Island - der eisige Süden

Vorweg erstmal: lasst euch nicht durch den Titel irritieren. Islands Süden ist natürlich nicht unbedingt eisig. Also von den Temperaturen her. Doch im Süden-Osten dieser Insel reichen die Gletscher bis dicht an die Küste und auch im Sommer findet man hier Eis in all seinen Variationen.
Wir haben auch heute wieder Glück mit dem Wetter. Die Sonne strahlt am blauen Himmel, als wir unser Gästehaus am frühen Morgen verlassen. Weiter geht es auf der Ringstraße, immer entgegen dem Uhrzeigersinn. Die Landschaft verändert sich ständig, so dass wir tatsächlich manchmal minutenlang nur schweigend aus dem Fenster sehen. Einfach unglaublich! Unseren ersten Stop machen wir an einem Ort, der sich Laufskálavarða nennt. Wobei wir das vorher nicht wussten. Wir haben nur einen kleinen Parkplatz gesehen, auf dem ein paar Autos stehen. Bei genauerem Betrachten, stellen wir fest, dass auf einem kleinen Lavahügel unendlich viele Steinwarten errichtet sind, also, zu einem Turm geschichtet Steine. Was es wohl damit auf sich hat?
Alten Überlieferungen zufolge stand hier ein großes Gut, das im Jahr 894 bei einem verherrenden Ausbruch der Katla vernichtet wurde. Der Lavahügel trägt den Namen dieses Guts und einer alten Tradition entsprechend, errichtet jeder Reisende, der hier das erste Mal vorbeikommt eine Steinwarte. Das soll einem das Glück auf der Reise sichern. Dafür stellt das isländische Straßenverkehrsamt wohl extra Steine bereit. Natürlich errichten wir auch ein solches Türmchen, Glück auf unserer Reise können wir auf jeden Fall gebrauchen.
Weiter gehts durch eine Landschaft, die von Vulkanen geprägt wurde und wird, wie kaum eine andere. Während wir durch die riesigen Schuttflächen fahren, die die berüchtigten Gletscherläufe der unter dem Mýrdalsjökull gelegentlich brodelnden Katla hinterlassen haben, wird mir langsam klar, warum es auf diesem Streckenabschnitt nur so wenige bis gar keine Unterkünfte gibt. Hier scheint es nicht viel nutzbares Land zu geben und wer möchte sich mit der ständig drohenden Gefahr im Nacken hier etwas aufbauen?
Bis wir das Besucherzentrum des Gletscherparks Vatnajökull erreichen wechseln sich unglaubliche Landschaften ab. Und nachdem wir dieses nach einem kurzen Toilettengang wieder verlassen haben, wird es noch gigantischer. Apropos Toilettengang - hier ist ein kurzer Exkurs nötig. Island hat für alle Reisenden wunderschöne Picknickplätze an grandiosen Orten errichtet. Was aber fast überall fehlt, das sind öffentliche Toiletten. So bleibt dem Reisenden manchmal nichts anderes übrig, als hinter einem Felsen in der Natur zu verschwinden - wenn er einen solchen findet... Normalerweise habe ich damit auch überhaupt kein Problem. Die isländische Natur ist aber so einzigartig und so empfindlich, dass ich jedesmal ein schlechtes Gewissen hatte und natürlich akribisch jedes Fitzelchen Papier wieder eingesammelt habe. Doch bei der Masse an Touristen, die dieses Land inzwischen besuchen, bin ich mir nicht sicher, ob das tatsächlich jeder macht. Hier sollte man über andere Lösungen nachdenken.
Die erste Gletscherlagune, die wir erreichen, ist Breiðárlón. Ja, es gibt nämlich mehrere. Die Touristen versammeln sich an der bekannteren Jökulsárlón, der einzigen, die einen Zugang zum Meer hat. Hier treffen sich die Reisebusse, der Parkplatz ist voll, Amphibienfahrzeuge fahren auf der Lagune und es ist schwer eine ruhige Stelle zu finden. An der kleineren Lagune Breiðárlón stehen nur wenige Fahrzeuge, noch... denn es wird gerade ein Besucherzentrum gebaut, so dass es mit der Ruhe hier im nächsten Jahr sicher vorbei sein wird.

Wir sitzen am Kiesstrand in der Sonne, trinken unseren mitgebrachten Kaffee und freuen uns über die unglaublichen Wunder der Natur. Wie kann etwas so wunderschön sein?
Zur Jökulsárlón ist es von hier nicht mehr weit. Bekannt aus dem James Bond Film "Stirb an einem anderen Tag" ist sie nicht nur deutlich größer, es ist eben auch deutlich trubeliger hier. Als wir aus dem Auto steigen, schaut eine Robbe neugierig aus dem Wasser. Eisberge treiben unter der Brücke dem Meer entgegen, drehen sich dabei mit knackenden Geräuschen. Die auf der Lagune scheinbar still liegenden Eisstücke glitzern in unterschiedlichsten Blautönen, manche scheinen gar auf dem Wasser zu schweben. Eine Dame im viktorianisch anmutenden weißen Kleid entsteigt anmutig dem eisigen Nass. Natürlich für einen Fotografen und mit einem anständigen Neoprenanzug unter dem Kleid. Sonst würde sie diesen Aufenthalt wohl nicht überleben. Wir wandern am Ufer entlang bis zu der Stelle, wo die Amphibienfahrzeuge ins Wasser rollen. Schauen eine Weile zu und bemerken dabei einen jungen Mann, der von einem Steg in das Wasser der Lagune springt. Lebensmüde? Tatsächlich kann der menschliche Organismus das nur wenige Minuten aushalten. Doch so schnell wie der junge Mann im Wasser ist, ist er auch schon wieder draußen.


