Der Sani-Pass von Südafrika nach Lesotho - ein letztes Abenteuer

Unser Südafrikaurlaub ist inzwischen auch schon wieder Geschichte. Vier Wochen haben wir in unserem Lieblingsland verbracht, viele Orte zum zweiten oder dritten Mal besucht, viele Sachen das zweite oder dritte Mal gemacht. Wiederholungen vertiefen den Eindruck, Orte sind nicht immer gleich, Dinge ändern sich. Manches ist schöner, manches weniger schön, als beim letzten Mal, aber auf jeden Fall nie gleich.
Aber natürlich haben wir auch Neues in unsere Reiseroute eingebaut und davon will ich euch heute berichten. Wir haben im letzten Winter viel über den Sani-Pass gelesen. Das ist eine Passstraße, die den Osten Lesothos mit Südafrikas Provinz KwaZulu-Natal verbindet. Die einzige Passstraße übrigens. Und die führt hinauf in die Drakensberge auf eine Höhe von 2873 Meter über den Meeresspiegel. Unendliche viele Serpentinen warten dort auf den Reisenden, die letzten 1330 Höhenmeter werden auf einer Länge von 6,5 km mittels zahlreicher haarstäubender Haarnadelkurven überwunden. Damit ist der Pass der drittsteilste der Welt. Und natürlich ist er nicht asphaltiert, obwohl die Südafrikaner da tatsächlich zur Zeit dran arbeiten. Ohne Allradantrieb darf der Pass nicht befahren werden und das hat seine guten Gründe. Erst haben wir überlegt das Abenteuer organisiert anzugehen, aber nach Abwägen des Für und Wider haben wir uns dagegen entschieden. Wir hatten einfach keine Lust eng aneinandergepresst und schwitzend in einem Fahrzeug durchgeschüttelt zu werden, noch dazu ohne die Entscheidungsmöglichkeit an den Stellen zu halten, um zu fotografieren oder was auch immer, an denen wir das für richtig halten. Also haben wir für diesen Urlaub das erste Mal ein Allradfahrzeug gemietet. So eins, bei denen ich in Deutschland immer denke, wofür braucht man das hier? Für unsere Südafrikareise war es aber goldrichtig.
Auf dem Weg zu unserer Unterkunft in Underberg bekommen wir reichlich Regen ab. Für Südafrika toll, für Urlauber eher weniger und für das Befahren des Sanipasses schon mal gar nicht. Doch während wir in unserer schottisch anmutenden Unterkunft, der Umzimkulu River Lodge,  Nachmittags die Umgebung erkunden, reißt der Himmel auf, die Sonne lugt hinter den Wolken hervor und wir können die Regenjacken wieder beiseite legen.
Der Frühling hält hier gerade Einzug, überall grünt und blüht es, die männlichen Webervögel bauen eifrig an ihren Nestern, immer in der Hoffnung, dass ihre kunstvollen Bauten vor den Augen der Damen Gnade finden und nicht gleich wieder zerstört werden. Während unseres Spazierganges haben wir einen treuen Begleiter, der zur Lodge gehörige Hund, Pims, ist uns stets ein wenig voraus, als wolle er uns die schönsten Stellen des Grundstückes persönlich vorstellen. Die Katze der Lodge - Cleo ist ihr Name - ist dagegen selten draußen zu sehen. Sie hält sich bevorzugt in der Bar auf, entweder gleich direkt auf dem Tresen oder anmutig auf einem der Barhocker.
Die Lodge kann ich übrigens uneingeschränkt empfehlen, wir haben uns während unseres Aufenthaltes dort wirklich sehr wohl gefühlt.
Doch ich schweife ab. Wir waren beim Wetter, das sich grad deutlich gebessert hat. Und auch die Wettervorhersage für den nächsten Tag ist ausgezeichnet. Es soll ein klarer, sonniger Tag werden, also steht unserem Ausflug nach Lesotho nichts im Wege.
