Elbaufwärts - Bleckede, Hitzacker, Dömitz

Fahrräder. Kommen uns entgegen. Wo auch immer wir auf dieser Strecke auf die Elbe treffen. Und auch, wenn sie etwas weiter entfernt ist. Tatsächlich sollte man diese Orte mit dem Rad nicht nur sprichwörtlich, sondern auch tatsächlich erfahren. Der Elberadwanderweg macht es einem einfach. Man wird mehr sehen. Mehr fühlen. Mehr erleben. Man ist einfach dichter dran.
Tja, können wir aber nicht. Mein lädierter Gatte kann hervorragend auf dem Beifahrersitz sitzen, aber im Moment sicher nicht im Fahrradsattel. Also wird unser blumiger Passat unser Reisegefährt für diesen Kurzurlaub.
Erster Halt: Bleckede. Es ist Sonntag und hier regieren heute die Schützen. Überall eichenbekränzte Hüte, grüne Jacken, Röcke und Hosen, Gewehre über den Schultern oder angelehnt an die Caféstühle unter Sonnenschirmen. Irgendwo in einer Nebenstraße üben die Mitglieder eines Spielmannzuges die immer gleichen Lieder. Wir parken, versuchen kurz durchs hübsche Altstädtchen zu schlendern, wandern dann zum Fähranleger, der glücklicherweise noch schützenfrei ist, an dem aber heute keine Fähre fährt. Erklärt ein älterer Herr gerade einer Gruppe frustrierter Radfahrer, als wir dort ankommen. Die Fähre ist kaputt.
Die öffentliche Toilette, die hier sein soll, ist geschlossen. Genauso wie das Fährhaus. Schon seit Herbst 2015 übrigens. Sonntag in der Elbmarsch. Vielleicht nicht jedermanns Sache.
Toiletten werden ja überbewertet, außerdem soll man die Blase trainieren. Wir schlendern noch kurz zum Bleckeder Schloss, stellen fest, dass sich auch hier die grünbefrackten, gewehrgeschulterten und eichenbekränzten Damen und Herren sammeln, dass der Aussichtsturm des Schlosses nur im Zuge eines acht Euro teuren Besuch des Biosphaerium Elbtalaue zu besteigen ist und beschließen diesen Ort zu verlassen. Gerade noch rechtzeitig, während sich die Schützen kurz hinter unser Parklücke diversen Kommandos - Augen rechts, Augen links, stillgestanden, rührt euch und ähnlich sinnvolles mehr - hingeben und sich dabei für ihren Aufmarsch sammeln. Nichts wie weg hier.
Mit unserem Blümchenauto verlassen wir Bleckede. Weiter gehts Richtung Hitzacker. Soweit möglich immer an der Elbuferstraße entlang. Eine kurze Kaffeepause machen wir irgendwo hinter Neu-Darchau. Auf einer Wiese am Hang hinter einer Bushaltestelle.
Mit Blick auf das ruhig dahinfließende Wasser. Schön ists hier. Und kaum eine Menschenseele unterwegs.
Unseren Aussichtsturm kriegen wir auch noch. Mitten in einem Wäldchen kurz vor Hitzacker überragt er die ihn umstehenden Bäume. Bietet einen grandiosen Blick elbauf- und abwärts.
Hitzacker begrüßt uns mit reichlich Mittagshitze. Ein beschauliches Städtchen, das entgegen meinen Befürchtungen gar nicht so rentnermäßig rüberkommt, sondern über eine interessante Bevölkerungsstruktur zu verfügen scheint. Während wir unter einem Sonnenschirm sitzend auf kippeligen Resopalstühlen ein für uns eher unübliches Brötchen mit Räuchertofu verzehren, schreitet eine holde Schöne mit entblößter Brust, an der seelig nuckelnd ihr in ein Tragetuch gehülltes Baby schmatzt, an uns vorüber. Barfuss auf dem Kopfsteinpflaster. Irgendwie königlich.
Das vegane Brötchen entpuppt sich als lecker, Hitzacker als sehenswert. Wunderschöne Fachwerkbauten säumen die kopfsteingepflasterten Straßen, eine gut erträgliche Anzahl Touristen durchstreifen den Ort und überall duften Rosen und Stockrosen. Schön.
Ich denke wir müssen noch einmal wiederkommen. Mit dem Fahrrad natürlich.
Auf dem Weg nach Dömitz lassen wir unsere Sachen in unserer kurzfristig gebuchten Unterkunft. Dem Sonnenhof in Damnatz. Das liegt direkt auf dem Weg. Und unweit von Kamerun. Ja, wirklich. Kamerun. Warum dieses Fleckchen an der Elbe genauso heißt wie das zentralafrikanische Land? Ich habe nicht den Hauch einer Ahnung. Aber die Nationalfahne Kameruns weht hier von einigen Fahnenmasten.
In Dömitz war ich bereits einmal während eines Betriebsausfluges. Die Stadt selber ist mir als nicht so umwerfend in Erinnerung geblieben, aber die Festung ist einen Besuch wert. Unser Blümchenauto auf dem Parkplatz abgestellt und ein kurzer Fußweg, schon sind wir da.
Die Festung stammt ursprünglich aus dem 16. Jahrhundert, ist diverse Male umgebaut worden und beherbergt inzwischen das Standesamt Dömitz, das Heimatmuseum und diverse Ausstellungen.

