Hoffnung


Heute morgen in der Schule saß ein junges Mädchen auf ein Fensterbrett gekauert, Beine angezogen, Kopf auf den Knien und weinte laut und herzzereißend. Ihr Schmerz schien absolut, mit nichts vergleichbar und durch nichts zu lindern. Ihr zur Seite standen zwei Jungen, ein wenig hilflos wirkend, stumm, aber standhaft und rührten sich trotz Ermahnung eines Lehrers nicht von der Stelle. Ich ging vorbei, wohl wissend, dass ich nichts dazu tun könne, ihr zu helfen. Noch oben im Flur hörte ich ihre lauten Schluchzer.
Manche Tage beginnen elendig und behalten diesen Makel. Heute morgen im Auto begrüßte mich Bob Marley mit seinem Redemption song. Ein Lied, das ich mag. Doch heute treibt es mir die Tränen in die Augen. Erinnert mich an all die Ungerechtigkeit, all das Elend auf dieser Welt.  An Kinder, die keine Freiheit, ja nicht mal Frieden kennen. Die aufwachsen in einer Welt, die ihnen nichts gibt außer Hunger und Elend, die nichts anderes für sie sein kann als bedrohlich. Redemption Song. Bleibt mir im Ohr, den ganzen Tag.
Als ich später die Treppe in der Schule wieder herunterkomme sitzt das Mädchen immer noch auf der Fensterbank, allerdings der Welt wieder zugewandt, einer der Jungen auf der rechten Seite, einer auf der linken Seite. Redet. Glücklicherweise wohl doch Probleme, die sich lösen lassen. Wäre doch alles so einfach zu lösen...
Auf dem Rückweg dann noch einmal der Redemption song. Doch diesmal verbreitet er Hoffnung. Und das soll er auch. Denn die Hoffnung stirbt zuletzt.

Oudtshoorn - Wo man auf Höhlen, Erdmännchen und Union Berlin trifft

Der Prince Alfred Pass hat uns über die Outeniqua Mountains gebracht, die R 341 bringt uns nach Oudtshoorn, führt uns durch kleine Ortschaften und an Bergen vorbei auf deren Gipfeln doch tatsächlich der Schnee glitzert. Winter in Südafrika.
Die kleine Karoo ist sehr ländlich und dünn besiedelt. Obwohl es sich hier um eine Halbwüste handelt, wirkt die Landschaft nicht nur karg und steinig, sondern ist bewachsen und teilweise durchaus grün zu nennen. Landschaftlich erinnert mich die Umgebung an die Weite Amerikas, also zumindest stelle ich sie mir so vor, denn bisher war ich noch nicht dort. Manchmal blühen am Wegesrand sogar gelbe oder orange Blümchen.
Unsere Gästefarm mit dem interessanten Namen de Zeekoe liegt etwas außerhalb von Oudtshoorn, ist etwas größer und über deutsche Reiseanbieter buchbar. Was man auch gleich merkt, hier sind eine ganze Menge Reisegruppen unterwegs und auch eine ganze Menge Deutsche. Wir haben uns für diese Unterkunft entschieden, da von hier die meerkat-tours starten sollen. Meerkat hat übrigens weder was mit Meer noch mit Katzen zu tun. Das ist hier einfach nur das Wort für Erdmännchen und auf die freuen wir uns natürlich ganz besonders.
Glücklicherweise sind wir nicht direkt im Hauptgebäude der Farm untergebracht, sondern haben ein "rustic cabin" gebucht und das gefällt uns wirklich ziemlich gut. Es liegt an einem kleinen See, zwei Kilometer vom Haupthaus entfernt, hat eine schöne Terrasse mit Blick aufs Wasser und ist auch für Selbstversorger gut geeignet. Es gibt sogar einen Kamin.
Allerdings bedeutet das auch, dass man zum Frühstück oder Dinner entweder zwei Kilometer hin und wieder zurück läuft oder sich ins Auto setzt. Nachdem wir den Nachmittag bereits für einen ausgedehnten Spaziergang um den See genutzt haben, der uns mit reichlich Vögeln überrascht hat, entscheiden wir uns für die faule Alternative. Wir nehmen den Wagen.
