Marokko 2. Teil - Atlasgebirge, Ait Benhaddou und Ouarzazate

Wir stehen früh auf, unser Mietwagen soll ja bereits um 9 Uhr kommen. Wir haben gestern von unserer Rezeption noch einmal bei Eurocar anrufen lassen, ob alles klar geht. Klar, alles kein Problem.
Also, noch einmal frühstücken in diesem zauberhaften Innenhof, den Koffer verschließen und nach unten bugsieren, die Rechnung bezahlen, die sich erst nicht findet... und dann warten.
Die gute Dame kommt erst um halb zehn, wahr- schein-
lich für marok- kanische Verhältnisse durchaus pünktlich. Und möchte uns gerne noch eine Vollkaskoversicherung verkaufen. Für günstige 2000 Dirham. Was nicht klappt. Weil die bei TUI-Cars inklusive ist. Was sie erst nicht glauben kann. Und was sie dann betrübt.Wahrscheinlich sieht sie ihre Provision davonfliegen.
Unser Wagen, ein kleiner silberner Suzuki, parkt am Bab Doukalla. Als alle Formalitäten erledigt sind, die Koffer eingeladen und wir losfahren wollen, möchte der Parkplatzwächter erstmal Geld von uns. Parkgebühr, weil die Dame von Eurocar die nicht bezahlt hat. Hurra. Wir versuchen ihm das zu erklären, doch er beharrt auf seine Gebühr. Thias fährt irgendwann entnervt los, der Parkplatzwächter reißt die Tür auf, wir fahren trotzdem weiter. Ups, da beißt mich das schlechte Gewissen, der arme Parkplatzwächter kann ja auch nichts dafür. Im Rückspiegel sehen wir aber dann Frau Eurocar wild gestekulierend auf ihn zulaufen. Da müssen die sich wohl einigen.
So ist unser Start insgesamt etwas hektisch, Thias nicht angeschnallt, wir wissen die Richtung nicht, der Verkehr ist gewöhnungsbedürftig. Der Halt an einer Tankstelle bescherrt uns zwei Dosen Cola und eine Auskunft über die richtige Richtung. Los gehts, raus aus Marrakesch und irgendwann rechts ab auf das Atlasgebirge zu. Der Himmel ist bewölkt, was zum Fahren ja nicht schlecht ist.
Wir schrauben uns langsam höher, die Landschaft ist ein Traum. Erst erinnert sie uns ein wenig an deutsche Mittelgebirge, dann wird es kahler. An den Straßenrändern stehen Männer, die uns Mineralien verkaufen wollen und strecken sie eifrig unserem vorbeifahrenden Auto entgegen.
Wir machen Halt in einem kleinen Ort noch vor dem Pass, ich brauche endlich mal wieder eine Toilette. Auf einer Wiese stehen Tische, Stühle und Sonnenschirme, es sieht nett aus und wir beschließen dort zu essen. Wir bestellen Brochettes, eine Tajine und
zwei Cola bei dem netten Kellner und setzen uns dann in die Sonne. Etwas kälter als in Marrakesch ist es hier schon aufgrund der Höhe, aber in der Sonne immer noch sehr angenehm. Alles zusammen zahlen wir 120 Dirham und es ist tatsächlich sehr lecker.
Weiter gehts, hoch zum Col du Ticha, der auf 2260 Meter Höhe liegt. Die Abgründe neben der Straße sind beeindruckend. Wir schleichen hinter einigen LKWs her und ich bin froh, mich mit fotografieren ablenken zu können. Solche Abgründe sind nicht meins! Auf den Gipfeln des Atlasgebirges liegt immer noch Schnee, ein überwältigender Anblick.


