Essen im Dunkeln - ein ungewöhnliches Erlebnis

Dieser Bericht wird fast ohne Fotos auskommen. Denn sie wären eh nur schwarz gewesen. Wir haben einen ungewöhnlichen Ausflug unternommen, an einem regnerischen Samstagabend sind wir in die Hamburger Speicherstadt gefahren, um etwas zu essen. Was ist daran ungewöhnlich, fragt ihr euch jetzt? Wir konnten unser Essen nicht sehen. Nur riechen und schmecken. Ja, richtig! Wir waren bei Dinner in the Dark.
Seit dem Jahr 2000 existiert die permanente Ausstellung Dialog im Dunkeln in der Hamburger Speicherstadt. So ist es inzwischen fast 20 Jahre her, dass ich diese Ausstellung das erste Mal besucht habe. Eine Erfahrung, die ich einige Male wiederholt habe und wegen ihrer besonderen Intensität nie vergessen werde. Sie gibt uns Sehenden einen Einblick in die Welt der Blinden. Kleine Gruppen von höchstens 8 Personen werden von einem blinden oder sehbehinderten Guide durch die stockfinstere Ausstellung geführt. Man erhält einen "Blindenstock" und erkundet mit vorsichtigen Schritten diese ungewohnte dunkle Welt. Man spürt die unterschiedliche Bodenbeschaffenheit unter den Füßen, man nimmt die Umgebungsgeräusche viel intensiver wahr, man tastet sich zögerlich durch diese besondere Ausstellung, ist manchmal froh über eine Schulter, an die man sich hängen kann oder eine sprachliche Orientierungshilfe. Eine ganz besondere Erfahrung, bei der man Menschen an ihren Stimmen erkennen lernt und seine Sinne völlig neu entdeckt.

Auch das Dinner in the dark wird inzwischen seit etlichen Jahren im Dialoghaus angeboten. Trotzdem haben wir es als Hamburger bisher nicht geschafft, dort einmal zu speisen. Doch unter dem Tannenbaum befand sich im letzten Jahr eine Essenseinladung für dieses besondere Event und so standen wir, leicht nassgeregnet, schließlich im Foyer des Dialoghauses. Unser Guide holte uns vor dem Ausstellungsbereich ab, prüfte unsere Eintrittskarten, versah uns mit den Blindenstöcken und los ging´s in die inzwischen ein wenig vertraute Ausstellung. Bei einem Stop in einer Bar, in der man erst einmal einen freien Stuhl finden musste, kann ein Getränk geordert werden. Hierbei empfiehlt es sich, dieses in der Hand zu behalten, es kommt durchaus vor, dass der ein oder andere es mit einer schwungvollen Handbewegung vom Tisch fegt. Die Vorspeise, drei verschiedene Salate in kleinen Gläschen, wurde uns an Stehtischen in einem belebten Stadtteil - vielleicht St. Pauli - gereicht und wir konnten feststellen, dass es gar nicht so einfach ist, diese mit einer kleinen Gabel unfallfrei  in den Mund zu befördern. Auch bei der Bestimmung der Salatinhalte gab es durchaus unterschiedliche Wahrnehmungen. Lediglich vom Geruchs- und Geschmackssinn abhängig zu sein, scheint das Erkennen von kalten Speisen zu erschweren.

Im Restaurant angekommen, wurden wir an unseren bereits eingedeckten Tisch gebracht. Auch hier galt es den Abstellplatz der bestellten Getränke im Auge... nein im Sinn zu behalten, damit kein Malheur passiert. Mit dem ersten Teller, der aus der Küche herangetragen wurde, war klar, was es zum Dinner geben würde, der intensive Geruch von Rotkohl verbreitete sich im Restaurant. Tatsächlich konnten wir darüber hinaus auch den Duft der Rouladen erschnüffeln, was ich zuvor nicht für möglich gehalten hätte. Die Kartoffelklöße waren dann eindeutig am Geschmack zu erkennen und auch an Festigkeit und Konsistenz beim Zerteilen auf dem Teller. Insgesamt war das Essen hochwertig und ausgesprochen lecker, wir haben es sehr genossen. Noch mehr genossen haben wir es aber unsere sonst nicht so beachteten Sinne zu nutzen und so viel über die Welt der Blinden herausfinden zu können. Eine sehr besondere, großartige Erfahrung!

Das Dinner in the Dark wird am Freitag und Samstag angeboten, startet ab 19 Uhr und kostet zur Zeit 69 Euro. Ich wünsche euch viel Spaß bei einem Besuch.

(Kostenlose Werbung, da Ortsnennung und Ausstellungsnennung)


2 Kommentare:

  1. Ich hatte bisher leider nur das Vergnügen in solch einem Lokal etwas zu trinken. Essen würde ich aber auch gerne einmal im Dunkeln, um eben die anderen Sinne mal bewusster wahrzunehmen.

    Liebe Grüße
    Isabelle

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    1. Tatsächlich ist das zusammen mit dem Rundgang wirklich zu empfehlen. Vielleicht schaffst du es ja irgendwann mal 😊

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