Wir sind in der Straußengegend - Oudtshoorn hat in Bezug auf Strauße eine lange Tradition. Anfang des letzten Jahrhunderts fanden die Federn ihren Weg auf die Hüte europäischer Damen und deren Gelder den Weg in die Geldbörsen der Straußenfarmbesitzer.  Heute ist das mit den Hüten vorbei, auch Staubwedel sind nicht mehr so gefragt und so werden die Strauße mehr oder weniger für die Touristen gehalten und natürlich wegen des Fleisches. Das übrigens ausgezeichnet schmeckt, wie wir am Abend feststellen. Was uns nicht ganz so gut gefällt, ist die Traumschiffmusik, die während unseres gesamten Aufenthalts im Restaurant im Hintergrund läuft. Aber das ist ja bekanntlich Geschmackssache.
Zurück in unserer Hütte begrüßt uns ein Feuer im Kamin, der Heater ist an und die Heizdecke im Bett eingeschaltet. Ääh, was für Temperaturen werden hier heute Nacht erwartet?
Die Nacht ist kalt, die Temperaturen liegen nahe am Gefrierpunkt. Dabei hatten wir tagsüber tatsächlich fast zwanzig Grad. Unsere Hütte ist leider nicht so gut abgedichtet und hat am Morgen gefühlte Gefrierschranktemperatur. Aus dem See steigt Nebel, das Wasser ist wohl deutlich wärmer als die Luft. Aber die Sonne geht zuverlässig über den Bergen auf, der Himmel ist blau und keine Wolke an demselben. Was will man mehr?
Nach dem Frühstück, übrigens dank Feuer im Ofen in einem kuscheligen Frühstücksraum, machen wir uns auf den Weg Richtung Cango Caves. Dabei handelt es sich um ein Höhlensystem in den Swartbergen und laut Reiseführer soll es sich um eines der schönsten der Welt handeln.
Vorher statten wir allerdings der Farmschule noch einen Besuch ab. Wenn ich alles richtig verstanden habe, handelt es sich hierbei um eine Initiative der umliegenden Farmen, die diese Schule erst ermöglicht haben, nämlich das Zeekoegat School Project. Wir werden durch die Schule geführt, erhalten eine Menge Informationen, bekommen viele gesangliche Einlagen zu hören und freuen uns über strahlende Kinderaugen und unbedarfte Tanzeinlagen. Die Kinder erhalten hier zwei Mahlzeiten am Tag, tatsächlich soll es für einige das einzige Essen sein, was sie am Tag zu sich nehmen. Viele von ihnen müssen jeden Tag etliche Kilometer zu Fuß zurücklegen, um die Schule zu erreichen und in der kleinen Karoo sind die Sommer heiß und die Winter durchaus kalt. Uns wird wieder einmal vor Augen geführt wie priviligiert wir leben. Wie wenig wir das häufig zu schätzen wissen. Insgesamt schon eine besondere Erfahrung.
Die Cango Caves sind eine der Hauptattraktionen der kleinen Karoo und dementsprechend voll ist es hier auch. Wobei man jetzt im Winter auch ohne Vorbuchung an einer Führung teilnehmen kann, in der Hauptsaison empfiehlt es sich wohl übers Internet vorzubuchen. Es gibt zwei unterschiedliche Touren, eine Standart- und eine Abenteuertour. Bei der Abenteuertour soll es durch enge Spalten gehen und als bekennendes Weichei ist das eher nichts für mich. Für die Standarttour zahlen wir 110 Rand ( zirka 7 Euro) und los gehts. Da wir so viele sind, wird unsere Gruppe noch einmal geteilt und Mathilda führt uns in deutscher Sprache durch die Säle. Die sind wirklich beeindruckend, kommen meiner Meinung nach aber nicht an die slowenischen Karsthöhlen heran. Eine Gänsehaut bekomme ich aber, als Mathilda im Dunkel der Höhle die südafrikanische Nationalhymne anstimmt und ihr Nkosi sikelel’ iAfrika den Raum füllt und ein Mitglied unserer Gruppe danach die Akkustik des großen Saals mit einer Arie von Händel testet und ihr Lascia ch'io pianga der im Dunkel liegenden Höhlendecke entgegenschwebt. Fantastisch und mit Worten nicht zu beschreiben.
Der Rückweg von den Höhlen führt uns wiederum durch Oudtshoorn. Wir benötigen noch Bargeld für die Meerkat-Tour am nächsten Morgen. Juhu, wir haben erneut den Freitag erwischt, was bedeutet, lange Schlangen an den Geldautomaten. Als wir endlich dran sind, freuen wir uns über den großen Stapel Zwanziger, den wir erhalten und der kaum ins Portemonaie passt.