Um neun Uhr geht es los. Von Underberg führt die Strecke nach Himeville - übrigens ein sehr pittoresk wirkendes Städtchen - und hier befindet man sich bereits auf einer Höhe von 1500 Metern über dem Meeresspiegel. Die Bergkette der Drakensberge sticht ihre zackigen Gipfel in den blauen Himmel, die Luft ist klar und frisch. Kurze Zeit später ist Schluss mit Asphalt, die Holperstrecke beginnt. Allerdings führt sie uns erst einmal durch diverse Baustellen. Immer wieder müssen wir auf der schmalen Fahrbahn Baufahrzeugen ausweichen, stehen vor einem Stopschild oder müssen warten bis die Lastwagen ihren Sand abgekippt haben. Es tut sich was am Sanipass, Südafrika ist dabei diesen Pass zu asphaltieren, vielleicht ist das Abenteuer Sanipass in den kommenden Jahren gar kein Abenteuer mehr. Gut dass wir jetzt unterwegs sind. Allerdings gehen Kritiker davon aus, dass diese Arbeit frühestens 2026 oder auch gar nicht beendet werden wird. Was für die Anbindung Lesothos sicher nicht schön ist, für das Abenteuerfeeling aber schon.
Langsam schrauben wir uns höher, unser Ford Ranger tut zuverlässig das, was man von ihm erwartet. Wir werden ordentlich durchgeschüttelt, noch haben wir aber auch kein Allradantrieb zugeschaltet. Bis zur südafrikanischen Grenzstation auf 1900 Metern ist das auch nicht nötig. Hier muss man sein Auto verlassen, den Pass für das obligatorische Gestempel bereithalten und schon geht es weiter. Dann steht auch schon die erste Wasserdurchfahrt an. Nichts spektakuläres, nur das Regenwasser des gestrigen Tages, das sich in einer Senke gesammelt hat. Aber durchaus eine neue Erfahrung.
Die Ausblicke sind sensationell, das Geschüttel auch. Die Strecke ist schmal und steinig, an einigen Stellen ziemlich steil und schließlich ist der Zeitpunkt gekommen den Allradantrieb dazuzuschalten. Hach, was für eine Erleichterung. Der Wagen scheint sich fast selbständig stetig und langsam bergan zu schrauben. Wir nutzen fast jede Ausweichstelle um anzuhalten und den gigantischen Ausblick zu genießen. Unfassbar, dass wir soviel Glück mit dem Wetter haben. Übrigens haben wir unterwegs auch einige Wanderer überholt, die den Pass zu Fuß bewältigen wollen. Sicher auch kein Spaziergang, da lasse ich mich doch lieber durchschütteln.
Bevor man die Passhöhe erreicht, hat man die engsten Kehren mit den schwierigsten Steigungen vor sich. Hier muss außerdem der Gegenverkehr abgewartet werden, zwei Fahrzeuge nebeneinander sind in den Kehren gar nicht möglich, manchmal muss sogar zurückgesetzt werden, um die Wendung zu bewältigen. Zeit das Auge schweifen zu lassen und den anderen Fahrzeugen zuzusehen.
Nach knappen drei Stunden ist es dann aber geschafft! Wir sind oben! Auf 2873 Metern erwartet uns das Passschild und Lesothos Grenzübergang.
Die Grenzformalitäten sind schnell erledigt, noch dazu mit freundlichem Lächeln, das sind wir so gar nicht mehr gewohnt. Zeit den höchsten Pub Afrikas zu besuchen. Das Wetter ist so großartig, dass wir unseren "Gluhwein" sogar auf der Terrasse des Pubs trinken können. Eigentlich ist es fast zu warm für einen Glühwein, aber so ein Getränk auf 2873 Metern mitten in Afrika, das hat schon was. Untermalt wird das ganze von einer musikalischen Einlage einiger junger Basothos - so heißen die Einwohner Lesothos - die sich richtig ins Zeug legen. Eingehüllt in Decken, allesamt in Gummistiefeln überzeugen sie sogar ihren Hund davon mitzumachen.
