Wales VII: Snowdonia Nationalpark und Caernarfon Castle




Gestern Abend hatten wir versucht übers Internet Karten für die Snowdonrailway vorzubestellen, sind aber am Ausdrucken der Tickets gescheitert. Ein Laptop haben wir schon dabei, aber einen Drucker? Doch kein Problem, wir machen uns heute auf den Weg in den Snowdonia Nationalpark und werden dann in Llanberis stoppen und die Tickets direkt kaufen.
Wer auf den Gipfel des Snowdon will, übrigens  mit 1085 m der höchste Berg Wales, hat die Chance zu wandern oder mit der Snowdon Mountain-Railway hinaufzufahren.
Dass mit dem Wandern haben wir verworfen, nachdem wir uns die Schwierigkeitsgrade angesehen haben. Der leichteste Weg, den vielleicht sogar ich von der Steigung her schaffen könnte, hat hin und zurück eine Länge von 17 km. Mhhhmmm, da oute ich mich mal als Weichei, das trau ich mir nicht zu.
Also doch lieber mit der 1896 eröffneten Zahnradbahn hinauf auf den Snowdon. Da wir gestern auf der Internetseite waren, wissen wir, einfach hinfahren, Ticket kaufen und rauffahren funktioniert schon mal gar nicht. Wer morgens in der Hochsaison kommt, kann vielleicht am späten Nachmittag hinauffahren. Oder auch nicht.
Also frühstücken wir wieder zeitig, natürlich genauso lecker, wie an den Morgenden davor, und machen uns dann auf den Weg.
Wir wollen von Caernarfon aus eine Rundreise machen, über Llanberis, wo wir die Tickets kaufen werden, den Pen-y-Pass und Beddgelert zurück nach Caernarfon.
Der walisische Name für Snowdonia lautet Eryri und bedeutet Hochland. So erinnert uns die Landschaft in vielen Teilen an die schottischen Highlands, als wir hindurchfahren.
Llanberis ist schnell erreicht, schwieriger ist es einen bezahlbaren Parkplatz zu finden. Direkt an der Station der Zahnradbahn verlangen sie tatsächlich 6 £ fürs Parken, und zwar unabhängig davon wie lange man dort steht. Wir wenden gefühlte zehnmal, bis wir ein Stück weiter einen Platz finden, an dem die erste halbe Stunde frei ist.
Die Tickets sind schnell gekauft. 27£ pro Person für den Rauf-und-Runter-Service! Morgen 12.30 Uhr startet unsere Diesellok. Mit der Dampflok wäre es erst in drei Tagen möglich gewesen.
Hinter Llanberis kann man die Hinterlassenschaften des Schieferabbaus bewundern. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob bewundern der richtige Ausdruck ist. Der im Tagebau gewonnene Schiefer hinterließ eine zerklüftete, ja, angefressen wirkende Felswand. Irgendwie schon fast wieder faszinierend.
Danach steigt die Straße zum Pen-y-pass an, doch es gibt nur wenige Möglichkeiten irgendwo an der Straße zu halten. In den von Steinen eingefassten Park- oder Haltebuchten stehen dicht gedrängt die Autos der Bergwanderer. Immer wieder sehen wir Menschen vor ihrem geöffneten Kofferraum beim Wechseln der Schuhe und Schnüren der Rucksäcke. Ein Volk von Wanderern.

Llyn Gwynant
Der Parkplatz oben am Pass ist voll, auch an der Jugendherberge kein Platz mehr. Wir halten an der Straßenseite, steigen trotzdem aus und machen ein paar Fotos, bevor wir weiter fahren. Unglaublich wieviele Menschen hier tatsächlich wandern gehen, Menschen jeden Alters, wohlgemerkt, Kinder, Erwachsene und auch deutlich Ältere.
Bedgellert
Weiter gehts Richtung Beddgelert, nur unterbrochen von einem kurzen Stop am Aussichtspunkt Gueastadanas und am Llyn Gwynant. Der liegt zauberhaft in den Bergen, kleine, einsame Buchten gewähren einen idyllischen Blick aufs dunkle Wasser. Thias kommt das ganze irgendwie bekannt vor, bis er feststellt, dass auf dem Campingplatz am See im Februar der Treffpunkt der Dragonralley war. Ja, manchmal landet man ungewollt an bekannten Orten.
Beddgelert entpuppt sich als kleiner, charmanter Ort, am River Glaslyn. Wir finden einen öffentlichen Parkplatz, an dem wir ungewöhnlicherweise einmal nichts bezahlen müssen, allerdings nur, weil der Automat kaputt ist, schlendern dann ein wenig durchs Dorf, schauen in einige Läden und überlegen, warum es hier eigentlich so voll ist. Später lese ich von der Legende von Gelert´s grave, in der der walisische Fürst Llewellyn glaubt, sein Hund Gelert hätte sein Baby angegriffen und das Tier aus dem Affekt heraus tötet, nur um darauf festzustellen, dass der getötete Hund sein Baby gegen einen Wolf verteidigt hat. Tja, irgendwas ist immer.Wahrscheinlich ist das hier das Mekka aller Hundefreunde und traurige Geschichten üben natürlich stets eine große Anziehung aus.
Caernarfon Castle
Wir verlassen diesen idyllischen, tragischen Ort und fahren zurück Richtung Caernarfon. Dort gibt es natürlich auch eine Unesco-Weltkulurerbe-Burg und da wir noch Zeit haben, kommt auch die mit ins Besichtigungsprogramm.
Caernarfon Castle ist eine der größten mittelalterlichen Burgen der Welt und wir sind gebührend beeindruckt als wir durch die Hitze über den asphaltierten Parkplatz gehen. Den bleibenderen Eindruck hinterlässt bei uns allerdings die Veranstaltung, die an diesem Sonntag im Inneren der Burgmauer stattfindet. Klassische Musik erschallt aus einer Ecke des Hofes und wir sehen Mädchen in pastellfarbenen Ballkleidern über die Wiese schreiten.














