Marokko 4. Teil - Merzouga

Wir sitzen bereits um 7 Uhr am Frühstückstisch, um den Reisegruppen zu entgehen. Glücklicherweise scheinen die tatsächlich später aufzustehen, nur einige der Busfahrer frühstücken zu dieser frühen Uhrzeit. Danach begleichen wir unsere Rechnung, die erstaunlicherweise geringer ausfällt als gedacht. Wie schön!
Um kurz nach acht sind wir dann schon auf der Straße. Die Etappe heute beträgt 250 Kilometer, wir kommen gut voran. Die Sonne scheint, wie schon an den vorangegangenen Tagen vom strahlend blauem Himmel und wir sind froh, dass unser Suzuki eine
Klimaanlage hat. Wir treffen auf relativ viele Polizeikontrollen, werden aber immer durchgewunken. In Marokko wird häufig geblitzt und kontrolliert, die Strafgelder sind mit 300 Dirham für bis zu 10 km Übertretung der Höchstgeschwindigkeit und 600 Dirham für bis zu 20 km nicht eben gering. Gerade auch für die einheimische Bevölkerung, die über kein hohes Einkommen verfügt.
Vielleicht fahren die Marokkaner aber deshalb so gemäßigt, wir haben kaum Raser gesehen.
Die Landschaft wird immer trister, was anfänglich braun war, wird jetzt grau oder schwarz. Irgendwann dann die erste Sanddüne neben der Straße, kurz nachdem wir ein paar Radfahrer auf ihren Mountainbikes überholt haben.  Davon sind hier doch einige unterwegs, die werden einen großen Wasservorrat brauchen, denn gefühlt ist es hier doch schon über 30°.
Wir er- rei- chen Ris- sani ge- nau zum Schulschluss und mit uns ergießt sich eine Fahrrad fahrende Schülerschar in die Stadt. Was das Autofahren hier nicht einfacher macht, da die Kinder mit ihren Rädern deutlich unbekümmerter auf der Straße unterwegs sind, als bei uns. Wir schaffen es aber unfallfrei durch Rissani und haben jetzt nur noch 39 km bis Merzouga vor uns. Die allerdings lang werden können, wenn man keinen Felsen, Hügel oder gar eine Toilette findet, um die Blase zu entleeren. Kurz vor Merzouga schließlich eine Tankstelle, zwar mit unansehnlichem, verdreckten Stehklo...aber egal, ich bin da schmerzbefreit. Meist sind die Toiletten eh nur schmutzig, weil die Touristen nicht wissen, wie und in welcher Reihenfolge was zu benutzen ist.
Wir kaufen noch ein paar Getränke und fahren dann nach Merzouga hinein.


Wo uns ein Berber, der ein wenig an einen Touareg erinnert, erzählen möchte, dass es bis zu unserem Hotel noch 20 Kilometer sind... und er eine wirklich tolle Unterkunft gleich hier kennt. Mein Reiseführer sagt mir aber, es sind noch drei Kilometer und wir finden das Mohayut, das aussieht wie eine alte Kasbah, auch ohne den Berber.
Wir sind gut durchge- kommen und es ist erst früher Nachmittag, als wir unser kleines Zimmer im Mohayut beziehen. Das Zimmer ist einfach, ein klein wenig dunkel, hat aber alles, was es braucht und ist farblich sehr schön gestaltet.
Dafür ist der Garten wunder- schön und es gibt en kleines Pool mit erfrischendem Wasser. Also Badesachen an und Pause. Am Pool treffen wir eine Gruppe Deutsche wieder, denen wir bereits in der Dadesschlucht begegnet sind.
Die Welt ist ein Dorf.
Wir tauschen ein wenig Erfahr- ungen aus, kühlen uns im Pool ab, essen Obst, lesen  und schließen für einen Moment die Augen.
Dann erkundigen wir uns an der Rezeption nach einem Kamelritt in die Wüste... eigentlich für morgen. Doch morgen herrscht Kamelknappheit, vielleicht aber geht heute abend noch etwas. Ganz kurzfristig haben wir zwei Kamele und zehn Minuten Zeit uns fertig zu machen.
So bleibt nicht viel Zeit darüber nachzudenken und einen Moment später sitzen wir auf unseren Kamelen auf dem Weg in die Sanddünen, die untergehende Sonne im Rücken. Mohammed, unser Führer, schreitet gemächlich voran, die goldfarbenen Dünen hinauf.
Es dauert eine Weile, bis wir uns an den schaukelnden Gang gewöhnt haben und die verkrampften Finger vom Haltegriff lösen können. Dann aber ist dieser Ritt ein Genuss, das Licht ein Traum, das einzige was stört, ist das Geröhre der Quads, die sich an einer Nachbardüne verausgaben. 
Irgendwann sind wir relativ weit oben und dürfen absteigen. So ein Kamel hat eine seltsame Art sich hinzulegen, wir haben dabei das Gefühl kopfüber herunterzustürzen. Was nicht passiert.

