Barcelona mit 3 Generationen - das Kloster Montserrat

Ich bin euch noch einen Barcelonareisebericht schuldig, so kurz vor Weihnachten ist das mit der freien Zeit ja immer so eine Sache, aber hier ist er nun endlich.
Der letzte Tag vor unserer Abreise ist ein Sonntag, den wir für einen Besuch des Klosters Montserrat verwenden wollen. Das soll hoch oben in einer fantastischen Felslandschaft zirka 40 Kilometer außerhalb Barcelonas liegen und das bedeutendste Wallfahrtziel Kataloniens sein.
Wir stehen früh auf, da wir bereits um 9.36 Uhr vom Plaza de España mit dem FGC-Nahverkehrszug (Ferrocarrils de la Generalitat de Catalunya) Linie R5, Richtung Montserrat fahren wollen. Milena hatte am Abend zuvor einen sehr detaillierten Reisebericht im Netz gefunden, in dem mehrfach darauf hingewiesen wurde, dass man für das Auffinden des Abfahrgleises im Bahnhof reichlich Zeit einplanen sollte, da das sehr schwer zu finden sei. Nun, das können wir nicht sagen. Raus aus der Metro, eine kurze Frage an drei Herren von der Bahn, zweimal abbiegen, und schon waren wir da. Vielleicht haben wir einfach Glück gehabt.
Am Infostand erhalten wir eine Broschüre, Tickets gibt es nur am Automaten, neben dem ein Angestellter zur Unterstützung der oft hilflos davor stehenden Touristen steht. Allerdings zahlen alle, für die er die Knöpfe drückt, 27,50 € für das Kombiticket. Soviel wollen wir nicht zahlen, schließlich haben wir uns schlau gemacht und das ganze soll nur 19,90 € kosten. Und tatsächlich, in dem Kombiticket ist noch einmal eine Fahrt hinauf auf den Gipfel oberhalb des Klosters enthalten, da wollen wir gar nicht hin. Nachdem wir das dem guten Mann verständlich gemacht haben, erhalten wir die richtigen Tickets. Darin enthalten ist die Bahnfahrt und die Fahrt mit der Seilbahn hinauf bis zum Kloster. Es gibt auch noch die Möglichkeit mit einer Zahnradbahn hinaufzufahren, wobei allerdings zu
beachten ist, dass man, je nachdem welche Möglichkeit man gewählt hat, an unterschiedlichen Stationen aussteigen muss. Ja, einfach kann jeder. Wer die Seilbahn gewählt hat,







steigt an der "Aeri de Montserrat" aus, die Zahnradbahner nehmen die "Cremallera de Montserrat". Es gibt tatsächlich in der Warteschlange an der Seilbahn einige arme Tröpfe, die das nicht wissen und so eine lange Zeit umsonst anstehen, um dann wieder weggeschickt zu werden.
Die Seilbahn wurde übrigens im Jahr 1930 von einer Leipziger Firma gebaut. Wie mühselig muss es zuvor gewesen sein zum Kloster hinaufzukommen.
Es gibt nur zwei Gondeln, die abwechselnd hinauf und hinunter fahren. Da aber relativ viele Personen in eine Gondel passen, geht es schneller, als wir anfänglich erwartet haben. Wie gesagt, es ist Sonntag, deshalb ist es wahrscheinlich besonders voll hier oben. Mountainbikefahrer ohne Ende um uns herum, scheint eine beliebte Strecke zu sein. Im Schnellrestaurant, das wir als erstes besuchen, schon wegen der sich dort befindlichen Toiletten, stehe ich 15 Minuten für Getränke an, da die arme Kraft hinter dem Tresen alleine ist und jeden bestellten Kaffee einzelnd mit der Esspressomaschine aufbrühen muss. Das dauert! Dann aber sitzen wir mit unserer Cola auf der Terrasse und genießen den wunderbaren Blick über die Landschaft.
Das Kloster von Montserrat selbst ist architektonisch keine besondere Sehenswürdigkeit, aber die Kulisse, in die die Gemäuer hineingebaut wurden, gibt dem ganzen das gewisse Etwas. Viele der Touristen reisen nur wegen der Statue der Schwarzen Madonna, Schutzpatronin Kataloniens, an. Die Figur aus dem 12. Jahrhundert trohnt über dem Hochaltar in der Basilika des Klosters. Ihr zu Ehren werden täglich von rund 50 Chorknaben der "Escolania de Montserrat" der Internatsschule des Klosters kirchliche Gesänge angestimmt. Die Gesänge haben wir verpasst, dafür aber werden auf dem Vorplatz katalanische Tänze aufgeführt.
Wir setzen uns eine Weile zu den Zuschauern auf den Treppen und sehen zu. Traditionen scheinen hier noch gelebt zu werden, die unterschiedlichsten Altersklassen sind an der Aufführung beteiligt, von kleinen, vielleicht dreijährigen Mädchen bis zu älteren Damen ist alles vertreten.