Den Nachmittag vertrödeln wir auf unserer Veranda mit Blick auf den See, nachdem wir unsere Sockenwäsche erledigt haben. Von denen sind für vier Wochen Urlaub einfach nicht genug vorhanden. Zum Abschluss des Tages dinieren wir standesgemäß im The Colony im Queenshotel in Oudtshoorn, schließlich haben wir Hochzeitstag und vor uns hat bereits 1947 die englische Königsfamilie hier gegessen. Seit der Kolonialzeit scheint sich hier auch nicht viel verändert zu haben, auf dem Balkon sitzt ein Pärchen, sie mit Hut und wehendem Schal in einem weißen Mantel, er im Anzug mit Krawatte - was für ein Bild! Doch das Essen ist gut und das leicht angestaubte Ambiente passt hervorragend in dieses Hotel.
Am nächsten Morgen: endlich die Meerkat-Tour. Frühes Aufstehen ist angesagt.Treffpunkt ist um 6:45 Uhr, nicht etwa auf der Farm , wie wir vermutet haben, sondern an einer Kreuzung einige Kilometer entfernt. Man muss also nicht unbedingt im de Zeekoe übernachten, der einzige Vorteil ist, dass es etwas günstiger wird, wenn man in bar bezahlt (500 statt 600 Rand pro Person, z.Zt. also zirka 6 Euro Unterschied).
Hier empfängt uns Devey, so eine Art südafrikanischer Crocodile Dundee, zumindest vom Äußeren her, mit der typischen Kopfbedeckung und wettergegerbtem Gesicht. Vom Treffpunkt aus geht es dann im Konvoi mit den eigenen Fahrzeugen noch ein paar Kilometer weiter, die Autos werden abgestellt, Kaffee oder Tee ausgeschenkt und dazu die typisch südafrikanischen Trockenbiscuits gereicht. Danach kann, wer möchte, auch noch die Bushtoilette nutzen, bei der es sich zumindest für die Frauen auch um eine Art tatsächliche Toilette handelt. Schließlich greift sich jeder einen Campingstuhl und eine Decke und wir wandern gemeinsam los.
Bis zum Bau der Erdmännchen, dort werden die Campingstühle aufgeklappt, wir wickeln uns gegen die Morgenkälte in die Decken und warten. Ja, was soll ich sagen, schon kurze Zeit später stehen sind sie draußen, strecken ihre Körper den wärmenden Sonnenstrahlen entgegen und scheinen uns Menschen überhaupt nicht wahrzunehmen. Durch jahrelange Gewöhnung gehört unsere Spezies für die Erdmännchen zur Landschaft, wir sind nicht gefährlich, auch Unterhaltungen sind kein Problem. Nur Aufstehen sollen wir möglichst nicht und auch keine hektischen Bewegungen machen.
Wir sitzen und staunen. Staunen noch mehr, als die 4 Babys aus dem Bau krabbeln und unter Aufsicht im Eingangsbereich herumtollen können, während sich die anderen Tiere auf Jagd begeben. Was für ein Erlebnis! Diese etwas andere Safari kann ich auf jedem Fall uneingeschränkt empfehlen, es ist einfach nur großartig!
Voll geflasht machen wir uns auf den Rückweg, frühstücken erst einmal ordentlich, natürlich untermalt von Traumschiffmusik und überlegen danach, was wir mit dem Rest des Tages noch anfangen können. Straußenfarmen sind ja auch ein Besuchermagnet in dieser Gegend... Aber wir haben keine Lust auf die kommerziellen Farmen, die Straußenrennen veranstalten und Menschen auf den Vögeln reiten lassen. Das geht gar nicht! So suchen wir eine Weile im Netz und stoßen dabei auf das Straußennest. Eine Gästefarm von deutschen Auswanderern. Gleich vorweg, da ist es nicht vorgesehen, dass man als Besucher einfach so vorbeikommt, diese Straußenfarm ist ausschließlich für Gäste der Farm gedacht. Aber das wissen wir nicht und so machen wir uns auf den Weg. Unser Fiesta rollt über die staubige Strecke, bis wir nach einiger Zeit in der Einsamkeit ankommen, neugierig beäugt von den Straußen in ihren Gehegen und schwanzwedelnd begrüßt von zwei Golden Retrievern, die sich über den unerwarteten Besuch zu freuen scheinen. Schnell wird klar, dass wir nicht mal eben bei den Straußen hineinschauen können, trotzdem nimmt sich Carmen die Zeit uns die Gästebereiche und das Rondavel zu zeigen. Hier kann man sicher super und total individuell betreut übernachten ( Straussennest ). 
