Kuba 1 - Havanna - Perle der Karibik

Kuba liegt im Trend. Ich höre es aus allen Ecken. Ich lese es in vielen Blogs. Auch in den Sozialen Medien. Viele scheinen in den letzten Jahren dort gewesen zu sein. Viele haben noch vor dahinzufliegen. Was fasziniert so an dieser Karibikinsel? Ist es das karibische Lebensgefühl? Ist es der Einblick in ein isoliertes kommunistische System, das sich dem Tourismus öffnet? Ist es einfach nur ein Badeurlaub?
Auch wir haben uns auf den Weg gemacht. Mit einer bestimmten Vorstellung im Kopf. Mit vielen Informationen aus Reiseführern, Blogs und Youtube-Videos. Vielleicht habt ihr Lust uns zu begleiten. Auf dieser Reise in eine andere Welt. Mal sehen, ob all die Klischees in unseren Köpfen der Wahrheit entsprechen.
Um 2.45 Uhr mitteleuropäischer Zeit heißt es aufstehen. Wir fliegen von Hamburg über Amsterdam nach Havanna. Allerdings müssen wir in Hamburg am Flughafen unsere Visa vorzeigen. Jeder Tourist benötigt für die Einreise nach Kuba ein Visum. Das erhält man über seinen Reiseanbieter oder über die kubanische Botschaft. Tatsächlich muss auf dieser Touristenkarte aber ein Stempel des jeweiligen Reisebüros sein. Ist bei unseren leider nicht drauf. Schreck in der Morgenstunde, was nun? Doch die Flughäfen sind vorbereitet, am Tui-Schalter können wir unkompliziert ein Neues erstehen. Mit Stempel des Reisebüros.
Danach klappt alles ohne Probleme. Drei Stunden Aufenthalt in Amsterdam, dann 10 Stunden Flug und wir sind im Landeanflug über der Karibik. Die Farben des Meeres sind bereits aus dem Flieger wirklich beeindruckend. Zuvor haben wir sorgfältig unsere Visa und die Einreiseerklärung für den Zoll ausgefüllt, die dann am Flughafen tatsächlich niemand so richtig sehen will. Genauso wenig wie die Bestätigung der Auslandskrankenversicherung in spanischer Übersetzung. Überhaupt sind die Einreiseformalitäten nicht mal halb so schlimm wie gedacht. Ein kurzer Blick auf Pass und Visa, einmal in die Kamera schauen, jemand sammelt die Zollerklärung ein und schon stehen wir hinter der Absperrung. Finden unseren Taxifahrer - der Transfer wurde vom Reiseanbieter organisiert - müssen aber noch schnell Geld tauschen. Schnell wird schon mal nichts, von den vier Maschinen, an denen man Bargeld tauschen kann, funktioniert nur eine, es geht quälend langsam voran. Die spanische Bedienungsanleitung ist irgendwie nicht selbsterklärend, jeder Nutzer braucht die Unterstützung der jungen Dame, die gelangweilt danebensteht. Wahrscheinlich hält sie Touristen inzwischen für eine selten dumme Spezie, sie hat kein Lächeln mehr für uns übrig. Irgendwann haben wir dann aber unsere CUC (das ist die Touristenwährung, auf Kuba gibt es nämlich zwei unterschiedliche Währungen, doch dazu später mehr), nur um beim Rausgehen festzustellen, dass sich außerhalb des Terminals eine Wechselstube befindet, inklusive dafür vorgesehenem Personal. Unser Taxifahrer ist wahrscheinlich Kummer gewohnt, er hat die ganze Zeit entspannt und ohne murren auf uns gewartet.
In Havanna ist es inzwischen 16 Uhr, in Hamburg zur selben Zeit 22 Uhr. Sechs Stunden Zeitverschiebung! So sind wir schon ein wenig müde, als auf unserer Fahrt zu unserer Casa Particular in Havanna Vieja das kubanische Alltagsleben an uns vorbeifliegt. Es hat kurz zuvor einen tropischen Regenguss gegeben, riesengroße Pfützen stehen auf den Straßen. Es spritzt zu allen Seiten, wenn Oldtimer, gelbe Taxen, altertümlich anmutende Lastwagen, Motorräder russischer Bauart, mit und ohne Beiwagen, gerne auch mal voller Bananen, durchs Wasser fahren, Pferdekutschen finden sich zwischen all den Fahrzeugen, Menschen halten Pappen über ihre Köpfe, um sich vor dem Regen zu schützen, der immer noch nicht völlig aufgehört hat. Kinder spielen mit einem zerfledderten Ball auf einem Platz Fußball, Menschen tragen ihre Einkäufe nach Hause.