Wir entdecken: viele, viele rote Ziegel, ein Kommandantenhaus mit schiefen Treppen und Fußböden, die einem den Eindruck vermitteln man hätte das dritte Glas Rotwein schon weit hinter sich gelassen, einen Einblick in vergangene Tage samt dazugehörigen Einrichtungen, blumenbekränzte Festungsmauern und wunderbar kühle Kasematten.
Allerdings auch viel Verstaubtes und nicht so interessant dargestelltes. Grad für Kinder hätte man es hier noch deutlich spannender machen können.
Spannend ist auf jeden Fall auch der Besuch der Eisenbahnbrücke Dömitz. Oder vielmehr ihrer Überreste. 1945 bei einem Luftangriff wurde sie zerstört. Für einen Besuch muss allerdings erneut die Elbe überquert werden, zurück in Deutschlands ehemaligen Westen. Für die, die es nicht wissen, die Elbe teilte hier für eine lange Zeit Deutschland in zwei Teile. Auf der Dömitzer Seite existiert die Brücke nicht mehr, die Oberbaumaterialien wurden demontiert und als Reparationsleistung in die Sowjetunion gebracht.  Doch gegenüber auf der westlichen Seite führen immer noch rostige Streben über die Elbwiesen, um dann unvermutet im Nichts zu enden. Tausend Meter hat die Brücke einst überspannt. Nun erfüllt sie keinen Zweck mehr, außer vielleicht dem, uns daran zu erinnern,wohin Hass und Kriege führen können.
Wir haben Hunger, ich beginne schwachsinnige Fotos zu schießen, es wird also Zeit diesen Ort zu verlassen. Nach einem leckeren Essen im Hotel Steinhagen in Damnatz fallen wir ziemlich kaputt in unsere Betten. Still ist es hier. Ländliche Stille. Nichts stört unseren tiefen Schlaf.
Der nächste Tag ist eigentlich nur für die Rückfahrt geplant. Wir sind aber früh dran, da können wir doch noch einen kurzen Abstecher ins Wendland machen. Mal so ein Rundlingsdorf ansehen. Wir entscheiden uns für Lübeln, da es hier auch ein Rundlingsmuseum geben soll. Allerdings haben wir unseren Plan ohne den Montag gemacht. Der nämlich sorgt dafür, dass alles geschlossen hat. Das Museum, die kleinen Läden, die kleine Bäckerei, einfach alles. Absolut ausgestorben liegt dieser Rundling vor uns. Müssen wir wohl ein anderes Mal wiederholen.
Also machen wir uns auf den Rückweg. Wählen dafür die andere Elbseite. Auch hier sorgt der Montag für einsame Straßen und bis Lauenburg schaffen wir es nicht einmal einen Kaffee zu bekommen. Hier aber sitzen wir noch ein Weilchen an der Elbe, Hände an Kaffeetasse, und freuen uns, dass wir so viel Idylle um uns herum haben. Sowas muss man viel öfter machen. Das nächste Mal allerdings mit dem Fahrrad.

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