Wales II: Pentre Ifan, Newport, Fishguard und St. David

Der zweite Tag in unserer komfortablen Ferienwohnung beginnt, wie fast überall auf der Welt auch, im Badezimmer. Hier noch einmal eine Information für alle, die daran zweifeln, dass ein komplettes Badezimmer auf zirka einem Quadratmeter unterzubringen ist. Es geht! Allerdings ist es dann nicht mehr
unbedingt zweckmäßig. Ein Blick in den Spiegel wird zum Beispiel nur möglich, indem man sich mit einem Knie auf dem Klodeckel abstützt, den Kopf  vor der Wand positioniert und nach rechts guckt. Oder ihn kurzerhand abnimmt. Den Spiegel natürlich, nicht den Kopf. Was meine Wahl ist. Ich lege den Spiegel dann auch gleich wieder weg, da mir das Gesicht mit dem vom Bremsenstich zugeschwollenen Auge irgendwie nicht zusagt. Auf der Toilette sitzend, kann man die Knie auf der erhöhten Duschwanne abstützen, allerdings muss man zuvor einen Platz für seine Füße gefunden haben. Dafür muss man sich beim Duschen mit Duschstange und Vorhang arrangieren und wenn man die Haare waschen möchte, ein wenig in die Knie gehen. Ein Traum! Wir nehmen es mit Humor und betrachten das ganze als Morgengymnastik.

Pentre Ifan
Nach dem Frühstück machen wir uns auf den Weg, wiederrum geleitet von der samtweichen, aber bestimmten Stimme der Dame aus dem Navi. Unser erstes Ziel ist Pentre Ifan, eine 4500 Jahre alte jungsteinzeitliche Grabkammer und gleichzeitig der größte Dolmen Wales. Auch hier irritiert mich die Routenführung etwas. Eigentlich liegt diese Stätte etwas abseits der A 487, die wir auch gestern bereits gefahren waren. Diese kreuzen wir aber nur so drei- bis viermal und nutzen ansonsten interessante Singletrackroads, gesäumt von meterhohen Hecken, auf der jede Geschwindigkeit über 30 km/h selbstmörderisch wirkt. Man hat das Gefühl, man fährt dauerhaft durch einen Tunnel ohne Dach. Sehr besonders. Tatsächlich kommen wir auch auf diesem Weg an, allerdings dauert es ein wenig länger.
Von einem kleinen Parkplatz, auf dem nur noch ein weiterer Wagen steht, führt ein schmaler, durch ein Gatter gesicherter Pfad zu dieser Stätte bei den Preseli Hills.
Auf den umliegenden Grasflächen weiden die unvermeidlichen Schafe. Wir haben diesen Ort ganz für uns allein. Es ist kaum vorstellbar, wie Menschen vor 4500 Jahren diesen 5 Meter langen und 16 Tonnen schweren Deckstein so auf den spitz zulaufenden , aufrecht stehenden Steinen positionieren konnten, dass er auch heute noch hält. Die Steine stammen übrigens aus den umliegenden Preseli Hills, genauso wie die 31 Monolithe in Stonehenge, die damit über die unglaubliche Entfernung von 386 km transportiert werden mussten.
Newport Castle
Wir verlassen diesen magischen Ort nach einer ausgedehnten Pause. Wollen weiter über Newport und Fishguard in Richtung des etwas entfernt liegenden St. Davids. Nachdem die Dame im Nawi uns erneut auf die Tunnelstraßen leiten möchte, wird sie kurzerhand abgewürgt. Sie scheint eine Vorliebe dafür zu haben. Wir fahren nach Karte, machen einen kurzen Stop in dem pittoresken Städtchen Newport, das unterhalb einer kleinen normannischen Burg liegt und bummeln ein wenig durch die Straßen.Hier findet gerade ein Bauernmarkt statt und wir decken uns mit frisch gebackenem Brot, Ziegenkäse und Schinken für ein Picknick am Wasser ein.


Von Fishguard oder Abergwaun, wie es auf walisisch heißt, gehen die Fähren nach Irland. Außer dem modernen Fährhafen gibt es dort aber auch noch einen alten Fischereihafen in der lower Town. Hier wurden Szenen von "Moby Dick" und "unter dem Milchwald" gedreht und hier machen wir Picknick auf einer Bank und betrachten dabei die wechselnden Nebelszenarien über dem Wasser der irischen See. Es hat etwas mystisches wie Landstriche und Wasser abwechselnd auftauchen und wieder verschwinden. Wir beschließen unser Picknick mit einem leicht überteuerten Eis von dem auf dem Parkplatz bereitstehendem Eiswagen und fahren dann weiter Richtung St. Davids. Die Dame aus dem Navigationssystem hat vorläufig Redeverbot, wir fahren mit Karte.

Die Kathedrale von St. Davids
Finden auch damit hin, obwohl diese ADAC-Übersichtskarte auch nicht gerade der Hit ist. Unser Auto stellen wir auf dem Besucherparkplatz ab, die Parkgebühren, die uns übrigens den ganzen Urlaub begleiten werden, sind relativ moderat.
Die Kathedrale, die aus dem 12. Jahrhundert stammt, wirkt schon von weiten imposant und beeindruckend. Beim Näherkommen stellen wir fest, dass sie heute wegen einer Trauerfeier der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist. Das ist echt schade, denn das Innere soll noch beeindruckender sein. Wir sind ein wenig enttäuscht, aber es nützt ja nichts und so wenden wir uns den Ruinen des Bishops Palace zu.
Hier an diesem Ort gründete St. David ( walisisch Dewi Sant ) bereits im 6. Jahrhundert ein Kloster.  Der ehemalige Bischofssitz ist heute nur noch eine Ruine, doch man kann die frühere Pracht immer noch erahnen.

















