Kapstadt mal regnerisch...

Das wird nun der letzte Bericht unserer Südafrikareise 2017. Letzte Station Kapstadt. Doch die Frage, die sich mir zuvor stellt: Braucht die Welt noch einen Reisebericht über Kapstadt?
Es gibt bereits so unendlich viele. Und wir haben sicher nichts anderes besucht, als tausende Urlauber vor uns. Und wohl auch nach uns. Muss ich da noch etwas schreiben? Wahrscheinlich eher nicht. Doch meine Berichte wären gefühlt unvollständig, würde ich es jetzt dabei belassen. Ich kann doch nicht eine der schönsten Städte der Welt einfach weglassen.
Doch ich versuche mich kurz zu fassen.
Wir erreichen Kapstadt im Regen. Die Straßen sind nass, in den Pfützen spiegeln sich die tiefhängenden Wolken, es ist tatsächlich unangenehm kühl. Doch der Regen wird gebraucht, denn in Kapstadt und Umgebung herrscht jetzt im September die höchste Warnstufe wegen Wassermangels. Das Bewässern von Gärten, das Autowaschen, das Befüllen der Poolanlagen ist verboten, auch die Toilette soll möglichst nicht jedesmal gespült werden, das Duschwasser aufgefangen und wiederbenutzt werden. Regenwasser wird also sehnlichst erwartet und zumindest während unseres Aufenthalts versucht der Himmel diesen Mangel zu beheben. Gut für Kapstadt. Für Urlauber nicht so, aber da gelten einfach mal andere Prioritäten. Außerdem sind wir solches Wetter aus Hamburg gewohnt und ja nicht aus Zucker. Und wir haben Regenjacken, damit sind wir deutlich besser gestellt, als viele andere hier.
Unser Gästehaus liegt im Stadtteil Oranjezicht am Fuß des Tafelbergs und, hurra, wir haben sogar eine elektrische Heizung in unserem Zimmer. Wer jetzt aber glaubt, damit wäre für eine wohlig warme Raumtemperatur gesorgt, ist leider völlig schief gewickelt, denn die klägliche Wärme dieser unterdimensionierten Heizung wird von den nicht richtig abschließenden Fenstern und Türen mehr als ausgeglichen. Doch außer Regenjacken haben wir auch Fleecepullover dabei, so dass wir nicht völlig unterkühlen werden.
Als wir Abends an der Alfred- und Victoriawaterfront etwas essen gehen, reißt der Himmel auf, die Wolken verziehen sich und die schwindende Sonne taucht alles in ihr goldenes Licht. Geht doch!
Freundlicherweise haben sich die Wolken auch am nächsten Morgen noch nicht wieder versammelt, so dass wir uns spontan entschließen einen Teil dieses Tages für den Tafelberg zu reservieren. Die Idee hatten wir leider nicht allein, deshalb stehen wir eine Weile in der Schlange ohne vorgebuchte Karten für die Table Mountain Cableway, bis wir endlich hinaufschweben dürfen. Übrigens ist mein subjektiver Eindruck, dass man auch mit vorgebuchten Karten nicht viel schneller ist.
Gemeinsam mit uns erreichen übrigens auch die ersten Wolken den eisigen Gipfel des Tafelbergs und machen wegen ihrer Schnelligkeit Fotos mit Aussicht ungleich schwieriger. Aber nicht unmöglich, man muss nur zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle sein. Apropos richtige Stelle. Wo sich die befindet - nämlich nicht hinter der Absperrung - scheint hier oben nicht jedem so wirklich klar zu sein. Wir beobachten irritiert wie eine junge Asiatin mitsamt ihrer Kameraausrüstung über den Zaun steigt, die Kamera auf ihrem Stativ in Position bringt, dann noch ein wenig näher an den Abgrund klettert und sich dort in unterschiedlichste Posen wirft. Doch irgendwie spielen die Wolken nicht mit und vermiesen ihr jedes Foto, so dass sie irgendwann entnervt die Sachen wieder einsammelt  und zurückklettert. Leute gibts...
Das gute Wetter hat sich unten in Kapstadt noch gehalten, also fahren wir ins Bo-Kaap-Viertel, einem Garanten für großartige Fotomotive. Die bunten Häuser, die engen, steilen Straßen versprühen noch den Charme längst vergangener Zeiten, als sich im 17. und 18. Jahrhundert freigelassene Sklaven hier am Fuß des Signal Hills niederließen. Ihre Vorfahren stammten aus Indonesien, Sri Lanka, Indien oder Malaysia und so findet sich in diesem Stadtteil auch heute noch ein Hauch von Orient.
