Zum Jahreswechsel nach Köln

Die Idee Silvester in Köln zu verbringen wurde relativ spontan geboren. Silvester ist ja so ein Datum, da versucht man sich etwas Besonderes vorzunehmen. Etwas, das man an anderen Tagen nicht macht. Irgendwann ist man dann schließlich in der Verlegenheit alles bereits gemacht zu haben. Naja, fast alles. Mega-Silvesterfeiern, mit guten Freunden essen oder Essen gehen, über den Kiez ziehen, Faschingsfeiern veranstalten, bei Schnee und -10° im Zelt im Garten feiern, Silvester in der Therme verbringen... Schwierig etwas neues zu finden.
Doch unser Trip nach Köln bot uns gleich zwei Dinge, die wir bisher noch nie gemacht hatten. Silvester zu zweit. In einer Wohnung, die wir über Airbnb gebucht hatten. Zweimal Premiere. Also geht es am Dienstag vor Silvester mit dem Flieger nach Köln. Der günstige Flug und die besondere Wohnung, die wir über airbnb gefunden haben, geben den Ausschlag für das Reiseziel.
Unsere Wohnung befindet sich im 28. Stock eines Apartmenthauses mit Blick auf die Innenstadt und den Kölner Dom. Die Wohnung ist klein, hat aber alles was man braucht. Der Ausblick ist unbezahlbar. Tatsächlich kleben wir mehrmals am Tag an den Fenstern und entdecken immer etwas neues.
Köln bietet viel, nicht nur diese grandiose Aussicht. Vor allen Dingen natürlich kulturelles. Allen voran das Schwergewicht, den Kölner Dom. Dem wir gleich am ersten Abend einen Besuch abstatten. Woraus ihr sehen könnt, dass Köln auch viel im Dunkeln bietet...
Der angestrahlte Kölner Dom wirkt vor dem dunklen Nachthimmel gleich noch imposanter. Selbst mit den nicht zu vermeidenden Baugerüsten. Jaja, der Zahn der Zeit... Im Inneren dröhnt die Orgel durchs Kirchenschiff, irgendetwas aufwühlend Klassisches, dem Ort angemessen. Unsere Fotos allerdings sind dem Inneren nicht angemessen, lediglich der Tannenbaum scheint etwas mystisches widerzuspiegeln. Da müssen wir wohl morgen noch einmal wiederkommen.
Also hinaus in die laue Kölner Winternacht. Was gibt es denn hier noch so zu sehen? Also im Dunkeln. Schlendern wir doch einmal hinunter zum Rhein.
Der glitzert im Licht der Hohenzollernbrücke. Und fließt unter ihr hindurch.
Unbeachtet von den diversen Reiterstandbildern. Allesamt Hohenzollerkönige - oder Kaiser. Die reiten nämlich ziemlich unbeeindruckt erhaben in die andere Richtung. Und strafen den Rhein mit Nichtachtung. Warum auch immer. Wir dagegen sitzen kurze Zeit später in eine Decke gewickelt mit Wein und Kölsch und Blick auf den deutschesten aller deutschen Flüsse draußen vor einem der diversen Lokale. Draußen. Ende Dezember. Köln hat auch überraschendes.
Der nächste Tag beginnt wieder am Kölner Dom. Ich versuche mich das erste Mal am Selfiestick - und scheitere kläglich. Was ziemlich zur Erheiterung der umstehenden Touristen beiträgt. Als uns ein englisches Paar schließlich seine Hilfe anbietet, schaffe ich es dann doch. Juhu, die ersten Fotos entstehen.
Ab gehts ins Innere des riesigen Doms. Leider gelingt es uns auch diesmal nicht das Besondere dieses Gotteshauses abzulichten. Es ist einfach zu groß, zu imposant, das lässt sich nicht auf Bilder bannen. Jedenfalls nicht von mir. Schade!
Jetzt kommen wir zum sportlichen Teil des heutigen Tages. Denn natürlich wollen wir auch auf den Turm des Kölner Doms. Hierfür ist zuallererst Geduld gefragt. Nicht gerade meine Stärke. Wie immer bei solchen Sehenswürdigkeiten steht man erst einmal in der Schlange. Glücklicherweise ist eine viertel Stunde Wartezeit recht überschaubar. Für die 533 Stufen hinauf benötigen wir länger. 533 zum größten Teil eng gewendelte Stufen, versteht sich. Mit Gegenverkehr. Schön, wenn man wegen der Enge stehen bleiben muss. Dann bleibt ein wenig Zeit zum Verschnaufen. Irgendwann, nachdem wir schon über die Hälfte der Stufen bewältigt haben, zweigt ein Rundgang ab, der die riesigen Glocken umrundet. Endlich eine ebenerdige Strecke! Kurz vor zwölf sind wir wieder auf der Treppe. Glücklicherweise, denn kurz darauf beginnen die Glocken zu schlagen. Das hätte meine Ohren nicht erfreut.
Schließlich sind wir oben. Außer Atem zwar, aber das sind deutlich jüngere auch. Wir genießen den gigantischen Blick auf die Stadt. Durch eine Gitterlandschaft, aber immerhin. Schließlich sind wir ja in Deutschland, da muss alles sicher sein. Weniger genießen tun wir den Blick auf die Hinterlassenschaften diverser Mitmenschen unterschiedlichster Nationalität. Komisch, dass manche meinen man müsse sich überall verewigen. Auch auf Weltkulturerben.