Wir er-
klimmen den Rest der Düne zu Fuss, während unsere namen- losen Kamele mit angebundenem Vorderhuf im Sand auf uns warten. Wir warten derweil auf den Sonnenuntergang.

Wenn gerade mal keine Quads zu hören sind, ist es wirklich still, während die Sonne dem Horizont entgegensinkt.


Natürlich ist man hier keinesfalls alleine, überall sind Touristengruppen auf Kamelen unterwegs. Dafür ist man nicht weit genug in der Wüste. Trotzdem hat diese Landschaft etwas majestätisches, eine Größe, bei der wir uns ziemlich klein vorkommen.
Die Sonne verleiht dem feinen Wüstensand einen rötlichen Glanz, alles bekommt einen bronzenen Schimmer. Der Farbton scheint minütlich zu wechseln. Es ist so schön, hier könnte man Stunden verbringen.

Irgendwann ist die Sonne hinter dem Horizont verschwunden. Es wird gleich etwas kühler, also wieder rauf auf unsere Wüstenschiffe, die uns zusammen mit Mohammed sicher zurück ins Mohayut geleiten.
Der krönende Abschluss des heutigen Tages ist das leckere Essen,
 das wir im dicht bewachsenen Garten unseres Hotels einnehmen. Kleine Tische stehen in lauschigen Nischen, so dass jeder ein passendes Plätzchen für sich findet. Die Luft hier zwischen den Mauern ist immer noch angenehm warm, das Essen endlich wirklich landestypisch. Ganz toll.
Die wunder- schönen orienta- lischen Lampen, die überall in der Kasbah verteilt sind, beleuchten uns den Weg in unser Zimmer. Wir schlafen tief und fest.
Am nächsten Tag wollen wir uns Merzouga einmal genauer ansehen. Nachdem wir begleitet von reichlich
Vogelgezwitscher unser Frühstück wieder in dem kleinen Garten eingenommen haben, machen wir uns mit dem Suzuki auf den Weg. Weit ist es nicht, wir parken auf dem Marktplatz. Stellt euch unter Merzouga keinen Ort vor, wie ihr ihn kennt. Der Marktplatz gleicht einem umbauten Sandplatz, alles ist wirklich ganz einfach, zwar durchaus auf Touristen ausgerichtet, aber noch im Anfangsstadium.
Es gibt ein Café, tatsächlich das einzige das wir gesehen haben. Dort setzen wir uns auf einen der Plastikstühle und beobachten das Treiben aus dem Schatten heraus bei einem Minztee.
Besonders angetan sind wir von der Mühe, die man sich hier mit der Dekoration der Plastikblumen gemacht hat. Mit einfachsten Mitteln wird versucht das Café ein wenig zu verschönern.
Ein weiteres Highlight ist die Tankstelle, die versteckt zwischen zwei Gebäuden liegt. Wir beobachten die spielenden Kinder, die Männer, die in wehenden Gewändern mit ihren Mofas die Einkäufe erledigen, einen Fischhändler, der seine Waren ausfährt, ältere Herren, die im Schatten der Häuser in irgendwelche Spiele vertieft sind und vereinzelnd auch herumstreifende Touristen.
Natürlich landen auch wir irgendwann in einem der Shops, bekommen den unvermeidbaren Minztee serviert und und sämtliche Waren vorgeführt, die Touristen interessieren könnten. Wir kaufen eines der Berbertücher, ein paar Ohringe und gehen mit vielen guten Wünschen.

