Ein wirklich gutes Gefühl morgens aufzuwachen, den Blick durchs Fenster über die irische See schweifen zu lassen und zu wissen, dass man ohne Morgengymnastik in eine komfortable Dusche steigen kann, beim Fönen im Spiegel erkennt was man mit seinen Haaren anstellt, und zwar ohne sich den Hals zu verrenken, und sich anschließend an einen gedeckten Tisch setzen kann. Das ist super!
So ein Gang über die Promenade kann ziemlich interessant sein. Llandudno scheint ein sehr begehrter Ort bei in irgendeiner Art gehbehinderten Menschen zu sein. Unmengen von Elektroscootern sind hier unterwegs, auf denen Personen verschiedenen Alters und Geschlechts in unterschiedlichen Geschwindigkeiten über die Promenade fahren. Begleitet von Hunden, joggenden Ehefrauen oder Menschen mit Gehwagen, einer sogar laut singend.

Am Ende der Promenade steht ein alter Bus, mit dem man eine Tour auf den Great Orm machen könnte. Wir werfen einen Blick hinein. Er sieht aus, als wäre er noch vor unserer Kindheit in Betrieb genommen worden.
Wir wollen allerdings nicht mit dem Bus hinauf, sondern mit der Seilbahn, angeblich die längste Großbritanniens, was wir uns anhand der Höhe des
Great Orm eigentlich nicht vorstellen können. Beim kurzen Aufstieg zur Station im Happy Valley Garden können wir einen Blick auf die 670 Meter lange Seebrücke werfen.
Dann zahlen wir unsere 8 £, auch kein Schnäppchen, für die Hin- und Rückfahrt und schon geht es los.
Ein angenehmer Wind bläst hier oben, während wir gemächlich dem Gipfel entgegenschweben. Die Seilbahn scheint uns in einem ähnlichen Alter, wie der Bus vorhin. Aber sie bringt uns sicher nach oben. Und gewährt uns dabei Blicke auf so seltsame Dinge, wie eine Sommerskistrecke.
Nicht, dass ihr euch nun irgendwas mit Schnee vorstellt, nein, weit gefehlt. Hier kann man sich die Bretter unterschnallen und wedelt dann auf irgendwelchen Matten den Hang hinunter. Was es alles gibt!
Oben angekommen finden wir die Aussicht dann doch eher entäuschend. Es ist ein wenig diesig, so dass der Nationalpark und auch die Isle of Man nicht zu sehen sind. Was wir allerdings sehen ist ein Minigolfplatzbesitzer, der auf den Knien rutschend, seinen Staubsauger hinter sich herziehend, seine Bahnen reinigt. Mit viel Engagement. Eine echte Show. Danach spielen die Doubles von Dudley Dursley, Uncle Vernon und Tante Petunia dort gemeinsam eine Runde Minigolf. Selten so gelacht.
Wir holen uns eine Cola aus dem verstaubt wirkenden Gipfelrestaurant, das augenscheinlich seit den späten Siebzigern keine Renovierung mehr erfahren hat. Die Essensgerüche mehrerer Jahrzehnte haben sich dort eingenistet, trotzdem sitzen einige Gäste in der miefigen, feuchtwarmen Gaststube. Wir gehen lieber raus, lassen uns im Schatten der Hauswand auf eine Wiese nieder und beobachten den Trubel um uns herum. Dann schweben wir mit der Seilbahn wieder hinunter, flanieren über den viktorianischen Pier, der irgendwie mehr an einen Jahrmarkt erinnert und machen uns auf den Weg zurück zum Guesthouse. Treffen dabei auf einen vollbärtigen Herrn in den Vierzigern, der ein rosa Tütü über einer Art Supermankostüm trägt, ein rotes Käppchen über einer leicht verfilzten Perücke und in einem Buggy einen häßlichen Kuschelaffen und ein Radio, das irgendeinen Hardrocksong plärrt, über den Pier schiebt.
Wohlgemerkt, es ist keine Junggesellenverabschiedung, der Herr ist ganz alleine unterwegs. Er gehört zu der angenehmen Auswahl skurill angehauchter Typen, auf die man hier trifft.