Wir sind angekommen. Havanna Vieja - die Altstadt von Havanna. Hier liegt unsere Casa Particular. Was das ist? So etwas wie ein Gästehaus oder Bed and Breakfast. Eine Möglichkeit außerhalb der Hotels bei Kubanern zu übernachten. Diese müssen hierfür eine teure Lizens erwerben und dürfen dann einen Teil ihrer Häuser an Touristen vermieten. Für Urlauber eine Möglichkeit in Kontakt mit dem kubanischen Alltagsleben zu kommen, für die Kubaner eine lukrative Einnahmequelle.
In der kleinen Gasse, in der noch die Pfützen stehen, sind Häuser eng an eng, viele in unterschiedlichsten Stadien des Verfalls. Zu unserem Zimmer geht es reichlich schmale Stufen hinauf, es liegt auf gleicher Höhe wie die Dachterrasse, die sich widerrum irgendwie zwischen den Häusern mit Blick auf andere Wohnungen, Baustellen und scheinbar unbewohnten Ruinen befindet.

Wir gönnen uns eine kurze Pause, von der schnell angestellten Klimaanlage beweht. Wenig später machen wir uns aber erneut auf den Weg - ignorieren unsere von der Zeitverschiebung rührende Müdigkeit - und erkunden die Gassen der Altstadt.
Landen schließlich in einem Paladar - das ist ein privat geführtes Restaurant - auf einem kleinem Balkon mit schmiedeeisernem Gitter und Blick auf das Treiben in den Gassen. Lauschen den Klängen einer kubanischen Combo, während wir den ersten Mojito trinken und unser kubanisches Essen verspeisen. Am Ende des Abends haben wir nicht nur ihre CD gekauft, sondern auch mit ihnen getanzt. Hola Cuba, wir sind angekommen.

Trotz des schmalen Bettes und des tobenden Lebens in den Gassen um uns herum, haben wir gut geschlafen. Vielleicht wegen des leckeren Mojitos? Wir frühstücken in der Küche unserer Casa, reichlich Früchte, gepressten Saft, Eier, so eine Art Brötchen, Butter und Marmelade. Ein Frühstück, das sich auf unserer Reise ziemlich beständig wiederholen wird. Übrigens mit immer der gleichen Art von Brötchen und für diejenigen, die keine Eier essen, auch gerne mal ohne Frühstücksteller. Manchmal gibt es auch Käse, selten Schinken dazu. Eine der Frauen in der Küche spricht ein wenig Englisch, erklärt uns die Früchte, welche mit und welche ohne Schale zu verzehren sind und fragt nach den Kaffeewünschen. 
Nach dem Frühstück holt uns ein junger Mann zu einem Stadtrundgang ab. Er hat Übersetzer studiert, spricht deshalb ein ziemlich flüssiges Deutsch und führt uns die nächsten Stunden mit interessanten Geschichten durch die Straßen und über die Plätze von Havannas Alststadt. Viele der großen Plätze sind restauriert, die Häuser strahlen in bunten Farben in der Sonne. In den Gassen aber sieht man immer noch reichlich Gebäude, an denen die blasse Farbe von den Wänden blättert und die in den verschiedensten Stadien des Verfalls einen ganz eigenen morbiden Charme versprühen. Was für uns Touristen irgendwie pittoresk erscheinen mag, ist aber für Havannas Bevölkerung Alltag, sie leben innerhalb dieser zerbröckelnden Mauern. Manchmal wirken die Balkone, als würden sie nur noch aus Gewohnheit an der Fassade kleben und bei der kleinsten Berührung zu Staub verfallen. Einigen Häusern scheint genau das zugestoßen zu sein, aus riesigen Schutthaufen ragen einsam noch einzelne Mauern empor. Doch auch in den verfallenen Mauern wohnen noch Menschen, flattert Wäsche auf den Leinen, spielen Kinder im Staub.