Schließlich gibt sie uns den Tipp noch einmal bei ihrem Mann auf dem Fußballplatz vorbeizuschauen. Fußballplatz?
Kurze Zeit später durchfahren wir ein Tor mit der Aufschrift Eisern Union und trauen unseren Augen kaum. Ein Rasenplatz. Hier in der steinigen Karoo. Mit Tribüne. Und Flutlichtanlage. Ein Volleyballfeld im Hintergrund. Wie ist das möglich?
Ganz einfach. Mit viel Engagement. Und mit Unterstützung deutscher Fanclubs, allen voran die des 1. FC Union Berlin. Wir verbringen hier einen kurzweiligen Nachmittag auf der Alten Försterei 2, während auf dem Platz ein Freundschaftsspiel stattfindet. Kommen aus dem Staunen nicht heraus, was Dario Urbanski hier ermöglicht hat. Erhalten ganz viele Informationen, während auf dem Platz die jugendlichen Spieler für reichlich Tore sorgen. Wer mehr wissen möchte, findet auf der Webseite ( 1.FC Union-Lategansvlei  ) jede Menge Infos. Wir sind selten so beeindruckt gewesen. Hier kann man es wirklich sehen: Fußball verbindet. Nicht nur Länder, auch Menschen. Wenn sich jemand darum kümmert. Auch und gerade als Hamburger und eher dem FC. St. Pauli zugetan müssen wir vor dieser Leistung den Hut ziehen. Einfach großartig!
Morgen werden wir Oudtshoorn auf der Route 62 wieder verlassen. Schon jetzt kann ich sagen, dass es auf unserer "Gardenroute" eines der Highlights war. Hier werden wir sicher noch einmal vorbeischauen.






Knysna und der Prince Alfred Pass

Wir verlassen den Tsitsikamma Nationalpark gegen Mittag und machen uns auf den Weg Richtung Knysna. Dort befindet sich unsere nächste Unterkunft, das Paradise Found Guesthouse 
Auf dem Weg dorthin liegt die Bloukrans Bridge und wir entscheiden uns spontan dort abzufahren und einen Blick auf die Bungeejumper zu werfen. Auf 216 Metern Höhe überquert man hier den Bloukran River und bereits 1997 eröffnete unterhalb der Fahrbahn eine Bungee-jumping Anlage. Sie gilt bis heute als die höchste kommerziel betriebene Bungee-jumping-Brücke der Welt.
Wir stellen unser Auto auf dem Parkplatz ab und machen uns am Besucherzentrum vorbei auf den Weg zur Aussichtsterrasse. Hier gibt es über Toiletten, Restaurants, Geschäften und Souvenirständen eigentlich alles was man als Reisender so braucht. Oder auch nicht braucht.  Das ganze eignet sich auf jeden Fall auch für Leute, die hier nicht todesmutig in die Tiefe springen wollen, als Pausenstop, man hat gleich noch reichlich Unterhaltung dazu.
So ein Sprung kostet aktuell (August 2017) 950 Rand, das sind umgerechnet zirka 60 Euro. Mir konnte man auch das Hundertfache dafür geben, ich würde nicht dort hinabspringen wollen, das ist für mich absolut unvorstellbar. Doch tatsächlich springen, während wir auf der Aussichtsterrasse unseren Kaffee trinken, diverse Menschen dort hinunter. In der Hauptsaison empfiehlt es sich wohl das ganze vorzubuchen faceadrenalin , es sollen sich sehr lange Warteschlangen bilden.