Darüber hinaus finden sich dort auch reichlich Oldtimer, die wie eine zusätzliche Zierde vor den bunten Häusern stehen. Wie bereits gesagt, Fotomotive ohne Ende.
So, das war es jetzt dann aber auch mit Sonne und Farbe, ab jetzt gibt es mehr grau und es wird nass. Der nächste Morgen begrüßt uns mit freundlichem Nieselregen, der sich im Laufe des Tages steigern wird. Was also tun? Wir beschließen, dass Optimismus das Gebot der Stunde ist, machen uns auf den Weg Richtung Kap-Halbinsel und ignorieren die vom Himmel kommende Feuchtigkeit einfach. Was diese nicht davon abhält sich zu einem ausgewachsenem Monsunregen zu steigern, dem allerdings leider die Wärme fehlt. Wir stehen an einer Ampel, während der Himmel über uns seine Schleusen öffnet und beobachten verwundert einen jungen Farbigen, der im strömenden Regen laut singend und mit einem Lächeln im Gesicht blaue Plastiksäcke als Regenkleidung zum Verkauf anbietet. Auch er selbst ist in schönstes Plastikblau gekleidet und hat sicher trotzdem keinen trockenen Faden mehr am Leib. Doch das scheint ihn nicht zu stören, er grinst weiter fröhlich vor sich hin und schmettert seinen Song dem Regen entgegen. Das sind die afrikanischen Momente, die ich liebe. Scheinbar unbeeindruckt das Beste aus den Widrigkeiten zu machen, so etwas ist in Europa eher selten zu erleben.
Die Pinguine am Boulders Beach scheint das Wetter auch eher nicht zu stören, einige rücken zwar etwas zusammen, doch die meisten scheinen das kalte Nass eher zu genießen. Was ich von uns nicht sagen kann, nach einem kurzen Besuch sind wir mit einem bedauerndem Blick für all die Souvenirhändler, die heute sicher nicht das Geschäft ihres Leben machen werden, wieder im Auto. Zumindest kurzfristig im Trockenen, aber nur bis wir am Kap der guten Hoffnung ankommen, wo wir das obligatorische Foto mit dem Schild im Hintergrund aufnehmen wollen. Das hatten wir bei unserem letzten Besuch im Jahr 2011 - übrigens zur gleichen Jahreszeit bei strahlendem Sonnenschein und 22 ° C - vergessen.
Erstaunlicherweise lässt der Regen etwas nach, was der stürmische Wind aber wiederum ausgleicht, so dass wir nicht wirklich wissen, ob die Feuchtigkeit in der Luft nun noch Regen ist oder die Gischt der aufgepeitschten See im Hintergrund. Ist eigentlich auch egal, nass wird man so oder so. Wir bleiben eine Weile im sicheren Fahrzeug sitzen, in der Hoffnung, dass sich das Wetter beruhigt und keine andere Fahrzeugtür die Bekanntschaft mit unserem Fiesta sucht. Der Wind ist echt heftig, die Reisegruppen um uns herum aber vorsichtig beim Öffnen der Fahrzeugtüren. Nur das Wetter hat kein Einsehen...
Also fahren wir noch ein wenig im Regen durch den Nationalpark, bevor wir uns auf den Weg zurück Richtung Kapstadt machen. Übrigens nicht wie geplant über den Chapmans Peak Drive - denn der ist geschlossen. Hätte man bei diesem Wetter wahrscheinlich eh nichts sehen können.
Wir beschließen diesen veregneten Tag in einem portugiesischen Restaurant in der Kloofstreet -   Toni´s on Kloof - vorm Kaminfeuer bei leckeren Espetadas, einer genialen Peri-Peri Sauce und einem guten Rotwein. Da kann einem das Wetter wirklich völlig egal sein.
Auch der nächste Tag - unser letzter vor der Abreise - bescherrt uns kein besseres Wetter, ist aber dadurch ideal zum bummeln und um die kleinen Mitbringsel zu besorgen. Wir verbringen viel Zeit in dem Foodmarket on the wharf an der Waterfront, probieren uns durch die Leckereien, kaufen Biltong für die Daheim gebliebenen und werfen nicht nur einen kurzen Blick in die Miniläden an der Longstreet.
Am Nachmittag dann verziehen sich die Wolken und die Sonne stattet Kapstadt einen freundlichen Besuch ab. Wie nett!
Wir versuchen mal den Tableview vom Bloubergstrand, nur der Tafelberg ziert sich und präsentiert sich wie eine spröde Schönheit verhüllt, gönnt uns keinen Blick. Doch die auf den Dünen wachsenden Blumen machen das auf jeden Fall wieder wett.
