Postkarte aus Lllandudno - Wales

Normalerweise schreibe ich keine Posts während des Urlaubs. Doch diesmal mache ich eine Ausnahme. Ich muss kurz berichten, was so besonders an Wales und diesem Vereinigten Königreich ist.
Gestern, nach einem Tag voller Natur und natürlich auch einer Burgbesichtigung, kamen wir vom Essen im Kings Head zurück. Zwei Kilometer trennen das traditionelle Pub von unserem Guesthouse. Zwei Kilometer entlang der Strandpromenade, während die Sonne nach einem heißen Tag über dem Great Orm unterging. Irgendwie wehte der Wind uns Musik entgegen, bevor wir etwas sehen konnten. Etwas später sahen wir es dann: In einem Pavillon an der Strandpromenade spielte eine Blaskapelle. Auf den Bänken und auf extra aufgestellten rotweißgestreiften Liegestühlen rundherum saßen Menschen. Die meisten etwas älterem Semesters. Doch sie lauschten nicht nur der Musik, nein, sie hielten Textblätter in der Hand und sangen lauthals mit. Mit tragender Stimme oder auch ein wenig zittrig, aber irgendwie voller Inbrunst. Wir hielten an. Stellten uns dazu. Sahen uns um. Und waren irgendwie gerührt.
Die Veranstaltung war wohl schon recht fortgeschritten. Der Orchesterleiter kündigte zum Abschluss die walisische und die englische Nationalhymne an. Dann erhoben sich alle, also wirklich alle, von ihren Plätzen. Dazu müsst ihr wissen, dass viele der Anwesenden nicht nur ihren Gehstock, sondern durchaus auch ihren Rollator dabei hatten. Doch egal wie zittrig sie waren oder wie lange sie brauchten, sie standen auf. Wir waren froh, dass wir schon standen. Und sie sangen. Nicht nur mit der Stimme, nein, irgendwie auch mit dem Herzen. Es war berührend zu sehen wie jung und alt gemeinsam diese beiden Nationalhymnen in den Wind sangen.
Doch es wäre nicht das Vereinigte Königreich, wenn nicht noch Platz wäre für eine skurrile Note. Während um uns herum vielstimmig "God save the Queen" erklang, schritt ein Esel samt Begleitung gemessenen Schrittes durch die feierliche Darbietung, was weder den Esel noch die Musizierenden zu irritieren oder zu stören schien.
Als die letzten Töne verklungen waren und jemand vom Orchester bereits die Textblätter ordentlich wieder einsammelte, blickten wir zufällig hinüber zur Straße. Huch! Ein Wagen voller orthodoxer Juden, schwarz bekleidet, mit Hut und Schläfenlocken, war von der Darbietung wohl so fasziniert, dass sie rückwärts in Schlangenlinien mit irgendwie fassungslos wirkenden Gesichtern die Uferpromenade entlangfuhren.
Ich kann auch heute noch nicht einschätzen, ob meine Tränen in den Augen eher der Rührung entsprungen waren oder meinem Lachanfall.

2 Kommentare:

  1. Ich liebe Urlaubspostkarten, auch wenn die Anzahl aufgrund der neuen Möglichkeiten etwas nachgelassen hat. Danke für diesen schönen Eindruck. Gerade bei dem Esel musste ich sehr schmunzeln.

    AntwortenLöschen
  2. Oh, toller Bericht!
    *wink* Grüß mal Wales ganz ganz herzlich und sag dem wunderschönen Fleckchen, dass ich auch bald wieder kommen werde.

    Liebe Grüße

    AntwortenLöschen