Zur Mittagszeit sind wir ziemlich erschlagen von all den Eindrücken und der tropischen Hitze und froh, dass wir in einem klimatisiertem Restaurant - erneut eines der privaten Sorte - eine Pause machen können. Das Essen ist super, der Service großartig und wir haben reichlich Zeit mit unserem Guide über Kuba zu plaudern. Wir erfahren, dass seine Ausbildung nichts kostet, er aber verpflichtet ist für einen bestimmten Zeitraum an bestimmten Tagen für die staatlichen Tourismusorganisationen zu arbeiten. Die Privaten zahlen allerdings deutlich mehr. Langsam werden uns die Tücken dieses Systems bewusst. Die Paralelwelten. Die Unterschiede zwischen denen, die in der Tourismusbranche vom Boom profitieren und denen, die ihre Arbeit außerhalb dieses Bereiches haben. Sie müssen mit dem staatlichen Einkommen ihr Auskommen haben. Und das ist wahrlich nicht hoch, liegt umgerechnet irgendwo zwischen 20 und 50 CUC. Wir werden nachdenklich. In diesem Land profitieren alle von der kostenlosen Bildung, der kostenlosen ärztlichen Versorgung und den Libretas, Lebensmittelmarken über die jeder Bürger etwas Öl, Kaffee, Reis, Bohnen, Nudeln, Eier, Hackfleisch oder Hähnchen erhält. Doch nur einige haben die Chance auf mehr Einkommen, diejenigen die irgendwie im touristischen Bereich tätig sind. Das führt zu der absurden Situation, dass wirklich hervorragende Fachkräfte, wie Ärzte als Kellner in Restaurants arbeiten. Da wird sich Kuba wohl noch etwas einfallen lassen müssen.
Am Nachmittag starten wir dann gemeinsam mit unserem Guide zu einer Stadtführung im Oldtimer, ein unvergessliches Erlebnis. Diese Oldtimer prägen Havannas Straßenbild und wahrscheinlich ist es nur dem Improvisationstalent und Erfindungsreichtum der Kubaner zu verdanken, dass diese alten Fahrzeuge trotz des Embargo der USA, dem Zerfall des ehemals wichtigstem Partner, der Sowjetunion und dem Zahn der Zeit immer noch laufen. Eigentlich unglaublich. Die bunten Oldtimer haben inzwischen Preise von bis zu 70.000 CUC, sind sie doch der Einstieg in eine bessere Welt, denn dank ihnen ergeben sich völlig neue Einkommensmöglichkeiten. 
Wir fahren den Malecon entlang, diesen berühmten Boulevard am Meer, den ich tatsächlich eher enttäuschend finde. Eine Mauer am Meer, eine staubige Asphaltstraße, von Zauber keine Spur. Vielleicht liegt das aber auch im Auge des jeweiligen Betrachters. Wir fahren durch Viertel mit prächtigen Villen in üppigen Gärten, besichtigen Parks, in denen riesige Ficusbäume Schatten spenden. Kein Vergleich zu unseren erbärmlichen Zimmerpflanzen.
Zum Schluss stehen wir auf dem wenig ansprechenden Platz der Revolution, wo die riesigen Konterfeis von Che Guevara und Camilo Cienfuegos an sozialistischen Bauten prangen. Die riesige Asphaltfläche des Platzes wirft die Hitze um ein vielfaches zurück. So sind wir dann schließlich froh, als wir in der Altstadt wieder aus dem Auto steigen können. Unser Guide hilft uns noch beim Geld abheben und Telefonkartenkauf, bevor er sich verabschiedet. Wir werden in Kontakt bleiben.
Zeit für eine Pause in unserem klimatisiertem Zimmer - man muss sich zwischendurch einfach mal runterkühlen - bevor wir uns am Abend erneut auf den Weg machen. Wir suchen das Café Paris, stolpern dabei über einen parkähnlichen Platz, auf dem jede Bank besetzt ist von Menschen, die auf ihr Handy starren. Ah, das muss einer dieser Etecsa-WiFi-Plätze sein, auf denen man mit Rubbelkarte ins Internet kommt. Wir finden noch eine freie Bankecke, rubbeln vorsichtig die Telefonkarte frei - mit einem gefalteten Geldschein, bei Münzen kann es passieren, dass die Geheimzahlen verschwinden und auf ewig geheim bleiben - und stellen fest, dass das mit dem Intenet hier gar nicht so schwer ist und überaschenderweise gut klappt.
