Meist fahre ich mit einer bestimmten Vorstellung von einem Reiseland in den Urlaub. Die Vorstellung resultiert aus vorherigen Reiseerfahrungen, Reiseführern über das Land, Berichten, die ich irgendwo mal gelesen oder gesehen habe, Unterhaltungen mit Menschen, die aus diesem Land kommen oder auch aus Fotos und Filmbeiträgen. In der Regel ist meine Vorstellung nicht so furchtbar weit von der Realität entfernt. Manchmal liege ich aber auch völlig daneben.
In diesem Sommer haben wir zwei Wochen lang die polnische Ostseeküste und Masuren bereist. Ist ja gar nicht so weit weg, habe ich gedacht. Ein Nachbarland, sozusagen um die Ecke... Tja, weit gefehlt!
Danzig |
Für die ersten knapp 400 Kilometer bis zur polnischen Grenze benötigen wir in der Frühe nur etwas über drei Stunden Fahrzeit. Dann aber erwarten uns polnische Landstraßen, in unterschiedlichsten Erhaltungsstadien, die durch jedes noch so kleine Kuhdorf führen, das sich auf dem Wege finden lässt und darüber hinaus mit Baustellen gespickt sind, wie ich sie bisher nur aus Südafrikaurlauben kannte. Eine sehr besondere und etwas lähmende Erfahrung, wenn eine Spur abwechselnd mit dem Gegenverkehr geteilt wird. Wartezeiten von einer halben Stunde sind da nichts ungewöhnliches, so dass wir für die verbleibenden 200 polnischen Kilometer bis Darłowo (dt. Rügenwalde) dann auch nochmal 5 Stunden brauchen. Wer mich und meine Ungeduld kennt, kann sich vorstellen wie begeistert ich grade von den vielen Baustellen war. Mein Verständnis für den Ausbau der polnischen Infrastruktur ist zu diesem Zeitpunkt eher zurückhaltend bis nicht vorhanden, auch wenn ich jetzt im Nachhinein nachvollziehen kann, dass die antiquierten Straßenverhältnisse an das jetzige Verkehrsaufkommen angepasst werden müssen. Doch so quählen wir uns hinter stinkenden Lastwagen mit Tempo 40 durch die Dörfer und ich fühle mich um Jahrzehnte zurückgeworfen in die Zeit meiner Kindheit...
Irgendwann am Nachmittag kommen wir aber schließlich an, beziehen unser Zimmer und machen uns mit den Fahrrädern auf den Weg zum Strand. Natürlich auch mit einer bestimmten Vorstellung im Kopf. Um dann kurze Zeit später mit den Rädern in einer Menschenmenge auf einer Art Jahrmarkt zu stehen. Was ist das?
Plüschtiere am Strand von Darłowo |
Und dabei über die nächste polnische Besonderheit stolpern. Ich will sie mal Ausflugskogge nennen. So ein Gefährt, augenscheinlich einer Hansekogge nachempfunden, dümpelt nämlich mit lauter musikalischer Beschallung an uns vorbei Richtung Hafeneinfahrt. Ob das Herrn Störtebeker oder einem etwaigen polnischem Pendant gefallen hätte? Ich bin mir nicht sicher.
Schloss von Darłowo |
Um unser nächstes Ziel - Łeba - zu erreichen, haben wir uns eine Alternativstrecke rausgesucht, natürlich auch alles Landstraßen, aber solche, die kleiner und deshalb weniger befahren sind. Löcher haben die zwar auch und zwar gar nicht mal so wenig, aber man kann diese häufig ganz alleine genießen. Erstaunlich, dass unsere Fahrräder auf ihrem Träger diese Schaukelei so unbeschadet überstehen.
Unterwegs machen wir einen Abstecher ins Freilichtmuseum Slowinzisches Dorf, das man in Kluki finden kann, einem verschlafenem Weiler mit vielleicht 300 Einwohnern. Eine alte Dame in oranger Warnweste winkt uns auf ihr Grundstück und bietet uns einen Parkplatz an, den Preis dafür zählt sie mit ihren Fingern ab, 5 Zloty sollen wir zahlen. Offizielle Parkplätze gibt es nicht und die wenigen Menschen hier verdienen sich damit etwas dazu.
Das Freilichtmuseum liegt auf beiden Seiten der kopfsteingepflasterten Dorfstraße verträumt in der Sonne, eingerahmt von einem alten Holzzaun. In den mit bunten Blumen geschmückten Gärten summen die Bienen, eine in Tracht gekleidete Frau sitzt mit einem Akkordeon vor einem der Fachwerkhäuser und spielt alte Weisen, Fischernetze sind zum Trocknen aufgehängt, an einer Stallwand stehen gebundene Garben im Schatten und der Duft von Getreidekaffee steigt uns aus einer offenen Tür in die Nase. Wir dürfen probieren und sitzen eine Weile auf einer Holzbank in der Sonne, neben uns trocknen die Torfballen fürs Feuer. Hach, wie beschaulich! So hatte ich mir Polen vorgestellt und sicher habt ihr Recht, wenn ihr jetzt denkt: wie naiv... Aber hier ist es einfach schön. So friedlich!