Danach besuchen wir die Basilika des Klosters, in der sich auch die schwarze Madonna befindet, der so allerlei Wundertaten zugeschrieben werden. Wir wundern uns allerdings mehr über die Länge der Warteschlange und beschließen heute auf die Wunder der aus Olivenholz geschnitzten Dame zu verzichten. Man kann auch einfach nur in die Basilika gehen.
Wirklich beeindruckt haben mich die Leuchter im Eingangsbereich, vor allen Dingen der mit Trinkhörnern verzierte. Irgendwie wirkte er fast ein wenig deplatziert in einem Gotteshaus, ich hätte ihn eher im Langhaus eines Wikingerdorfs vermutet.
Wunderschön anzusehen sind auch die in farbigen Plastikbechern brennenden Kerzen, die hier wie es scheint zu tausenden an den Wänden aus Felsgestein flackern. Jede Kerze ein Wunsch? Oder eine Fürbitte? Manchmal überlege ich auch eine anzuzünden. Aber ich bin nicht katholisch. Ich weiß nicht einmal, ob ich mich als gläubig bezeichnen würde. Also lasse ich es und erfreue mich an den Kerzen der anderen Leute.
Wir erfahren, dass zur Zeit der Franco-Diktatur vom Kloster Widerstand geleistet wurde. Trotz Verbot wurde hier weiterhin Katalanisch gesprochen und auch die Messen auf Katalanisch gehalten. Außerdem hat man hunderte Verfolgte des Franco-Regimes hier versteckt, so dass mehr als 20 Mönche deswegen hingerichtet wurden. Dieser Widerstand macht das Kloster heute zu einem wichtigen Symbol der katalanischen Selbstverständlichkeit. Vielleicht ist es auch deswegen so voll hier.
Am Nachmittag verlassen wir das Kloster samt seiner beeindruckenden Bergwelt mit der Leipziger Seilbahn wieder. Mit dem Zug geht es zurück nach Barcelona. Tja, nun ist unser Kurzurlaub fast vorbei. Wir spazieren von unserem Apartment noch zum Hospital de la Santa Creu, das nur eine viertel Stunde entfernt liegt, um die Fassade im katalanischen Jugendstil zu bewundern.
Krankenhäuser sehen bei uns in der Regel anders aus. Dieses hier ist in der Tat beeindruckend. Abends gehen wir noch einmal schön essen. Es hat sich etwas zugezogen, der Wind ist aufgefrischt und die Temperaturen sind gefühlt irgendwie niedriger, als an den vergangenen Tagen. Sollte sich der Sommer jetzt hier auch verabschieden? Nun, dann fällt uns der Abschied vielleicht nicht so schwer. Barcelona ist auf jeden Fall eine Reise wert. Vielleicht sogar zwei. Es spricht viel dafür noch einmal wiederzukommen.





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