Noch bevor wir Knysna erreichen, können wir die Zeichen der Zerstörung durch die verherrenden Waldbrände im Juni dieses Jahres sehen. Selten, dass ein südafrikanisches Ereignis Eingang in die deutschen Nachrichten findet, doch über diesen Brand wurde auch im deutschen Fernsehen berichtet. Überall an den Hängen stehen verkohlte Baumstämme, die dunklen, kahlen Zweige zeigen anklagend in den von Wolken verhangenen Himmel. Das Buschwerk, soweit noch vorhanden, steht rostrot auf verkohlter Erde, ausgebrannte Häuser lassen uns die Verzweiflung ihrer Besitzer erahnen. Was muss das für ein Inferno gewesen sein. Trotzdem scheinen sich die Menschen hier nicht unterkriegen zu lassen, denn wir sehen auch reichlich Aufräumtrupps, die unbeirrt versuchen die Schäden zu beseitigen.
Auf der Suche nach unserem Guesthouse kommen wir an vielen ausgebrannten Ruinen vorbei, deren Schornsteine wie Mahnmale in den Himmel ragen. Es ist für alle sicher nicht nachzuvollziehen, warum das eine Haus abgebrannt ist, während das direkt daneben immer noch unversehrt dasteht. Die Verzweiflung des Menschen mussfurchtbar gewesen sein.
Unser Guesthouse hat unwahrscheinliches Glück gehabt, die Flammen stoppten im Vorgarten nur wenige Meter vom Haus entfernt. Von unserem Zimmer haben wir eine großartige Aussicht auf die Lagune, nur leider ist uns das Wetter nicht wohlgesonnen. Es ist ziemlich kalt geworden und als wir Abends an der kleinen Waterfront Essen gehen, beginnt es zu regnen. Die Waterfront gefällt uns sehr, viele kleine Geschäfte und Restaurants laden zum bummeln und Verweilen ein.
Das Restaurant Bazala hat uns die Managerin des Guesthouse empfohlen und wegen des Wetters sitzen wir schon ziemlich früh dort. Hier gibt es so ausgefallene Speisen wie Krokodilstreifen und Kudusteak, die nicht nur ausgesprochen lecker waren, sondern auch noch fantasievoll angerichtet. Für uns sehr besonders ist auch, dass hier kein Alkohol ausgeschenkt wird, man aber durchaus seinen Wein mitbringen kann, der dann am Tisch entkorkt wird und von der Servicekraft gekonnt in die bereitgestellten Weingläser eingeschenkt wird.
Auch der nächste Morgen begrüßt uns kalt und grau, die Wolken hängen regenschwer über der Lagune. Egal! Nach dem Frühstück schlüpfen wir in unsere Regenjacken und fahren zu den Eastheads. Die Bucht wird nämlich von zwei direkt aus dem Meer ragenden Bergen, den Knysna Heads, eingerahmt. Diese Hafeneinfahrt galt lange Zeit als sehr gefährlich, vielleicht ist sie das auch immer noch.
Die Aussicht ist grandios, das Wetter leider weniger, es beginnt zu regnen und so sitzen wir kurze Zeit später bereits in einem Café am Fuße des Eastheads und trinken einen Chai Latte. Wunderbarerweise brennt hier ein Feuer im Kamin, so dass es richtig muckelig ist. Was macht man bei schlechtem Wetter? Man bummelt durch die Stadt, kauft das ein oder andere und kurze Zeit später ist auch die Sonne wieder da. So nutzen wir den Nachmittag für einen ausgedehnten Strandspaziergang in Brenton-on-Sea.
Ein wirklich schöner Strand mit interessanten Schildern, die in mir den Gedanken aufkeimen lassen, dass deutsche Urlauber wohl zu den Beratungsresistenten gehören und immer eine Extraerklärung benötigen.
Am nächsten Morgen müssen wir Knysna schon wieder verlassen, wir wollen in die kleine Karoo Richtung Oudtshoorn. Unsere Idee ist es über den Prince Alfred Pass zu fahren, wir sind uns aber nicht sicher, ob das zur Zeit auch mit einem einfachen Kleinwagen möglich ist. Nach starken Regenfällen und bei schlechtem Wetter wird auf jeden Fall davon abgeraten. Heute morgen ist auch der Besitzer des Guesthouses anwesend, der sich sicher ist, dass der Pass auch mit unserem Fiesta befahrbar ist. Er erklärt uns noch eine Route, bei der wir nicht durch die Townships fahren müssen und kurze Zeit später sind wir bereits auf der Straße. Wir entscheiden uns für das Abenteuer.
