den wir einige Gassen weiter treffen und der hier Touristen als Nachtwächter durch die Stadt geleitet. Doch wir haben Hunger, deshalb folgen wir ihm nicht, sondern machen uns auf den Weg, um unseren Magen zu füllen. Das geht übrigens ausgezeichnet im Brauhaus Lüdde, dann gibts gleich noch ein süffiges Bier dazu.
Morgen gehts übrigens mit der Brockenbahn hinauf auf den Gipfel. Vielleicht lesen wir uns?