Deshalb gibt es jetzt also mehr Berichte aus der näheren Umgebung. Schließlich kann man in Hamburg und überhaupt in Norddeutschland schon so allerhand unternehmen.
Vor einiger Zeit haben wir uns auf den Kiez begeben. Für alle Nicht-Hamburger erstmal vorweg, das ist das Vergnügungsviertel rund um die Reeperbahn. Wenn man in Hamburg wohnt, ist das also nicht wirklich etwas ungewöhnliches. Wir hatten uns für eine Stadtführung angemeldet. Etwas, was man als Hamburger dann auch eher selten macht. Aber diese Stadtführung war schon etwas besonderes, denn es ging mit der Dragqueen Olivia Jones über den Kiez.
Treffpunkt war an der U-Bahnstation St. Pauli und wir stellten schnell fest, dass wir eine ziemlich große Gruppe waren. Doch Olivia zu folgen, war überhaupt kein Problem. Mit der Körpergröße von 2,07 Metern und den hohen Absätzen, auf denen sie stiefelte, war sie in der Menge absolut nicht zu übersehen.
Was auch zu gelegentlichen Stops führte, da immer wieder Menschen auftauchten, die unbedingt ein Foto mit Olivia brauchten. Olivia erledigte das souverän nebenher, während sie uns gekonnt über den Kiez führte, immer eine kleine Anekdote auf den Lippen, gerne mal den einen oder anderen Herren auf die Schippe nehmend. Es ging nicht nur vorbei an den Schaufenstern der Sexshops, die besondere Prämien für Herren offerierten, die in der Lage waren überdimensionale Kondome zu füllen, sondern es ging auch hinein in diese Shops.
Weitere Anlaufstation war natürlich die Kultkneipe zur Ritze, versteckt in einem Hinterhof der
Reeper- bahn 140, Lieb- lings- kneipe von Stars wie Jan Fedder, Udo Linden- berg und Ben Becker. Hier scheint die Zeit irgendwie stehengeblieben zu sein und man spürt noch, wie der Kiez vor Jahrzehnten gewesen ist.
Durch die Kneipe hindurch ging es dann hinunter in den legendären Boxkeller. Der 2011 verstorbene Ritze-Wirt Hanne Kleine war früher Boxer in der DDR-Nationalmannschaft und hatte sich in der Tiefgarage unter der Kneipe einen Boxring bauen lassen. Hier haben auch schon die Klitschkos trainiert und man hat ein wenig das Gefühl, in der Zeit zurückgereist zu sein. Nachdem in letzter Zeit auf St. Pauli viele ältere Gebäude und Kneipen mit Kultstatus geräumt wurden, um abgerissen zu werden und Platz für mehr Glitzer, Glamour und vor allen Dingen mehr Profit zu schaffen, hoffe ich sehr, dass uns dieses Überbleibsel aus den schmuddeligen Kiez-Zeiten noch ein wenig erhalten bleibt.
Weitere Anlaufpunkte unserer Tour waren das St. Pauli-Museum, das über die wechselhafte Geschichte des Stadteils informiert und natürlich die legendäre
Herbert- straße, seit 1933 an beiden Enden mit Barrieren abgesperrt, so dass kein Einblick von außerhalb möglich ist. Für alle, die es nicht wissen: In den Häusern an der Herbert- straße sitzen die Prostituierten auf Hockern in Schaufenstern, präsentieren sich und warten auf Freier oder sprechen die männlichen Passanten bei geöffnetem Fenster an. Andere Frauen haben hier keinen Zutritt, deshalb durften wir derweil in der Rutsche - Bar, Kneipe und Discothek in einem - einen Drink nehmen. Irgendetwas undefinierbares grünes. Aber lecker.
Insgesamt eine empfehlenswerte Tour über den Kiez, auf jeden Fall, wenn man Hamburg nicht so gut kennt, aber natürlich auch für die waschechten Hamburgerinnen und Hamburger. Mit Olivia Jones muss man dafür inzwischen allerdings 44 € hinlegen und ihre Touren sind bereits Monate vorher ausverkauft. Also rechtzeitig darum kümmern! Alles wichtige findet ihr unter:
http://www.olivia-jones.de/wordpress/olivias-kiez-touren/
Viel Spaß dabei!
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