Madeira 2 - blumige Insel im Atlantik - sonnige Tage und Wanderungen

Der Neujahrsmorgen 2019 begrüßt uns immer noch mit leichtem Regen. Doch der Himmel sieht irgendwie heller aus, vielleicht nur, weil wir es glauben möchten. Irgendwo im Osten über dem Meer scheint es sogar einen blauen Streifen zu geben. Beim Brunch im Hotel können wir sehen, dass die unterhalb unseres Hotels am Strand laufende Küstenpromenade komplett unter schwarzem Sand begraben ist. Immer noch rollen einige der hohen Wellen über sie hinweg und schirmbewaffnete Menschen in bunten Regenjacken versuchen ihnen hüpfend und springend auszuweichen.
Nachdem wir ausgiebig gegessen haben, beschließen wir dem blauen Streifen am Himmel entgegen zu fahren. Dort im Nordosten liegt die Ponta de São Lourenço, die wir bereits vom Flieger aus sehen konnten. Im Gegensatz zum Rest der Insel soll es hier relativ niederschlagsarm und auch baumlos sein. Wir hoffen, dass das gute Wetter dort zuerst ankommt und wir haben tatsächlich Glück.
Mit dem Wetter ist das auf Madeira ja so eine Sache. Gleich bei unserer Ankunft riet uns der freundliche Herr an der Rezeption, bevor wir uns auf Wanderschaft begeben, erst ihn oder die Wettervorhersage zu kontaktieren. Denn wenn in Funchal die Sonne scheint, kann es an der Nordküste durchaus wie aus Eimern schütten. Manchmal hängen die Wolken in den Bergen fest und man ist dort in dicken Nebelschwaden unterwegs. Obwohl die Insel mit zirka 30 x 50 Kilometern nicht sehr groß ist, hat sie in Punkto Wettervielfalt reichlich zu bieten. Aber nicht nur in dieser Hinsicht.
Wir brauchen mit dem Auto etwas über eine halbe Stunde, um  den kostenlosen Parkplatz zu erreichen, der Ausgangspunkt für diese beliebte Wanderstrecke ist. Natürlich sind wir nicht alleine dort, viele Menschen scheinen die gleiche Idee gehabt zu haben und der Parkplatz ist bereits relativ voll. Die Wanderung wird als leicht bis mittelschwer beschrieben - was auch immer das heißen mag - für die einfache Strecke werden 1,5 bis 2 Stunden veranschlagt. Wir sind eigentlich eher Wanderneulinge und machen noch bevor wir losgehen aus, dass wir nur so weit gehen, wie ein jeder von uns mag.
Also Fleecejacke an, Kamera umhängen, Regenjacke,Wasserflasche, ein paar Nüsse und eine Salami in den Rucksack und los gehts. Erstmal ein kleines Stück über einen Hügel rechts des Parkplatzes, um die schöne Aussicht zu genießen und die vielen kleinen Steintürmchen zu bewundern, die, von wem auch immer, dort errichtet wurden.
Los gehts. Über einen Holzsteg und dann erst einmal immer bergauf. Die Wege sind gut befestigt und auch für uns nicht Trainierte gut zu bewältigen. Blümchen blühen zwischen den Felsen, die Ausblicke sind phänomenal. Sonne und Wolken wechseln sich ab, wir klettern stetig rauf und runter, weichen Entgegenkommenden aus und stoppen, um zu fotografieren oder zu Atem zu kommen. Herrlich ist es hier!
Eine kurze Pause, ein Stück Salami für jeden, das mit reichlich Wasser heruntergespült wird. Wir klettern noch ein wenig weiter, während der Himmel sich langsam wieder zuzieht. Hallo? Was soll das jetzt? Zwischendurch überlege ich, ob es irgendwo eine Möglichkeit gibt, hinter einem Busch zu verschwinden. Allerdings mangelt es hier an Büschen und auch passende Felsen kann ich im Moment nicht erspähen. Wobei durchaus spektakuläre Exemplare um uns herum existieren. Die sich nur für meine Zwecke eher weniger eignen.