Der Eintrittspreis ist mit 3,50 £ pro Person nicht zu teuer und die Anlage bietet interessante Durchblicke und Aussichten. Es gibt auf dem Gelände verteilt Informationstafeln auf englisch und walisisch, die sich nicht nur lesen lassen, sondern auf Knopfdruck den Text auch vorlesen. Unsere erste Begegnung mit der gesprochenen walisischen Sprache lässt uns staunend zurück. Eine ganz besondere Sprache, für deren Klang mir nichts wirklich vergleichbares einfällt.


Gebaut wurde dieser Palast für den Bischof Henry de Gower, der von 1327-1347 hier Bischof war und dessen Räumlichkeiten für das Mittelalter  erstaunliche Ausmaße hatten. Wir schlendern eine ganze Weile hindurch, machen gefühlte 500 Fotos und lassen das ganze auf uns wirken.
Danach stellt sich die Frage, Stadtbummel oder Strand? St. Davids ist ein wirklich hübscher, einladender Ort, wie wir beim Durchfahren gesehen haben. Wir entscheiden uns aber trotzdem für Strand, schließlich sind wir schon eine ganze Weile unterwegs und es ist ziemlich warm. Laut unserem Reiseführer findet sich in der Nähe die Whitesands Bay, dort wollen wir hin. Da unsere ADAC-Karte das nicht hergibt, hat die Dame im Nawi einen erneuten Einsatz und führt uns auch ordentlich dorthin.
Wir finden auf dem Parkplatz noch eine Lücke, dürfen auch gleich wieder 2 £ dafür bezahlen, und verbringen zwei gemächliche Stunden am Strand. Es herrscht gerade Ebbe, das Wasser ist ziemlich weit entfernt, der Strand nur mäßig bevölkert und von See her kommt ein leichter Wind. Mein Badeversuch scheitert am kalten Wasser, dabei bin ich da eigentlich nicht so empfindlich. Gemeinsam mit mir ist eine Jugendgruppe aus einer nahegelegenen Jugendherberge im Wasser, die sich laut quietschend gegenseitig mit dem kühlen Nass bespritzen. Ich verziehe mich wieder auf unsere Decke und beobachte die Wanderer, die den hier entlangführenden Pembrokeshire Coast Path, einem der spektakulärsten Fernwanderwege in Großbrittanien, entlang wandern. Er folgt der gesamten Küstenlinie und soll gigantische Ausblicke bieten. Wir treffen immer wieder auf Menschen mit Wanderschuhen, Stöcken und Rucksäcken, die Britten sind ein wanderfreudiges Volk.
Irgendwann brechen wir auf, um in unser kleines Cottage zurück zu fahren. Leider haben wir vergessen das Nawi mit unserer genauen Adresse zu füttern und können nur den Ort, Mynachlogddu, eingeben. Die Strecke, die wir dann fahren ist gar abenteuerlich, unendliche Tunnelstraßen, und ohne eine vernünftige Karte in keiner Weise nachzuvollziehen. Dann verkündet die Dame mit der samtweichen Stimme plötzlich: Sie haben ihr Ziel erreicht. Ach?! Tatsächlich? Irgendwie ist uns das hier nicht so wirklich bekannt. Der eine oder andere Hügel sieht ähnlich aus, Schafe gibt es hier auch, aber sonst...? Den Ort Glandy Cross, bei dem wir von der A 487 abgebogen sind und von wo wir den Weg wüssten, kennt die Dame leider auch nicht. Wir müssen improvisieren. Geben ein anderes Ziel ein, von wo aus Glandy Cross erreichbar ist, und finden auf Umwegen dann doch zurück.
Es ist spät, die Mücken begrüßen uns herzlich. Während wir das Essen zubereiten und versuchen zu lüften, ohne allzuviel Mücken Einlass zu gewähren, freuen sich die Insekten ebenfalls auf ihr Mahl. Wir essen schnell und räumen dann alles wieder ein. Ich vermute mal, die Mücken sind enttäuscht. Aus dem Fenster können wir beobachten, wie ein neuangekommenes Pärchen im Moor sitzend versucht, diese Blutsauger zu ignorieren. Es gelingt ihnen nicht wirklich und sie wirken aus der Ferne ein wenig unentspannt.
Nachdem wir eine Kerze unter dem Schälchen mit Citronelladuftöl entzündet haben, verziehen wir uns ins Bett, um noch ein bisschen zu lesen. Das Bett in der höhlenartigen Nische ist tatsächlich das einzige Highlight dieser Ferienwohnung, groß, bequem und irgendwie heimelich.
Morgen gehts nach Tenby. Das mit dem Essen hier müssen wir morgen irgendwie anders regeln.



2 Kommentare:

  1. Bei der Grabkammer war ich auch, hab mich dauernd gefragt, wie das wohl halten kann, mein Mann hat mir dann etwas physikalisches erklärt, was ich mir nicht gemerkt hab.
    Und St. Davies war ein wunderschönes Fleckchen, genau mein Geschmack, muss auch noch mal einen Post darüber schreiben.

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  2. Nicht wahr? Es gibt so unendlich viele schöne Fleckchen in Wales, die schafft man nicht in einem Urlaub... aber das macht ja nichts, wir können ja nochmal hinfahren :)

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