Der Prince Alfred Pass ist benannt nach dem Sohn von Queen Victoria, er wurde zwischen 1864 und 1867 erbaut, führt auf 1038 Meter Höhe und ist immer noch eine Gravelroad. Also 70 Kilometer Gravelroad. Und das ist gar nicht mal so wenig. Aber die Strecke führt uns durch wunderschöne Landschaft, bietet gigantische Ausblicke und auf der gesamten Gebirgsstrecke begegnet uns nicht ein einziges Auto. Es ist einfach fantastisch und wir sind froh, dass wir uns so entschieden haben. Wir fahren entlang steiler Abhänge, überqueren plätschernde Gebirgsbäche, trinken einen Kaffee, während wir in die Weite gucken und die ganze Zeit spannt sich über uns der blaue Himmel und die Sonne erwärmt die kühle Luft. Was will man mehr?
In Uniondale hat uns die Teerstraße wieder, wir tanken und weiter gehts. Oudtshoorn, wir kommen!


Der Tsitsikamma Nationalpark - Methusalembäume, Hängebrücken, räuberische Möwen und geheime Bootstouren

Wir verlassen den Addo Park bereits am frühen Morgen, nachdem wir ein letztes Mal im Cattlebaron gefrühstückt haben. Unser Ziel für heute: der Tsitsikamma Nationalpark, nur etwas über 200 Kilometer entfernt Richtung Westen. Bereits um kurz nach acht sind wir auf der Straße, außer uns sind bis zur N2 nur wenig Autos unterwegs. Es ist kalt, Nebel steigt aus den Senken, doch die Sonne setzt sich nach kurzer Zeit durch.
Die N2 ist gut ausgebaut, wir kommen schnell voran, während die Landschaft um uns herum unmerklich irgendwie "europäischer" wird. Unsere erste Pause machen wir an der 120 Meter hohen und 188 Meter langen Storm River Bridge. Hier halten Busladungen voller Touristen und reichlich Autos, um von der Raststätte aus einen Blick auf den Brückenbogen und den Canyon zu werfen. Es gibt hier sogar eine Touristeninformation. Wir schließen uns der Massenbewegung an, überqueren die Brücke, laufen unter ihr hindurch und blicken von der Aussichtsplattform in die Tiefe. Nunja, was soll ich sagen, so wirklich kann ich dieser Brücke nichts abgewinnen. Wir trinken noch in aller Ruhe einen Kaffee, nachdem wir uns umgezogen haben. T-shirtwetter! Es ist tatsächlich ziemlich warm geworden. Hurra!
Um ein vielfaches schöner und auch imposanter finden wir ja den Big Tree, einen 800 Jahre alten Yellowwoodbaum, der nur unweit der vielbesuchten Brücke steht und den man nach fünfhundert Metern Fußmarsch durch eine Art Regenwald erreichen kann. Grandios ragt er über uns auf und keines unserer Fotos kann das auch nur annähernd wiedergeben, obwohl wir wirklich jede erdenkliche Perspektive ausprobieren. Ihr müsst ihn also selber besuchen, um eine Vorstellung von seiner Erhabenheit zu bekommen. Der Big Tree steht übrigens recht einsam dort im Wald, wir sind ganz alleine da. Seltsame Welt! Die Bauten von Menschen werden von Massen überrannt, während die Wunderwerke der Natur keine Besucher haben. Gut für uns.
Den Tsitsikamma Park erreichen wir gegen Mittag. Da wir unsere Unterkunft noch nicht beziehen können, parken wir unser Auto auf einem der raren Parkplätze am improvisiert wirkenden Restaurant, das sich in einer Art Zelt befindet, und machen uns auf den Weg zu dem Highlight des Parks, der Suspension bridge, die sich über der Mündung des Storm River spannt. Der Weg dorthin führt einen Kilometer treppauf und treppab auf Holzstegen an der steilen Küste entlang und bietet immer wieder grandiose Ausblicke.
Mit normaler Kondition laüft man den Weg bis zur Brücke in etwa 30 Minuten, für gehbehinderte Menschen ist der Weg wegen der vielen Treppenstufen eher nichts. Ich hatte zuvor gelesen, dass es an der Brücke immer sehr voll sein soll. Das kann ich so nicht bestätigen, außer uns sind nur einige wenige andere Leute dort, die alle aufeinander Rücksicht nehmen, so dass jeder das obligatorische Foto auf der Brücke schießen kann. Allerdings gehört der August auch eher nicht zur Hochsaison und wir haben vielleicht einfach Glück.