Nach etwas über einer Stunde und vielleicht der Hälfte des Weges beschließen wir umzudrehen. Die ersten untrainierten Beine fühlen sich durch das Gekraxel ein wenig butterweich an, die Salami hat nicht jeden gesättigt und der Himmel sieht auch nicht mehr so richtig gut aus. Wir müssen es beim ersten Mal ja auch nicht übertreiben! Also zurück zum Parkplatz! Was keine schlechte Entscheidung ist, allerdings hätten wir sie besser so eine Viertelstunde früher treffen sollen. Dann wären wir trocken beim Auto angekommen. So aber können wir die Erfahrung machen, dass sich Wanderpfade innerhalb kürzester Zeit in Sturzbäche verwandeln können und auch die besten Regenjacken in manchen Fällen einfach nicht wirklich trocken halten. Von Jeans, Schuhen und Rucksäcken mal ganz zu schweigen. Da ist noch Luft nach oben bei unserer Ausrüstung...
Als wir am Auto ankommen, hört der Regen freundlicherweise wieder auf. So durchfeuchtet beschließen wir erstmal zum Hotel zurückzufahren, um uns zu trocknen und umzuziehen. Komplett versteht sich.
Den Abend verbringen wir in Funchal, bummeln ein wenig durch die Stadt, wundern uns, wie bereits in Lissabon, über die teilweise ziemlich verfallenen Gebäude, die einen morbiden Charme verströmen und erfreuen uns außerdem an der sehr besonderen Weihnachtsbeleuchtung, die hier noch überall zu finden ist. Apropos finden, es ist uns sogar gelungen einen der raren Parkplätze in der Altstadt zu ergattern. Noch dazu kostenfrei, da ja heute ein Feiertag ist. Was für ein Glück!
Natürlich finden wir auch ein nettes Lokal - was nicht so schwer ist angesichts der Auswahl - und probieren eines der Nationalgerichte Madeiras, den Degenfisch mit Banane, der übrigens ausgezeichnet schmeckt. Vorab einen leckeren Poncha - auch so etwas, was es nur hier zu geben scheint - eine sehr schmackhafte Mischung aus Aguardente (Zuckerrohrschnaps) Zitronen- oder Orangensaft und Honig. Ein insgesamt ereignisreicher Tag findet hier einen angenehmen Ausklang.
Der Plan für den nächsten Tag bei passender Wetterlage ist das Erkunden der Nordküste. Wir wollen mit unserem Mietwagen bis Porto Moniz fahren und wenn dann noch genug Zeit ist, durch das Gebirge zurück. Das ganze möglichst auf den eher kleineren Straßen, da sieht man mehr. In den letzten Jahren wurden hier auf Madeira sehr viele Straßen und vor allen Dingen Tunnel gebaut - man hat manchmal das Gefühl mehr unter als über der Erde unterwegs zu sein, so ein wenig wie in den Höhlen von Moria, nur moderner - was für Inselumrundungen und das schnelle Vorankommen natürlich hervorragend ist. Davon abgesehen gefallen mir die kleinen Straßen besser, allerdings können die auch spontan mal mit Felsbrocken auf der Fahrbahn und Schlaglöchern ungeahnten Ausmaßes in derselben aufwarten. Das Wetter ist uns freundlicherweise wohlgesonnen, wir starten früh bei strahlend blauem Himmel.
Wir entscheiden uns den Encumeada Pass zu nehmen, statt minutenlang in einem unter dem Berg hindurchführenden Tunnel zu verschwinden, was sich als gute Idee herausstellt. Der Pass bietet eine hervorragende Aussicht, mehrere Levadawanderwege starten von hier, doch für heute haben wir andere Pläne und trinken lediglich einen Kaffee draußen in der kühlen Luft in einem Gasthaus am Weg, bevor es wieder in Serpentinen hinuntergeht.