Es sind nur wenige Besucher hier, die meisten davon sind Polen oder haben auf jeden Fall einen polnischen Hintergrund. Damit haben sie den Vorteil, dass sie die Informationstafeln lesen können, die leider ausschließlich auf polnisch sind. Wir können das nicht und holen uns die Infos aus unserem Reiseführer. Bis zum Ende des 2. Weltkriegs lebten in dieser Gegend die Slowinzen, deren Alltagskultur hier in den restaurierten Höfen dargestellt wird. Wegen ihrer deutsch klingenden Nachnamen flüchteten viele von ihnen aus Furcht vor russischer Vergeltung.
In den kleinen Räumen, durch die wir streifen, gibt es für mich viel Vertrautes. Möbelstücke, Bilder, Haushaltsgegenstände erinnern mich an die Einrichtung meiner Großmutter, tickende Uhren und gehäkelte Möbeldeckchen lassen verschüttete Erinnerungen aufsteigen. Ein aus der Zeit gefallener Ort, dessen Besuch ich auf jeden Fall empfehlen kann.
Łeba entpuppt sich als Ostseetouristenort mit dem typischen Jahrmarktstrandleben, das so gar nicht unser ist. Wir sind froh, dass unsere Unterkunft ein wenig außerhalb am Yachthafen liegt, denn dort ist es vergleichsweise ruhig. Den ersten Abend nutzen wir, um uns mit einem Glas Rotwein den Sonnenuntergang von einer Ostseedüne aus anzusehen. Das ist übrigens nicht erlaubt - also das mit dem Alkohol am Strand, allerdings scheint sich hier niemand dran zu halten, wir auch nicht.
Der Hauptgrund unseres Aufenthaltes hier ist aber der slowinzische Nationalpark mit seinen Wanderdünen. Dorthin machen wir uns am nächsten Morgen mit unseren Fahrrädern auf den Weg. Knappe 8 km radeln wir durch Kiefern - und Mischwald, links von uns blitzt gelegentlich das Wasser des Jezioro Łebsko durch die Bäume, ab und zu überholt uns ein vollbesetztes Elektrofahrzeug, das die Touristen aus Łeba an den Fuß der Dünen bringt. Sechs Quadratkilometer groß soll das Dünengebiet inzwischen sein, die Dünen bis zu 40 Meter hoch und wandern tun sie bis zu 10 Meter pro Jahr. Wir sind schon ganz gespannt, als wir unsere Fahrräder am anschließen.
Steil gehts bergauf, das Laufen im feinen, weißen Sand ist ganz schön anstrengend. Oben angekommen kann man erst ermessen welch großes Gebiet diese Sanddünen bereits erobert haben. In weiter Entfernung stehen wie an einem Skihang Gruppen junger Leute, die sich gern mal in die Tiefe hinabtrudeln lassen.
Über die Dünen gelangt man irgendwann an den wunderbaren Ostseestrand, allerdings sollte man die Strecke nicht unterschätzen, man ist schon eine Weile unterwegs. Wir haben Badesachen mitgebracht und machen eine ausgiebige Badepause. Etwas zu trinken oder etwas essbares sollte man auch selber mitbringen, hier im Nationalpark gibt es glücklicherweise keinen Jahrmarkt am Strand und dementsprechend auch keine Getränke oder Speisen. Dafür weißen Sand, Wellen und kühles Ostseewasser. Ein Ausflug, der sich lohnt.
Auf dem Rückweg durch den Wald besuchen wir noch eine Art Raketenabschuss-Freilichtmuseum. Allerdings überzeugt uns diese Ausstellung überhaupt nicht. Alle Informationen sind lediglich auf polnisch und irgendwie wahllos wurden dort Raketen aus unterschiedlichsten Perioden ausgestellt. Manche rosten mehr oder weniger vor sich hin. Außerdem gibt es noch einen Aussichtsturm, dem die Aussicht fehlt und Militärfahrzeuge, die nichts mit Raketen zu tun haben. Und eine Menge Menschen, die jede Art von Waffen begeisternd finden. Wir suchen auf jeden Fall schnell wieder das Weite.
Den Abend verbringen wir dann im Yachthafen, essen etwas leckeres, während das unvermeidliche Piratenkoggenschiff in der Ferne vorbeidümpelt und mit seinen Bässen ganz Łeba beschallt. Oben im Mast tanzt ein Selbstdarsteller mit freiem Oberkörper - übrigens scheinen Polens Männer gerne ihren Oberkörper zu zeigen, und zwar unabhängig vom Bauchumfang - und feuert seine Mitreisenden an es ihm gleichzutun. Und ich wünsche mich kurzfristig in den Frieden des slowinzischen Freilichtmuseums zurück. Wo die Störche klappern, die Bienen summen und das ganze lediglich von Akkordeonklängen untermalt wird. Morgen gehts dann weiter Richtung Danzig. Mal sehen wie Polens größere Städte so sind.
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