Lesotho ist ein sehr armes Land. Aber auch ein Königreich. Eine parlamentarische Monarchie nämlich. Die meisten Menschen arbeiten unter einfachsten Bedingungen in der Landwirtschaft, die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Aidsrate ebenfalls. Alle Einwohner, die wir sehen, sind in eine Decke gehüllt und ihre Füße stecken in Gummistiefeln. Die Decke ist wohl so etwas wie ein Statussymbol, bei den hier häufig herrschenden Temperaturen aber darüber hinaus sicher auch eine Notwendigkeit. Warum aber die Gummistiefel? Ich kann mich aus meiner Kindheit nur an eisekalte Füße in Gummistiefeln erinnern. Der Wärmefaktor scheint also nicht der ausschlaggebende Faktor für ihre Benutzung zu sein. Vielleicht gibt es eine großartige Gummistiefelfabrik in Lesotho? Oder das Königshaus hat den Anspruch seine Bewohner mit Schuhen auszustatten? Und hat Gummistiefel gewählt? Ich weiß es einfach nicht.

Wir erkunden noch ein wenig die Umgebung. Die Menschen hier leben unter einfachsten Bedingungen in der kargen Umgebung. Irritiert sind wir deshalb über die Straßenverhältnisse hier oben in Lesotho. Eine wunderbar asphaltierte Straße schraubt sich noch höher in das Gebirge. Warum ist die hier? So viele Autos scheint es in Lesotho gar nicht zu geben. Irgendwann werde ich das nachlesen müssen.
Es wird Zeit wieder runter zu fahren. Eigentlich hatten wir hier oben eine Übernachtung gebucht, aber aufgrund eines Zwischenfalls musste die Lodge leider alle Reservierungen canceln. So bleibt uns keine Zeit, um mehr Eindrücke zu sammeln. Da müssen wir wohl noch einmal wiederkommen.
Bergab ist, obwohl kaum möglich, noch anstrengender als bergauf. Zwei Begegnungen werden mir dabei in Erinnerung bleiben. Ein vollbesetzter Toyota Kleinbus - sicher ganz ohne Allradantrieb und auch ohne Bodenfreiheit - kommt uns an einer steilen Strecke entgegen, muss wohl seinen Schwung ausnutzen und hält somit nicht an der Kehre, die tatsächlich Ausweichmöglichkeiten geboten hätte, sondern versucht irgendwie an uns vorbeizukommen. Was nicht klappt. Zentimeterweise schieben wir uns schließlich aneinander vorbei, während aus den offenen Fenstern des Busses lautstarke Musik die Bergwelt beschallt. Manchmal bestimmen die wirtschaftlichen Verhältnisse die Fahrzeugklassen. Und es muss halt irgendwie gehen. Apropos gehen. Das ist die zweite Begegnung. Ein alter Mann mit wettergegerbtem Gesicht, in die obligatorische Decke gehüllt und mit Gummistiefeln an den Füßen stapft uns entgegen die steile Strecke hinauf. Er hat Feuerholz gesammelt, das trägt er in den Armen hinauf nach Lesotho. Dort oben über der Baumgrenze gibt es kein Holz. Seine gesammelten Stöcke ragen soweit in die Straße, dass wir anhalten müssen, damit wir nicht dagegen stoßen. Was für ein mühsames Leben. Wir wissen oftmals nicht zu schätzen, wie priviligiert wir sind.
Endlich wieder auf der Asphaltstraße angekommen, stellen wir fest, dass sich der Himmel wieder zugezogen hat. Die Gipfel der Drakensberge sind inzwischen wolkenverhangen. Was haben wir doch für Glück gehabt!

(Werbung wegen Orts-, Hotel,- und Automarkennennung)


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