Wir setzen uns am Parkplatz auf die Wiese und verzehren unsere mitgebrachten Brote. Der Himmel hat sich ein bißchen zugezogen, leicht bewölkt beschattet er die Lagune. Es ist bereits später Nachmittag, Zeit sich auf den Weg zu machen. Unser nächstes Gästehaus liegt bei Höfn, die Strecke dorthin führt uns wieder durch grünere, lieblichere Landschaften. Allerdings sind wir etwas unentspannt, da unser Tank fast leer ist, die nächste Tankstelle aber erst kurz vor unserem Ziel an der Ringstraße liegt. Was für eine Erleichterung, dass unser kleiner Mietwagen es bis dahin schafft. Ein Tipp, den man auf Island beherzigen sollte, nutzt die Tankmöglichkeiten, die sich euch bieten. Es gibt Strecken, da sind Tankstellen Mangelware. 
In unserem Gästehaus Dynjandi begrüßt uns Inga, die mit ihren Eltern vor vielen Jahren von Hamburg nach Island ausgewandert ist. So viele gute Tipps wie hier, haben wir in unserem Urlaub nirgendwo bekommen. Am Abend gehen wir dann das erste Mal auf Island im Restaurant essen. Auch ein Tipp von Inga, das Z-Bistro in Höfn. Absolut leckeres Essen, großartiges Bier und mit umgerechnet 50 Euro vom Preis her durchaus noch im Rahmen.
Den nächste Tag beginnen wir mit einem ausgezeichneten Frühstück, um danach die Umgebung zu erkunden. Als erstes geht es über eine holperige Piste zu einer weiteren Gletscherlagune. Tatsächlich habe ich den Verdacht, dass man danach süchtig werden kann.
Wir haben heute strahlendes Wetter, der Himmel ist blau, Sonnenschein und 12° machen das Herz warm. Eigentlich genau richtig für so eine heiße Quelle. Die liegt auf dem Rückweg an der Strecke. Man zahlt einen Obolus in ein kleines Holzkästchen, kann sich in einer Hütte umziehen, im Freien duschen und dann geht es ab ins warme Wasser. Außer uns sind anfänglich noch ein paar andere Menschen in den unterschiedlich warmen Bottichen, am Schluss sind wir nur noch alleine dort. Schon ein besonderes Erlebnis im warmen Wasser zu sitzen mit Blick auf die grandiose Landschaft. Auf jeden Fall empfehlenswert.
Ein Wikingerdorf soll auch noch in der Nähe sein... also kein richtiges. Nein, eine Filmkulisse. Wobei ich nicht habe herausbekommen können, ob und welcher Film dort gedreht worden ist. Auf dem Weg dahin picknicken wir neben einem Feldweg, argwöhnisch beobachtet von einigen mißtrauischen Schafen. 

Das Wikingerdorf selber, das wir nach einem kurzen Spaziergang über einen stürmischen Weg erreichen, ist dann eher enttäuschend und auch als Filmkulisse nicht mehr wirklich zu gebrauchen. Wir wandern eine Weile zwischen den verfallenen Holzhäusern herum, immer mit der leichten Angst, dass die maroden Bohlen unser Gewicht nicht mehr halten werden. Was glücklicherweise nicht passiert. Irgendwann hat uns der fiese Wind so durchgepustet, dass wir froh sind, dass sich am Parkplatz ein kleines Café befindet, in dem wir uns bei einem ziemlich teuren Kakao mit reichlich Sahne aufwärmen können.


Aber erst nachdem wir noch einen Abstecher zum schwarzen Sandstrand gemacht haben. Manchmal soll man hier Robben sehen können, wir haben allerdings nicht das Glück. Doch der Strand selber ist schon eine Augenweide, auch wenn uns der Wind den feinen Sand ins Gesicht pustet, so dass wir ein kostenloses Peeling erhalten.
Zum Abschluss des Tages holen wir uns fish und chips an einem Wagen im Hafen von Höfn. Um die Urlaubskasse zu schonen, soll das Essen heute mal wieder etwas günstiger sein. Es pustet immer noch ordentlich und ist ziemlich kühl. Wir beschließen das Essen mitzuznehmen und im Gästehaus zu essen. Der gute Mann, der uns das alles in seinem Wagen zubereitet ist so gesprächig, dass er vergisst, dass wir nur eine Portion bestellt haben. Er macht uns zwei, die wir beide mitbekommen, aber nur eine bezahlen müssen. Ein netter Mensch.
Morgen geht es schon wieder weiter in den Osten der Insel. Mal sehen was uns dort erwartet.



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