Auch der Strand in Camps Bay zeigt uns für einen Moment seine sonnige Seite, bevor die Sonne kurze Zeit später erneut hinter Nebelschwaden verschwindet.
Erst an unserem Abreisetag erleben wir Kapstadt von seiner schönsten Seite. Der Himmel ist strahlend blau, der Tafelberg fast wolkenlos, die Sonne scheint über der wohl schönsten Stadt der Welt. Schade, dass wir sie heute verlassen müssen. Aber wir kommen ja wieder. Nächstes Jahr. Bis dahin: Tschüss Capetown.




Route 62, Hermanus und Stellenbosch - oder auch ein Sexshop, fehlende Wale, Laufenten und Weingenuss

Zeit Oudtshoorn ( Oudtshoorn - wo man auf Höhlen, Erdmännchen und Union Berlin trifft ) zu verlassen. Tasächlich ist nicht mehr so viel Strecke nach, wir haben noch je einen Stop in Hermanus und Stellenbosch vor uns, bevor wir unser letztes Ziel Kapstadt erreichen.
Der Morgen ist kalt, aber klar. Wir sind als erstes im Frühstücksraum des de Zeekoe, die sind noch gar nicht vorbereitet. Dann geht es aber ganz schnell und so schaffen wir es tatsächlich schon früh auf der Straße zu sein.
Wir fahren die Route 62, die kleine Schwester der Gardenroute, eine einsame Strecke, die durch verschlafene Dörfer und eine grandiose Landschaft führt. Verlassen diese dann kurz hinter Barrydale, um wieder an die Küste zu kommen. Allerdings nicht ohne vorher Ronnies Sex Shop einen Besuch abzustatten.
Ronnies Sex Shop? Man könnte auf seltsame Gedanken kommen. Tatsächlich aber ist es ganz harmlos. Hier - in the middle of nowhere - hat Ronnie vor etlichen Jahren einen Coffeeshop eröffnet und beklagte sich darüber, dass kaum ein Tourist den Weg zu ihm fand. Freunde ergänzten dann das Wort Sex in einer Nacht- und Nebelaktion an seinem Shop und damit war das Problem behoben. Inzwischen ist das ganze eine Institution an der Route 62, kaum ein Reisender, der hier nicht für eine Pause hält, auch Prominente wie z. Bsp. Götz George haben sich bereits hierher verirrt. Was lernen wir dadurch? Sex sells...
Da wir bereits am frühen Vormittag die Stufen zur Veranda hinaufsteigen, ist es hier noch ziemlich leer. Ronnie sitzt mit Kaffeebecher an einem der Tische, ansonsten ist niemand zu sehen. Wir kriegen eine Cola und ein wenig smalltalk, bewundern die über der Bar hängenden BH´s, lesen uns durch die vielfältigen Aufkleber und Papierhinterlassenschaften, die hier Wände, Türen, Glasflächen und einfach alles zieren und freuen uns über die Vereinigung von Eisern Union und St. Pauli auf einer winzigen Glasscheibe. Was es nicht alles gibt!
Als sich die leeren Stühle auf der Veranda langsam füllen, machen wir uns wieder auf den Weg. Dieser Platz bietet die Möglichkeit einer ziemlich kurzweiligen Pause, ich kann nur jedem raten hier einzukehren.
Wir nähern uns wieder der Küste und links und rechts der Straße tauchen unvermittelt blühende Rapsfelder auf. Ich fühle mich ein wenig, als wäre ich in Schleswig-Hostein unterwegs, auch die Windstärke stimmt, es pustet ordentlich. Allerdings ragen die Hügel in der Ferne zuweit hinein in den blauen Himmel, das ist nicht so wirklich norddeutsch.
Hermanus haben wir mit in die Reiseroute aufgenommen in der Hoffnung dort noch einmal Wale sehen zu können. Bei unserem letzten Besuch hatten wir dazu nicht so wirklich Zeit, da uns deren Anblick so ablenkte, dass wir beim Einparken nur Augen für diese großartigen Geschöpfe hatten und das entgegenkommende Fahrzeug einfach übersahen. Statt Wale hatten wir dann einige Stunden auf einer südafrikanischen Polizeistation, was durchaus auch interessant war, aber wenig vergleichbar.
Diesmal haben wir Glück, insofern, als dass kein Wal zu sehen ist. Keine Möglichkeit für Unfälle also, wobei wir nun auch nur zu Fuß unterwegs sind. Auf dem Cliffpath, der idyllisch über die Klippen am Ufer entlangführt. Wir starren gebannt auf die schäumende Gischt der Brandung, aber es hilft nichts, die Wale glänzen heute durch Abwesenheit. Auch der Whale Crier, der hier jeden gesichteten Wal sozusagen mit seinem Horn markiert, ist nirgendwo zu sehen. Schade eigentlich! Gut, dass wir die Wale bereits in St. Lucia gesichtet haben...St. Lucia - Wale und Wunder
Dafür laufen uns jede Menge der possierlichen Klippschiefer über den Weg, die zwar größenmäßig nicht mit den Walen mithalten können, aber durchaus auch eine Augenweide sind.