Die Passhöhe ist tatsächlich etwas unspektakulär. Das Schild und ein paar Läden. Keine besondere Aussicht. Wir halten für das obligatorische Foto und sofort ist einer der Mineralienverkäufer neben unserem Auto. Schon verständlich, viele Einkommensmöglichkeiten kann es in dieser kargen Landschaft ja nicht geben. Wir kaufen ihm einen kleinen Amethysten ab und kramen noch zwei Kugelschreiber aus unseren Taschen, die er gern für seine Kinder hätte. Bonbons haben wir leider keine.
Die Landschaft zeigt sich in Variationen von rötlichem Braun, die Häuser aus Lehm wirken, als würden sie direkt aus dem Fels herauswachsen. Über allem spannt sich ein inzwischen wieder blauer Himmel und wir fahren staunend die Straße hinab in die Ebene.
Es dauert eine Weile, bis wir endlich an den Abzweiger nach Ait Benhaddou kommen. Dieses Unesco-Weltkulturerbe, das bereits so oft als Filmkulisse gedient hat, wollen wir uns ansehen. Hier wurden Filme gedreht wie Lawrence von Arabien, Gladiator,
Königreich der Himmel oder Alexander. Das muss also ein bewegender Ort sein, der noch dazu direkt auf dem Weg nach Ouarzazate liegt.
Die kleine Straße dahin glänzt durch ihre ausgefransten Ränder, zwei Autos nebeneinander geht gar nicht. Gut, wenn man nicht vom Asphalt runter muss. Die Landschaft besticht durch karges, fast wüstenähnliches Ambiente.
Wir parken dem Ksar gegenüber auf einem touristischen Parkplatz des kleinen Ortes, packen die Rucksäcke
und machen uns auf den Weg hinunter zum Fluss. Der führt zur Zeit nur wenig Wasser, so dass wir über Trittsteine und Sandsäcke trockenen Fusses hinüber gelangen. Bei hohem Wasserstand kann man sich auch von Eseln ans andere Ufer bringen lassen.
Am Eingang zahlt man 10 Dirham, die
zur Erhaltung der Lehmbauten beitragen. Tatsächlich wohnen innerhalb der alten Mauern immer noch Familien, es flattert Wäsche auf der Leine im Wind.
Wenn man seinen Fuß über die Schwelle setzt, ist es, als würde man ein anderes Jahrtausend betreten. Ausgetretene Stufen führen nach oben, verwinkelte Gänge verwirren den Orientierungssinn, führen durch schummrige Speicherräume, um einen unvermutet wieder in Helligkeit zu entlassen. Ein Labyrinth aus Gängen, Speichern, Treppen führt uns immer höher und gewährt immer neue Aus- und Einblicke. Wir sind überwältigt und haben leider definitiv zu wenig Zeit dafür. Es ist bereits später Nachmittag und die kleinen Läden mit Kunsthandwerk innerhalb der Mauern räumen schon ihre Waren ein. Schade! Hierfür bräuchte man mindestens einen halben Tag und wahrscheinlich am besten noch einen offizielen Führer, der einem sowohl Geschichte, als auch Kultur der hier wohnenden Berber näherbringen könnte.
Wir klettern möglichst weit nach oben, setzen uns auf eine der vielen Lehmmauern und versuchen uns diesen Moment, diesen Ausblick einzuprägen. Wahrlich unvergleichlich!

Verschwitzt vom vielen Geklettere machen wir uns irgendwann auf den Weg zurück zum Parkplatz. Voller Bilder in Kopf und Kamera. Die hoffentlich lange vorhalten.
Unser nächstes Hotel liegt in Ouarzazate, einer Stadt, die wirkt, als hätte gerade jemand alle Straßen mit dem Besen gereinigt. Sehr ordentlich. Ouarzazate bietet sich einerseits als touristischer Standort an, da viele Ziele in der Umgebung zu erreichen sind, ist außerdem aber Millitärstützpunkt und Filmmetropole. Da die Stadt selber aber außer den Filmstudios kaum
Sehens-
würdigkeiten bietet, nutzen wir sie nur für eine Übernachtung. Wir finden das Berbere Palace sehr schnell und dürfen unseren kleinen Suzuki direkt vorm Eingang parken. Kaum andere Mietfahrzeuge hier, dann wird das Hotel wahrscheinlich hauptsächlich von Gruppen oder Pauschalurlaubern frequentiert. Unser Zimmer ist riesig, auf dem Tisch steht zur Begrüßung ein Obstkorb. Unser erster Weg führt uns aber ins große Pool, eine wunderbar dekadente Erfrischung so mitten in der Wüste, in dem man tatsächlich gut ein paar Bahnen schwimmen kann.
Hier haben wir Halbpension gebucht, da nicht klar war, wann wir ankommen würden. Der Speisesaal ist hell erleuchtet, die Bedienung sehr nett und lustig, das Essen reichhaltig, aber eher geschmacksneutral. Wie so oft in Hotels, die hauptsächlich von Gruppen aufgesucht werden. Die Tajine auf der Wiese heute Mittag hat mir deutlich besser geschmeckt und war sicher auch authentischer.

Nach dem Früh- stück am nächsten Morgen nutzen
wir noch einmal den großen Pool. Wir haben ein wenig Zeit, da wir das Zimmer erst Mittags
räumen müssen und die heutige Strecke mit knappen 130 Kilometern nicht sehr weit ist. Der Wind hat aufgefrischt, so dass wir die einzigen Gäste im Wasser sind, aber das stört uns nicht. Noch eine halbe Stunde in die Sonne zum trocknen, dann packen wir unsere Sachen. Unser nächstes Ziel ist Boumalne du Dadès, das auf 1586 Metern Höhe liegt an den kahlen, verwitterten Berghängen des hohen Atlas. Kurz vor der Mittagszeit sind wir wieder auf der Straße.









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