Eine Reise in die Vergangenheit - das Wikinger Museum Haithabu

Es sieht nicht aus, als würde hier heute noch irgendetwas anlanden. Außer der einen oder anderen Ente vielleicht. Doch ob ihr es glaubt oder nicht, gehen wir in der Geschichte so 1100 Jahre zurück, war das ein Platz an dem das Leben tobte. Haithabu!
Haithabu? Dieser Ort hatte in meinem Geschichtsunterricht irgendwie keinen Platz. Kam nicht vor. War mir deshalb in jungen Jahren nur bekannt aus einem Lied von Torfrock, in dem es heißt:
Neulichs in Haithabu, da saßen wir beim Met und überlegten, dass es so nicht weitergeht...
Mit dem Lied war dann klar, dass Haithabu  irgendwie mit den Wikingern verbunden war, doch dieser nebulöse Ort hätte für mich damals genauso gut auf Island oder den Faröer-Inseln liegen können.
Ich weiß nicht, warum wir in der Schule so wenig bis gar nichts über die nordischen Stämme lernten. Als hätte die Geschichte erst mit dem Christentum angefangen. Meine Vorstellung von den Wikingern fußte auf der Darstellung von Hollywoodfilmen und der Zeichentrickserie Wicki und die starken Männer. Doch Haithabu ist ganz anders.

Haithabu war vor allen Dingen eines: ein Handelsplatz. Man vermag es sich heute kaum vorzustellen, wenn man an diesem einsamen, nebeligen Ort steht. Auf der Schleswiger Landenge gelegen, gut geschützt 40 km landeinwärts an der Schlei und damals der erste Platz im Norden, an dem Menschen in einer stadtartigen Siedlung zusammenlebten. Heute sehen wir dort nur noch grüne Wiesen von einem wallartigem Ring umgeben. Doch vom 9. bis 10. Jahrhundert war hier der Hauptumschlagsplatz für Waren zwischen Skandinavien, dem Baltikum, Westeuropa und dem Nordseeraum. Fast dreihundert Jahre lang hatte Haithabu die Schlüsselposition im Warenumschlag zwischen Nord- und Ostsee inne, schließlich waren von diesem Ort nur 18 Kilometer Landweg zu bewältigen, um über Treene und Eider die Nordsee zu erreichen. Ein bißchen multikulti war sie auch, diese Handelsstadt, hier lebten Friesen, Dänen, Schweden, Norweger, Sachsen, Franken und Slawen beieinander. Auch ein arabischer Chronist, nämlich ein gewisser Ibrahim ibn Ahmed At-Tartûschi schreibt bereits um 965 einen Reisebericht über Haithabu, bezeichnet die Stadt als  sehr große Stadt am äußeren Ende des Weltmeeres. Ja, auf dieser grünen Wiese hat sie gelegen.


Heute befindet sich hier ein anhand der Originalbefunde erstellter kleiner Siedlungsausschnitt der ehemals pulsierenden Handelsstadt. Errichtet für das Wikinger Museum Haithabu.


Wer über die unebenen Bohlenwege zwischen den Lehmhäuser entlangschlendert, fühlt sich tatsächlich zurückversetzt in der Zeit. Man blickt hinein in das Haus des Kammmachers und erwartet ihn gleich seine Arbeit aufnehmen zu sehen.

Genauso ergeht es einem im Haus des Tuchhändlers, des Holzhandwerkers oder des Fischers.

 

In der großen Versammlungshalle, übrigens genau auf ihrem Originalplatz errichtet, wartet man auf lautes Gelächter und Stimmengewirr, während der Blick durch die Tür Richtung Wasser geht.


Hier am Wasser lag die Lebensader dieser Handelsstadt. Der Hafen. Die wichtigen Handelszentren dieser Zeit waren immer auch Hafenstädte. Die Hafenanlagen waren offene, vom Wasser durchflossene Pfahlwerke, heutigen Hafenanlagen nicht unähnlich. Kleine Landungsbrücken zeigten in die Bucht hinein, die durch immer umfangreichere Plattformen ersetzt wurden. Teilweise reichten sie bis zu 50 Meter hinaus und dienten nicht nur als Anlegestelle, sondern waren auch Marktplatz und Versammlungsort. Ein lebhafter, umtriebiger Ort. Mit einem blühenden Handwerk. Sie stellten Tuche, Kämme und Werkzeuge her und beherrschten die Schmiedekunst, fertigten Schmuck und begehrte Waffen.
Über all das informiert das Wikinger Museum Haithabu mit einer wirklich interessanten Ausstelung. Ein Fußweg von 15 Minuten trennt das Museum von den Häusern. 

Hier erfährt man vieles über das Alltagsleben, bekommt ein Gefühl dafür wie wichtig ein konstanter Frieden für eine blühende Handelsstadt ist. Verabschiedet sich vom Bild des ewig mordenden und plündernden Wikingers. Und von diesem seltsamen Helm mit Hörnern drauf. Erhält einen Einblick in die große Götterschar der Nordmänner, lernt Odin, Thor und Freya kennen und Odins Raben, Hugin und Munin. Stellt fest, dass die Rolle der Frau nicht so eingeengt war wie im späteren christlich geprägtem Mittelalter. Tatsächlich nahm von hier aus die Christianisierung des Nordens ihren Anfang. In Haithabu soll die erste Kirchenglocke geläutet haben. Anschaulich werden auch die unterschiedlichen Bestattungsmöglichkeiten aufgezeigt. Und zum Schluss steht man staunend vor den Resten eines Kriegsschiffes aus dieser Zeit. Siebzig Mann Besatzung fanden hier Platz. Eine tolle Ausstellung!
Haithabu ist inzwischen Geschichte. Leider eine, die viele nicht kennen. Im Jahr 1050 wurde die Stadt in einer kriegerischen Auseinandersetzung mit dem norwegischen König Harald (so heißen sie irgendwie alle...) Sigurdsson niedergebrannt und später von slawischen Truppen vollends zerstört. 
Ihr findet das Wikinger Museum Haithabu nahe Schleswig an der Bundesstraße 76. Der Eintritt kostet für Erwachsene 7 Euro, eine Familienkarte gibt es bereits für 15 Euro. 






2 Kommentare:

  1. So an die 10 Jahre ist es her, damals habe ich auch Haithabu besucht. Ich kannte es auch nicht, wir sind so ganz zufällig dort gelandet, als wir auf dem Weg von Husum nach Schleswig waren. Und es war total interessant, die Zeit war mir so fremd... ist sie eigentlich immer noch. Gerne möchte ich noch einmal hin.

    Wünsche Dir einen guten Start in die neue Woche!

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  2. Wenn du Zeit hast, fahr noch einmal hin. Wir waren auch schon einmal dort, so vor 15 Jahren, denke ich. Die Ausstellung ist total verändert und das nachgebaute "Haithabu" gibt es erst seit 2008, soweit ich weiß. Es wird dort immer noch gewerkelt, Backöfen aus Lehm gebaut, Schiffsnachbauten... und alles mit den handwerklichen Möglichkeiten der damaligen Zeit. Total interessant!
    Dir auch eine schöne Woche.

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