Spaziergänge machen ja bekanntlich hungrig und wir sind froh, als wir sozusagen fast über ein beschauliches Restaurant direkt am Wasser stolpern. Bientangs Cave ist vielleicht nicht wirklich eine Höhle, eher ein Felsüberhang, aber das Essen und der Wein sind gut und das Panorama unbezahlbar.
Nach einer ruhigen Nacht im Guesthouse geht es am nächsten Tag weiter Richtung Stellenbosch. Im Weingebiet waren wir bei unserem letzten Besuch nur für eine kurze Stunde auf dem Weingut Groot Constantia, ich erinnere mich an die wunderschönen Gebäude, eine Atmosphäre von Gediegenheit und mein Unverständniss, dass dieser Reichtum an die ausufernde Armut der Townships grenzen kann ohne dass sich alle gegenseitig umbringen.
Diesmal liegt ein anderes Weingut auf unserem Weg, das wir uns ansehen wollen. Vergenoegd Wine Estate heißt es und wenn ich ehrlich bin, kommen wir weniger des Weines wegen, sondern eigentlich wegen der Laufenten. Laufenten? Ja, die werden hier eingesetzt zur Schädlingsbekämpfung und sind dabei irgendwie zur Touristenattraktion mutiert. Wir hatten selber einmal Laufenten für unseren Garten - drei Stück an der Zahl - die sich in einer Art selbstmörderischem Drang aber nach und nach dezimierten, bis wir die letzte Überlebende an eine Freundin mit Bauernhof übergaben, die sich rührend um all ihr Getier kümmert. Hier auf dem Weingut haben sie über siebenhundert dieser lustigen Geschöpfe und dreimal täglich paradieren sie quakend um das Haupthaus.
Als wir ankommen ist allerdings kein Federvieh in Sicht. Die morgendliche Parade ist bereits Geschichte und bis zum Mittag noch reichlich Zeit. Was also liegt näher, als sich mit den Köstlichkeiten dieses Weingutes unter einem Sonnenschirm niederzulassen und es sich dabei richtig gutgehen zu lassen? Wir verbringen eine angenehme Stunde bei Rotwein, Käse, Schinken, Nüssen und selbstgebackenem Brot. Beäugt von einer etwas aufgringlichen Gans, die gerne an unserem Mahl teilhaben möchte.
Und dann kommen sie schließlich, laut quakend und eiligen Schrittes mit ihren langen Hälsen umrunden sie hektisch das Haupthaus. Wahrscheinlich überlegen sie jedes Mal aufs neue was das denn soll. Keine Schnecken auf dem Weg, einfach nur laufen, welchen Sinn soll das haben? Doch die Touristen packen zufrieden ihre Kameras weg, trinken noch ein Weinchen, kaufen ein paar Souvenirs und machen sich dann auf den Weg. Wir auch. Richtung Stellenbosch.
Stellenbosch ist die zweitälteste Stadt Südafrikas und außerdem Universitätsstadt. Weinherstellung ist hier natürlich ein Studienfach, Önologie heißt es, ein Wort, dass ich vorher noch nie gehört habe. Besonders symphatisch an dieser Stadt finde ich, dass der gute Professor Abraham Isak Perold hier die Pinotage Rebe gezüchtet hat. Damit ist er der Schöpfer meiner absoluten Lieblingsrebe, die übrigens auch nur hier in Südafrika wächst.
Unser Gästehaus ist alt und sehr viktorianisch, mit Himmelbett, knarrenden Dielen und Ahnengalerien an der Wand. Es gibt auch ein Pool, das hier im Winter wohl noch niemand benutzt hat, denn als wir uns zu Wasser lassen bekommen wir Applaus von einem Gentleman, der bis dahin hinter seiner Zeitung versteckt war. Es ist aber auch ziemlich kalt, das Wasser!
Ansonsten eignet sich Stellenbosch hervorragend zum Bummeln, bietet reichlich Auswahl an Geschäften, Restaurants und alter Bausubstanz und in den warmen Monaten beschatten uralte Eichen die Gehwege und man kann im botanischen Garten der Universität vor der Hitze Zuflucht suchen.
Morgen geht es weiter in die Stadt der Städte - nach Kapstadt - wir lesen uns....