Wir verbringen den Abend auf dem großen Balkon unserer Oceanette. So heißt unsere Unterkunft, eine kleine Wohnung in einer an den Hang gebauten Anlage, die einen wunderbaren Blick auf den indischen Ozean gewährt. Da das Zeltrestaurant aus irgendwelchen nicht nachvollziehbaren Gründen bereits um 18 Uhr schließt, kaufen wir kurzentschlossen ein paar Lebensmittel ein, kochen uns was nettes zusammen und essen das ganze auf unserem Balkon, während die Sonne über dem Wasser untergeht und die Brandung an die Felsen rollt. Mal ehrlich, wer braucht schon ein Restaurant?
Am nächsten Morgen haben sich zwei Möwen zu unserem Frühstück eingeladen. Sie sitzen auf dem Geländer unseres Balkons und beschweren sich lautstark, dass sie nicht den ihnen ihrer Meinung nach zustehenden Anteil unseres Essens erhalten. Scheu sind die schon mal gar nicht und vertreiben lassen sie sich auch nicht wirklich. Trotzdem haben sie Pech, sie kriegen nichts ab...
Außerdem zieht weit draußen auf dem Wasser ein Wal an der Küste entlang. Zu weit entfernt für ein vernünftiges Foto, doch ich verbringe eine ganze Weile damit ihn auf ebensolches zu bannen. Das Ergebnis ist dann aber doch eher dürftig.
Wir wollen heute weiter nach Knysna, nutzen aber den Vormittag noch, um den kurzen Lourietrail durch den Regenwald zu wandern. Hierfür sollte man zirka eine Stunde ansetzen und er bietet eine wunderbare Aussicht auf den Küstenabschnitt.
Wir haben immer noch Zeit und nutzen diese, um herauszubekommen ob und ggfs. wann so ein Bootstrip in den ersten Teil der Schlucht stattfindet. Davon hatte ich nämlich gelesen, doch wir haben bisher keine Möglichkeit entdecken können so etwas zu buchen. Am Beginn des Weges zur Hängebrücke hatten wir am Tag zuvor einen Anbieter gesehen, dort fragen wir nach. Doch das ist ein privater Anbieter, der lediglich Kajakfahrten im Programm hat, die ich mir bei dieser Brandung nicht wirklich zutraue. Bin ja schließlich keine zwanzig mehr. Hartnäckiges Nachfragen fördert zutage, dass es um die Ecke ein Büro vom SanPark gibt, die genau die Fahrten in die Schlucht anbieten. Interessant. Die Bürotür ist zu, nirgends ein Schild, aber ein Boot schaukelt in den Wellen, fünf Leute sitzen am Tisch. Äähh... wollen die nichts verkaufen? Auch hier hilft hartnäckiges Nachfragen. Ja, die Fahrten finden statt. Aber erst ab 4 Personen. Wir sind nur zwei. Die Lady im Büro verrät uns schließlich, dass vor einiger Zeit bereits zwei andere gefragt haben. Die wollten nur erst zur Hängebrücke wandern, vielleicht kommen die wieder. Warten wir? Wir warten. Sitzen im Sand und üben uns in südafrikanischer Geduld.
Es dauert fast eine Stunde. Unzählige Besucher laufen am Büro vorbei. Aber niemand fragt nach einer Bootstour. Weiß ja auch keiner, dass so eine stattfindet. Doch wir haben Glück. Die zwei anderen kommen zurückgewandert und tatsächlich startet das ganze dann. Während wir unsere Schwimmwesten überstreifen, werden uns erstaunte Blicke zugeworfen. Hier kann man Bootstouren machen? Wo kann man das denn buchen? Da ist auf jeden Fall noch Potenzial nach oben...
Auf dem Weg in die Schlucht tauchen neben uns zwei Delfine aus den Wellenbergen auf, kurz kann man sie erkennen, dann sind sie bereits wieder verschwunden. Als wir unter der Hängebrücke durchfahren, wird uns von oben hinterhergerufen, wo diese Bootstouren denn starten würden. Das, denke ich mir im Stillen, ist ein echtes Geheimnis, sozusagen ein Mysterium...
Die Schlucht selber ist ausgesprochen sehenswert, der Guide kann eine Menge dazu erzählen. Schade nur, dass er das so selten macht.
Zeit den Tsitsikamma Nationalpark zu verlassen. Er ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Wir fahren nun weiter Richtung Knysna