Zeit für eine Pause. Nach einem Kaffee in unserem Guesthouse verziehen wir uns an den Strand. Allerdings fragen wir vorher vorsichtshalber noch einmal nach, warum hier eigentlich kein Mensch im Wasser ist. Das haben wir auf dem Rückweg nämlich irritiert festgestellt.
Am Kiesstrand ist es leer, obwohl die Sonne ziemlich knallt. Wir bauen uns mit unserem großen Regenschirm einen Schattenplatz und balancieren dann über all die Steine ins Wasser. Die Temperatur ist in Ordnung, der Untergrund gewöhnungsbedürftig. Wirklich gruselig sind aber die Quallen, die wir kurze Zeit später entdecken, einige Exemplare durchaus ansehnlich. Spontan entscheide ich, dass ich genug gebadet habe.
Wir vertrödeln den Nachmittag am Strand, duschen danach noch ausgiebig und machen uns erneut auf den Weg die Promenade hinunter. Unser Ziel ist das Kings Head, ein Pub an der Station der Tramway, eine von drei Standseilbahnen, die es auf der Welt noch gibt. Die ist bereits über 100 Jahre alt und fährt ebenfalls zum Great Orm hinauf.
Wir wollen aber nur essen und unser Vermieter hat uns das Pub empfohlen. Eine gute Wahl, wie sich herausstellt. Man kann draußen sitzen, es gibt unendliche Sorten gezapftes Bier und das Essen ist echt lecker.
Satt und zufrieden schlendern wir zurück zum Guesthouse und setzen uns mit Buch und Wein auf eine Bank an der Promenade.
Abend- spaziergänger, lesen ein wenig und lassen die Kulisse auf uns wirken. Ein fast fauler Tag heute, so ganz ohne Autofahrt. Das wird morgen anders. In diesem Teil Wales befinden sich gleich mehrere Burgen, die Unesco-Weltkulturerbe sind. Also Zeit morgen mit den Besichtigungen zu beginnen.
Wir sind am nächsten Morgen die ersten in unserem Frühstücksraum. Kaum sitzen wir, da steht schon die Kanne mit frischem Kaffee und Orangen- und Grapefruitsaft auf unserem Tisch. Unsere Frühstücksfee ist wirklich toll, merkt sich die Vorlieben jedes einzelnen Gastes und hat für jeden ein paar Worte über. Außerdem ist sie in der Lage den Namen des Ortes auszusprechen, den wir heut als erstes anfahren wollen. Wir können ihn nicht einmal lesen.
Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch heißt der Ort. Übersetzt bedeutet das soviel wie Marienkirche in einer Mulde weißer Haseln in der Nähe eines schnellen Wirbels und der Thysiliokirche bei der roten Höhle. Das nenn ich mal einen Ortsnamen.
Viel mehr als den Namen hat der Ort dann aber auch nicht zu bieten, wie wir feststellen, als wir ihn nach einer halben Stunde Fahrt erreichen. Dass wir ihn überhaupt erreicht haben, verdanken wir unserer neuen Walesmap, die freundliche Dame im Navi wollte uns mal wieder geschickt dran vorbeileiten. Gut, dass wir ihr nicht grenzenlos vertrauen.
Den Namen dieses unaussprechlichen Ortes hat sich im 19. Jahrhundert übrigens ein Schuhmacher ausgedacht, um Feriengäste anzulocken. Hat geklappt, auf dem Parkplatz vor dem Bahnhof werden Busladungen voller kamerabewaffneter Touristen ausgekippt, die sich gegenseitig mit Bahnhofsschild in allen erdenklichen Posen fotografieren.
Auch wir machen unsere Fotos und uns dann wieder von dannen. Unser Hauptziel heute ist nicht weit entfernt. Beaumaris Castle, die letzte der Burgen Edwards I., die er errichten ließ, um künftige Revolten der zuvor besiegten Waliser schon im Keim zu ersticken.
Eine große Rasenfläche steht als Parkplatz zur Verfügung, natürlich gegen Bezahlung. Beaumaris liegt an der irischen See und ein leichter Wind weht vom Wasser herüber. Die im 13. Jahrhundert errichtete Burg liegt umgeben von grünem Nass und jedes Kind wird schon von ihrem äußeren Anblick fasziniert sein. Mit ihren runden Türmen gleicht sie den Spielzeugburgen, die von namenhaften Herstellern fabriziert werden.
