Die meisten Leute, die Urlaub in Ägypten machen, findet man am roten Meer pauschalurlaubend in All-inclusive-Hotels. Das haben wir natürlich auch schon gemacht, man hat zuverlässig Sonne, Wärme, Wasser in Badetemperatur, Fische zum gucken und ist wunderbar umsorgt. Doch wenn ich an Ägypten denke, ist Hurghada nicht der Ort, den ich meine. Mein Ägypten liegt an den fruchtbaren Ufern des Nils. Diesem Fluss ohne den Leben in Ägypten nicht vorstellbar scheint. Der vor Jahrtausenden hier eine Hochkultur entstehen ließ, auf deren Spuren wir auch heute noch allerort stoßen. Deren Geschichte sich mir vor inzwischen 40 Jahren (Gott, bin ich alt...) irgendwie tief ins Herz geschlichen hat, so dass dieses Land für lange Zeit mein unereichtes Traumreiseland blieb. Und auch jetzt, wo ich schon viele Male dort war, kehre ich immer wieder gerne zurück.
Wir wohnen auf der westlichen Seite des Nils, der Seite der Toten. Warum die Seite der Toten? Die alte Stadt Theben mit ihren angeblich hundert Toren lag am östlichen Nilufer, hier lebten die Menschen, doch die Toten wurden im Westen bestattet, dort wo die Sonne untergeht, hier finden wir all die bedeutenden Gräber und Totentempel.
Heute findet man hier das eher ländlich geprägte Ägypten, manchmal auch ziemlich kreativ ausgestaltet, es ist meist ruhig und friedlich zwischen den irgendwie immer unfertigen Häusern. Unser Hotel liegt in einer kleinen, ungepflasterten Gasse, hier sind Hühner auf der Straße oder auch mal auf den Dächern, man hört die Rufe von Eseln und Kühen, Kinder spielen im Staub, Männer sitzen rauchend auf kippeligen Stühlen im Schatten, Katzen beäugen uns von den Mauern und der Ruf des Muezzin legt sich über das Ganze wie eine vertraute Decke.
Wenn wir nach Luxor hinüberfahren wollen, nutzen wir die Fähre. Touristen findet man hier nicht so viele, die meisten nehmen eher eines der Motorboote, um die Seite zu wechseln, wir aber zahlen gerne 1 ägyptisches Pfund ( zirka 0,05 € ) für die Fahrt, und sitzen dann auf Holzbänken zwischen winkenden Schulkindern, die uns freundlich angrinsen, kopftuchumhüllten Frauen mit prall gefüllten Einkaufstaschen und ins Gespräch vertiefte Männer in Galabiyas oder westlicher Kleidung. Die Fähre verkehrt 24 Stunden am Tag, günstiger kann man den Nil nicht überqueren.
Was man in Luxor machen kann? Das was man in den meisten Städten so macht, nämlich die Sehenswürdigkeiten besichtigen. Haben wir natürlich auch gemacht. Als erstes in den Luxortempel. Wir starten früh am Morgen, da es wenig Sinn macht bei 35° oder mehr durch die Tempel zu streifen. Stellen fest, dass sich seit unserem letzten Besuch doch einiges verändert hat. Die Wiederherstellung der schnurgeraden Sphinxallee, die einst den Karnaktempel mit dem Luxortempel verband, ist schon ziemlich fortgeschritten. Das zeigt sich auch darin, dass allein während unseres Aufenthaltes eine weitere Verbindungsmöglichkeit zwischen Nilufer und Innenstadt verschwand, der Übergang, den wir am ersten Tag noch nutzten, ist an unserem letzten Tag einfach weggerissen, Autos und Kutschen kommen nicht mehr hinüber, die Menschen klettern die Böschung allerdings noch hinab und wieder herauf. Die Stadtbevölkerung, die mit ihren Häusern, Moscheen und koptischen Kirchen für diese Verbindung wird weichen müssen, ist wahrscheinlich nicht so begeistert von diesem Vorhaben.
Über die Jahrtausende fanden auch die verschiedensten Religionen hier ein Zuhause, schon im alten Ägypten wurde die vielfältige Götterwelt einmal kurzfristig ausgehebelt, als Echnaton die Götter auf den einen Sonnengott Aton reduzieren wollte. Was nicht von Dauer war. An den Wänden des Tempels finden sich Überreste christlicher Kirchenmalerei, oben auf den Mauern thront die Moschee Abu el-Haggag. Zum Zeitpunkt ihrer Errichtung war der Luxor-Tempel nämlich unter dem Sand begraben.