Auf dem Weg nach Porto Moniz treffen wir immer wieder auf die alte Küstenstraße, die an der Steilküste zu kleben scheint. Allerdings ist sie überall gesperrt, was angesichts des mit Steinen übersäten, schmalen Asphaltstreifens wahrscheinlich auch besser ist. Wir machen einen kurzen Abstecher zum Hafen von Seixal, an dem sich außerdem ein idyllisch in der Sonne funkelndes Meeresschwimmbecken befindet. Es ist inzwischen so warm geworden, dass ich meine Jeans gegen Shorts tausche und kurzfristig ernsthaft darüber nachdenke, mich zu Wasser zu lassen.
Apropos Wasser, in demselben wohnen hier sehr farbenfrohe Krabben, die gar nicht mal so klein sind. Dieses Prachtexemplar scheint sich auf den Felsen zu sonnen, was ich ihm aufgrund der angenehmen Temperatur keineswegs verdenken kann. Die sehen schon sehr besonders aus...
Porto Moniz fahren wir hauptsächlich an, weil wir uns das sehr schöne Meeresschwimmbecken ansehen wollen. Und vielleicht auch darin schwimmen gehen, zumindest haben wir Badesachen mitgenommen. Dieses Fischerdorf liegt an der nordwestlichen Spitze von Madeira und soll normalerweise ziemlich schutzlos dem hier sonst eher unwirtlichem Wetter und dem tosenden Atlantik ausgeliefert sein.
Heute allerdings spülen keine Atlantikwellen ihr Wasser ins Becken, spiegelglatt und opalgrün liegt es vor uns. Wir erspähen auch einen einsamen Schwimmer, der zwischen den Felsen seine Bahnen zieht, während wir unsere mitgebrachten Brote verzehren. Wer hier schwimmen möchte, braucht übrigens keinen Eintritt zu zahlen, wer Glück hat, kann sogar mit Schnorchel und Tauchermaske ausgerüstet ins Becken hineingespülte Fische beobachten.
Wir entscheiden uns trotzdem dagegen uns dem einsamen Schwimmer anzuschließen, da wir den Rückweg über die ER209 durch die Hochebene Paul da Serra machen und evtl. noch ein wenig wandern wollen. Und das ganze natürlich möglichst, solange es noch hell draußen ist.
Während wir uns über enge Serpentinen langsam in die Höhe schrauben, kommen wir immer wieder an Aussichtspunkten vorbei, die einen spektakulären Blick auf die felsige Küstenlinie ermöglichen. Wir halten schließlich am Forsthaus von Fanal, weil in der Ferne ein Gleitschirm am Himmel seine Kreise zieht. Vernünftige Schuhe an und die Fleecejacke locker um die Hüften gebunden oder im Rucksack verstaut, machen wir uns auf den Weg.
Überall stehen hier Stinklorbeerbäume - obwohl ich keineswegs finde, dass die irgendwie stinken. Normalerweise soll es hier eher nebelig, als sonnig sein und etwas mystisches an sich haben. Feenwald nennen viele diesen Ort, die uralten Bäume sind moosbewachsen, Flechten und Farne schmiegen sich an ihre Äste oder wiegen sich im leichten Wind. Während wir langsam bergauf stapfen, liegen diese Baummethusalems im strahlenden Sonnenschein, was sie natürlich nicht weniger schön macht.
Oben angekommen bietet sich eine wunderbare Aussicht auf die Nordküste Madeiras. Wir schauen eine Zeit lang einem Gleitschirmflieger zu, der sich auf den Absprung vorbereitet. Er prüft sein Equipment penibel, ordnet Seile, rüttelt hier einmal, ändert dort etwas, bevor er sich todesmutig in die Tiefe fallen lässt, um dann elegant schwebend Richtung Meer durch die Lüfte zu gleiten.
Wir dagegen machen uns langsam auf den Rückweg, trinken an der Küste noch einen Kaffee, kaufen im Supermarkt etwas Essen ein und verbringen den Abend bei Kerzenschein und Rotwein auf unserem Riesenbalkon. Von unserer Woche sind immer noch drei volle Tage über. Mal sehen, womit wir diese füllen werden. Vielleicht lesen wir uns...



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