Wir spazieren über die Brücke durch das massive Torhaus und stellen uns vor, wie es sich wohl anfühlen mag durch die Maueröffnungen mit siedendem Öl übergossen zu werden.
Es gibt eine innere und eine äußere Mauer, von der inneren Mauer hat man hat man einen guten Überblick über die Burganlage.
Nicht weit von Beaumaris entfernt liegt Puffin
Island, eine vorgelagerte Insel, die Kinderstube ist für zahlreiche Vögel und Meerestiere. Und wie der Name schon sagt, auch die Papageientaucher sollen dort brüten. Also buchen wir einen Bootstrip, warten mit einigen anderen am langen Pier von Beaumaris, beobachten dabei die zahlreichen Kinder mit ihren Eimern und Fäden beim Krebse fangen, augenscheinlich ein sehr verbreitetes Hobby hier, und dann gehts los durch Wind und Wellen Richtung Puffin Island.
Es weht eine anständige Brise, in den ersten Reihen spritzt die Gischt und sorgt für ordentliches Gejauchze.
Als erstes begrüßen uns die Kormorane und die Seehunde, einer sogar durch ausgelassenes Winken.
Unser Kapitän umrundet die Insel langsam, immer auf der Suche nach den heißbegehrten Papageien- tauchern. Es schaukelt ordentlich, was das Fotografieren nicht einfacher macht, auf manchen Fotos ist lediglich Wasser oder blauer Himmel zu sehen. Viele der Seevögel kennen wir nicht, aber sowohl in der Luft, als auch im Wasser wimmelt es nur so von Federvieh.
Den ersten Papageientaucher sehen wir nur, das ist schon mal super, können ihn aber nicht fotografieren, er ist zu weit weg unde verschwindet
erklommen, ist die Aussicht über das Städtchen, die umgebende Festungsmauer und das Meer einfach nicht zu übertreffen. Obwohl die Absicherung mich etwas erschrickt, kleine Kinder könnten hier mühelos überall durchfallen, muss ich sagen, dass ich selten eine Aussicht so genossen habe.
Wer also nur wenig Zeit hat und sich zwischen diesen vielen Burgen, die Edward I. hat bauen lassen, entscheiden muss, dem empfehle ich Conwy Castle. Dreißig Jahre Bauzeit, von 1277 bis 1307 und rund 15.000 £ Sterling, damals eine unvorstellbare Summe, brauchte es, um sie hochzuziehen. Der Wahnsinn!
Wir bleiben bis um 18 Uhr, dann wird die Anlage geschlossen. Danach bummeln wir runter zum Hafen, dort findet man das kleinste Haus Großbritanniens, wirklich schnuckelig. Die beiden kleinen Innenräune messen nur jeweils 2,75x1,53, haben also zirka jeweils 4 m². Zuletzt soll dort angeblich ein Fischer gewohnt haben, der 1,92 m groß war. Das kann kein einfaches Leben gewesen sein. Mit Sicherheit muss er Rückenprobleme gehabt haben, bei der Türhöhe!
Nach kurzer Suche finden wir einen versteckt liegenden, aber stark frequentierten fish & chips-Laden, holen uns zwei Portionen, dazu ein Bier aus dem benachbarten Pub und setzen uns damit, wie viele andere auch, an die Hafenkante. Die Möwen hoffen ebenfalls auf ein Festmahl, doch wir wissen uns zu verteidigen. Tatsächlich können wir beobachten, wie sie im Flug Passanten das Essen aus der Hand klauen. Jahrelange Übung wahrscheinlich.
Dann machen wir noch einen Verdauungsspaziergang auf der Festungsmauer, von wo aus man einen hervorragenden Blick auf Balkone und in verschieden Wohnungen hat. Ist bestimmt auch nicht der Hit, wenn dir die Touristen immer wieder in die Wohnung schauen können.
Schließlich haben wir runde Füße und machen uns auf den Rückweg zum Auto und dann in unser wunderbares Guesthouse. Zeit für eine Pause. Morgen ist auch noch ein Tag.