Übrigens kann man diesen Tempel auch im Dunkeln besuchen, da er bis 21 Uhr geöffnet ist. Das haben wir auch gemacht und es ist auf jeden Fall empfehlenswert.
Den Karnak-Tempel muss man natürlich auf jeden Fall besuchen, das ist der Tempel der Superlative. Hier hat wohl jeder Pharao, der auf sich hielt, irgendetwas hinzugefügt, umgebaut, je nach Sympathie auch mal etwas abgeschlagen und durch seinen eigenen Namen ersetzt. Im Grunde genommen eine Jahrtausende währende Super-Baustelle. Als Tipp: Wer in Luxor weilt, sollte seinen Besuch so planen, dass er vor 10 Uhr liegt. Dann nämlich treffen die Reisebusse aus Hurghada mit Hunderten von Tagestouristen ein und der Karnak-Tempel sieht in etwa so aus...
Wer aber bereits um 6 Uhr zu Beginn der Öffnungszeit da ist, der kann fast allein zwischen den hohen Säulen herumstreifen. Allerdings muss man wissen, dass keine Ticketoffice morgens in der Frühe schon Wechselgeld hat, da ist Kreativität gefragt. Wir haben uns das Wechselgeld oft erst geholt, wenn wir den jeweiligen Tempel wieder verlassen haben, zuvor hatte der Ticketofficemann das auf unserem Ticket quittiert. Das hat jedes Mal großartig funktioniert.
Zwischen all diesen gigantischen Säulen des Karnak-Tempels, den 134 Papyrusbündelsäulen im Säulensaal, fühle ich mich vor allen Dingen... klein. Unvorstellbar, wie all das vor Jahrtausenden mit den einfachsten Mitteln errichtet wurde.
Wer hier übrigens die ausgetretenen Touristenpfade verlässt, findet auch im ansonsten vollen Tempel noch einsame Orte. Am heiligen See kann man entspannt sitzen und mit Blick auf denselben einen Kaffee trinken. Wir sind auf unseren Streifzügen auf den westlich gelegenen Chons-Tempel gestoßen, den wir nur mit zwitschernden Vögeln teilen mussten, sonst war dort kein Mensch unterwegs.
Hier muss in den vergangenen Jahren ordentlich restauriert worden sein, wirklich farbenprächtige Reliefs schmücken die Wände.
Fotografieren ist im kargen Tal der Könige und in den Gräbern streng verboten... es sei denn man hat ein Fotopermit. Das kann man vorher an der Kasse kaufen, wir haben das leider versäumt. Tatsächlich wird das auch stark kontrolliert und ich kann nur jedem davon abraten ohne Permit Fotos zu machen. Drei Gräber sind im Ticket inklusive, für die Besichtigung des Grabes von Tut-Anch-Amun zahlt man noch einmal extra.
Wo wir sonst noch so waren? Natürlich auch im Tal der Königinnen, an den Memnonkolossen, im Hatschepsuttempel, im Carterhouse und in meinem Lieblingstempel, dem Totentempel von Ramses III., Medinet Habu. Das ist nicht nur der größte heute noch erhaltene Tempel in Theben West, sondern auch der Tempel mit den am Besten erhaltenen Farben. Denn schließlich waren all diese Tempel früher mal richtig bunt, man kann es sich kaum vorstellen.
Ich denke, ihr habt jetzt genug Säulen gesehen, obwohl das wirklich nur ein Bruchteil dessen ist, was wir fotografiert haben. Und das was wir fotografiert haben, ist nur ein Bruchteil dessen, was man in und um Luxor herum finden und besichtigen kann. Wochen könnte man hier verbringen und hätte immer noch nicht alles gesehen...
Aber einen Tempel habe ich noch. Das Ramesseum. Den Totentempel Ramses II. Der mit der ewig langen Regentschaft. Von seinem Totentempel blieben leider eher bescheidene Ruinen erhalten. Doch gerade das macht den Reiz dieses Tempels aus. Er ist so unperfekt und man braucht ein wenig Fantasie, um sich vorzustellen wie er einst erhaben vor der grandiosen Kulisse der kargen Felsenwände stand.
Natürlich haben wir noch viel mehr gemacht. Einen Ballonflug zum Beispiel. Eine Felukenfahrt. Mit dem Fahrrad den Nil entlang, das ländliche Ägypten kennengelernt. Doch davon will ich dann später berichten. Wir lesen uns.
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