Vor einer dreiköpfigen Jury zelebrieren sie den Hofknicks, raffen ihre Röcke, und sind in der Lage so wichtige Dinge zu zeigen, wie  gemessenen Schrittes

anmutig eine Distanz zu überwinden. Ja, und um sie herum sitzen ihre weniger anmutigen Mütter, wahrscheinlich in der Hoffnung ihren eigenen Kindheitstraum zu erfüllen. Unglaublich. Wir suchen uns eine Bank und sehen dem Treiben interessiert und amüsiert zu.
Für die verschiedenen Altersstufen werden sogar Pokale vergeben. Allerdings sind wir als Kontinental- europäer wahrscheinlich nicht in der Lage die feinen Nuancen zu bemerken, nach denen hier über Erfolg oder Mißerfolg entschieden wird.
Um die schönen Kleider nicht zu beschmutzen, müssen die Mädchen auch nach ihrem Auftritt, die weiten Röcke um sich ausgebreitet, auf einer Decke in der Sonne verharren. Von den Türmen der Burg wahrhaftig ein skuriler Anblick.
Die Burg selber ist wirklich wunderschön, doch wir sind irgendwie ein wenig abgelenkt heute durch all die Barbiepüppchen um uns herum.
Schließlich begeben wir uns auf die Mauern, verlaufen uns kurzfristig in den Wehrgängen und statten dem Museum of the Royal Welsh Fusiliers einen kurzen Besuch ab. Können dabei von oben immer noch einmal das Treiben dort unten im Hof betrachten.

Caernarfon Castle gefällt uns fast so gut wie Conwy, aber eben nur fast.
Zurück in Llandudno machen wir noch eine Pause in unserem wunderschönen Guesthouse. Morgen früh müssen wir unser Zimmer räumen, wir haben nur bis morgen vorgebucht, können aber glücklicherweise einen Tag länger bleiben, sonst wäre das mit der Snowdon-Mountainrailway schwierig geworden. Allerdings müssen wir deshalb in ein anderes Zimmer wechseln. Was uns schwer fällt, dieses Zimmer ist ein wenig Zuhause für uns geworden.
Zum Abendessen gehts wieder die Promenade entlang zum Kings Head auf ein leckeres Schwarzbier und ein zünftiges Mahl im Biergarten. Alles genauso gut wie beim ersten Mal.
Als wir mit vollem Magen an der Promenade zurückschlendern, während über dem Great Orm die Sonne langsam versinkt, treffen wir auf die musikalische Darbietung, die ich bereits in der Postkarte aus Llandudno beschreiben habe. Auch im Rückblick ist das immer noch ein Highlight. All diese Menschen laut und voller Inbrunst singend, sitzend auf den rot-weiß-gestreiften Liegestühlen oder den allgegenwärtigen Bänken, den Anblick werde ich nie vergessen.




Nur damit ihr wisst wovon ich spreche, hier ein kurzes Video. Sicher kein akkustisches Highlight, aber irgendwie berührend, wenn man das so von hinten betrachtet. Vor allen Dingen, als alle aufstehen und die Nationalhymnen mit zittrigen Stimmen mitsingen. Und dann noch der Esel königlich zwischen ihnen hindurchschreitet. Nach wie vor einer der skurilsten Momente unseres Urlaubs. Schade, dass ich die Kamera zu dem Zeitpunkt schon weggesteckt habe.




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