Ich bin mir sicher, Merzouga wird in zehn, achwas, wahrscheinlich schon in drei oder vier Jahren ganz anders aussehen. Schade drum.
Unserem Reiseführer  können wir entnehmen, dass es hier tatsächlich auch einen See geben soll, den Dayet sri, wo in regenreichen Jahren tatsächlich sogar Flamingos anzutreffen sein sollen. Allerdings scheint dieses Jahr nicht so regenreich zu sein, denn wir finden trotz intensiver Suche weder den See noch irgendwelche Flamingos. Also gehts zurück ins Mohayut, die Temperatur spricht ziemlich für einen Aufenthalt im Pool. Dort verbringen wir den Nachmittag auf
einer Liege im Schatten, lesend oder mit geschlossenen Augen bevor wir uns, diesmal zu Fuß erneut in die Wüste aufmachen. Wir haben noch etwas Wein von gestern über, nehmen Gläser mit und stapfen dann die Sanddünen hoch. Heute ist der Himmel leider ein wenig diesig, dafür sind aber keine Quads unterwegs.
Wir finden einen schönen Platz und setzen uns in den Sand, um noch einmal dem Sonnenuntergang zuzusehen. Allerdings haben wir diesmal einen Fan, mit dem wir nicht gerechnet haben. Während wir entspannt mit einem Glas Wein in der Hand die Sonne betrachten, kommt er direkt auf uns zu. Ein Mistkäfer.

Wahrscheinlich scheint er uns für eine Art Kamel zu halten und so sehr wir uns auch bemühen... er krabbelt immer wieder direkt auf uns zu. Vielleicht orientiert er sich anhand von Erschütterungen und sucht dort nach Mist. Den wir ihm nicht liefern können und auch nicht liefern wollen. Was ihn nicht zu beeindrucken scheint. Nachdem er irgendwann schon auf dem Schuh von Thias sitzt, haben wir die Nase voll und er wird arrestiert. Keine Angst, wir haben ihn nach dem Sonnenuntergang wieder frei gelassen.


Trotz Wolken verabschiedet sich die Sonne majestätisch in rotgoldenen Tönen. Wir befreien den Käfer, packen alles wieder in den Rucksack und wandern durch die Dünen zurück zu unserer Kasbah. Ein zweites Mal genießen wir das gute Essen in dem heimeligen Garten, flüchten dann aber vor einer lärmenden Gruppe Franzosen auf die Dachterrasse des Mohayut. Hier ist kein Licht an, das dem Sternenhimmel die Show stehlen könnte. Am samtschwarzen Himmel funkeln Millionen von ihnen, nichts übertrifft den Sternenhimmel über der Wüste. Kein Foto kann das widergeben, so kann man es nur im Kopf speichern und vielleicht telepathisch verschicken.
Wir gehen früh ins Bett, morgen müssen wir über 400 km nach M´Hamid schaffen, eine Strecke, die uns nach den Erfahrungen der letzten Etappen doch ein wenig Sorge bereitet.










1 Kommentar:

  1. Ja, Wüste macht süchtig... also mich zumindest. Und ich kenne inzwischen auch viele andere, denen es ähnlich geht. Das nächste Mal werden wir länger in der Wüste bleiben. LG

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