Das Essen im Café Paris ist eher unterer Durchschnitt, wahrscheinlich handelt es sich hierbei auch um eines der staatlichen Restaurants, der Mojito ist großartig und auch ohne Zucker zu haben, die Musik ist wunderbar. Menschen bleiben stehen, tanzen auf den Gehwegen, zeigen dabei lächelnd ihre Zahnlücken und bewegen sich auf eine unnachahmliche Weise. Die gute Laune ist ansteckend, die Musiker begeisternd. Ein wirklich toller Abend!
Ein Tag bleibt uns noch in Havanna, bevor es mit dem Mietwagen nach Vinales weitergeht. Wir wollen zur Calejon de Hamel, die außerhalb der Altstadt im Stadtteil Centro liegt, in etwa zwei Kilometer Entfernung von unserer Unterkunft. Hierbei handelt es sich um eine Art Zentrum der afrocubanischen Kultur, Kunst und ihrer Religionen. Ein Künstler hat hier im Jahr 1990 begonnen diese Häuserzeile mit quietschbunten Graffitis zu bemalen. Heute wird hier getrommelt, Rumba zelebriert und überhaupt nehmen Musik, Kunst und der Santeria-Kult einen großen Raum ein. Das wollen wir uns ansehen. Wir beschließen den Weg dorthin zu Fuß zu machen, da wir uns noch mehr Eindrücke vom Alltag der Menschen in Havanna erhoffen. Eine gute Idee, so können wir bei Autoreparaturen zusehen und kommen tatsächlich mit Leuten ins Gespräch. Es scheinen nicht so viele Touristen durch dieses Viertel zu laufen. 
Es ist noch ziemlich leer, als wir am frühen Vormittag dort ankommen. Schon beeindruckend, was hier an fantasievollen, farbenfrohen Sachen entstanden ist. Leider scheinen wir die falsche Zeit gewählt zu haben. Nirgends ist Musik zu hören und alles wirkt ein wenig schläfrig. So sitzen wir eine Zeit lang mit einem Café in der Bar el Barracon de Hamel und bummeln eine Weile zwischen der Kunst herum, bevor wir uns wieder auf den Rückweg machen.
Weil es auf die Mittagszeit zugeht und uns jetzt schon ziemlich heiß ist, gönnen wir uns dafür so eine Art Fahrradrikscha, die hier überall auf Kunden warten. Der arme Fahrer muss sich ganz schön anstrengen, um uns zwei Europäer wieder in die Altstadt zu kriegen. Er bekommt dafür aber auch ein ordentliches Trinkgeld und eine große Flasche Wasser. In der Altstadt findet grad so eine Art Festival statt, von überall dröhnt die Salsamusik, bunt gekleidete junge Männer und Frauen machen Musik, tanzen, das ganze wirkt wie ein gesamter, pulsierender Organismus. Wir lassen uns eine Weile treiben, essen noch etwas in einer hippen Bar mit Blick auf die Plaza Vieja, bevor wir einen Teil des Nachmittags wieder unter unserer Klimaanlage verbringen. 
Die Zeit des frühen Abends nutzen wir um auch einmal einen Blick auf das Capitolio im Herzen Havannas zu werfen. Als eine der meist besuchtesten Sehenswürdigkeiten, darf das natürlich auch hier nicht fehlen. Der bewölkte Himmel gibt dem ganzen heute ein eher düsteres Ambiente, hoffen wir, dass es sich dabei nicht um eine Art Omen handelt. Nachempfunden wurde dieser Bau dem Kapitol in Washington, was man unschwer erkennen kann, fertiggestellt wurde es 1929.
Für den Abend haben wir einen Tisch im Restaurant Elizade bestellt, in dem wir bereits am gestrigen Tag mit unserem jungen kubanischen Reiseführer waren. Hier gibt es nicht nur ausgesprochen leckeres Essen, sondern darüber hinaus auch einen guten chilenischen Wein und einen ganz besonderen Koberer, der vor dem Restaurant wirklich eine sehr gute Show abliefert. 
Den Rest des Abends genießen wir die laue Luft, freuen uns über die Möglichkeit endlich mal leicht bekleidet durch eine Stadt zu schlendern - noch dazu eine so großartige wie Havanna - schlürfen den ein oder anderen Mojito, während die Salsamusik den Weg in unsere Ohren findet und in unseren europäisch steifen Gliedmaßen ungeahnte Bewegungswünsche entstehen lässt...
Havanna, du hast uns verzaubert. Wir sind schon sehr gespannt auf den Rest Kubas.


(Kostenlose Werbung, da Orts- und Restaurantnennung)



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