Runter gehts dann deutlich schneller. Zeit für eine Verschnaufspause. Lecker Nougatbrezel bei Merzinger. Absolut empfehlenswert und wieder können wir Kaffee und Brezel in der Sonne genießen. Draußen sitzend versteht sich.
Weiter gehts über den Heumarkt, auf dem immer noch ein Weihnachtsmarkt samt Eisbahn steht. Wunderschöne Fassaden der unterschiedlichsten Bauepochen begleiten uns auf unserem Weg.
Irgendwann landen wir leicht fröstelnd wieder am Rhein, genauer am alten Fischmarkt unterhalb von Groß St. Martin. Zeit für eine weitere Pause mit einer wärmenden Stärkung. Wir entscheiden uns für die Ex-Vertretung, eine warme Suppe, eine Frikadelle mit Bratkartoffeln und... natürlich ein Kölsch.
Dabei bewundern wir die teilweise eher ungewöhnlichen Bilder der unterschiedlichsten Staatsvertreter, die hier die Wände und auch die Fliesen der Toilette zieren. Wirklich empfehlenswert.
Den Rest des Nachmittags verbringen wir bummelnderweise, wobei mein Highlight auf jeden Fall der Karnevalsladen Deiters ist. Hach, denke ich, gäbe es doch solch einen Laden auch bei uns in Hamburg. Und - als hätte irgendwer meinen Wunsch gehört - den gibt es tatsächlich. Nur weiß ich das nicht. Seit Mitte Oktober hat dieser Karnevalsladen eine Filiale in Hamburg. Da muss ich auf jeden Fall demnächst mal hin. Ich liebe diese schrillen Outfits, diese bunten Farben, diese Möglichkeit in andere Rollen zu schlüpfen.

Doch ich schweife ab. Noch sind wir in Köln. Für den späten Nachmittag haben wir eine ungewöhnliche Verabredung. Ein ehemaliger Kollege von Thias hat sich gemeldet. Facebook hat manchmal seine überraschenden Momente. Das letzte Treffen der beiden ist locker 30 Jahre her, aber hier in Köln gibt es ein Wiedersehen. Wir kriegen die Adresse vom Lommerzheim. Mit der Info, dass wir dann eine richtige Kölner Kneipe kennenlernen.
Tja, was soll ich sagen? Ein absolut gelungener Abend. Ich wusste gar nicht, dass es solche Kneipen noch gibt. Tatsächlich stehen hier Leute schon eine Stunde vor Öffnung und warten, damit sie einen der raren Tische ergattern. Von außen betrachtet ein baufälliges und runtergekommenes Gebäude, die Inneneinrichtung - augenscheinlich seit mindestens 50 Jahren nicht renoviert - sieht auch nicht anders aus. Doch hat diese Kneipe eine Atmosphäre, wie man sie woanders gar nicht oder schon lange nicht mehr findet. Dicht an dicht stehen die Menschen am Tresen und in den Gängen, zwischen den Tischen und wo sonst noch Platz ist. Trotzdem hat man, kaum ausgetrunken, schon wieder ein Glas frisches Kölsch in der Hand. Abgerechnet wird wie früher auf Bierdeckeln und wer ein Wasser bestellt, wird schon mal angeschaut, als käme er mindestens aus einer anderen Galaxie. Ich bin noch nie innerhalb so kurzer Zeit mit so vielen unterschiedlichen Leuten ins Gespräch gekommen. Wir hatten etwas zu essen bestellt - die Kotletts sind übrigens mindestens so dick wie die Reifen eines Mountainbikes - und als unser Essen kam, sind andere aufgestanden, damit wir im Sitzen am Tisch essen konnten. Diese Kneipe ist wirklich ein absolutes Highlight.
Hans Lommerzheim hieß der frühere Wirt, er wird als sehr wortkarg, aber schlagfertig beschrieben. Inzwischen ist er verstorben, aber Geschichten über ihn kusieren immer noch in seiner alten Kneipe. Zum Weltwirtschaftsgipfel 1999 in Köln wollte der damalige amerikanische Präsident Bill Clinton eine authentische Kölschkneipe besuchen und es wurde beim Lommerzheim angefragt – allerdings hätte man die Gaststätte aus Sicherheitsgründen für den Publikumsverkehr sperren müssen. „Nä, dat jeiht nit!“ soll Lommerzheim gesagt haben – dann müssten ja die Stammgäste draußen bleiben. So konnte der arme Clinton diese Kneipe nicht kennenlernen. Da hat er auf jeden Fall was verpasst.
Silvester haben wir erstmal das Schwimmbad im 31. Stock unseres Hauses genutzt. Außer uns war niemand dort. So weit oben über Köln zu schwimmen ist auch etwas besonderes.
Am Nachmittag geht es noch einmal am Dom vorbei über die Hohenzollernbrücke, die wegen der unzähligen dort angebrachten Liebesschlösser auch den Namen Liebesbrücke verdient hätte, auf die andere Rheinseite. Die Sonne scheint und wir wollen ihr beim Untergang zusehen. Etliche andere natürlich auch.
Wir finden noch einen Tisch in einem Brauhaus, so dass wir etwas zünftiges in unseren Bauch bekommen und schlendern danach noch eine ganze Weile durch die Kölner Altstadt. Lauschen den Klängen eines Straßenmusikers, der irgendwie eine absolut friedvolle Stimmung um sich herum verbreitet. Köln hat auch seine besinnlichen Momente.
Irgendwann machen wir uns auf den Weg zurück in unser Apartment. Das Feuerwerk wollen wir aus dem 28. Stock erleben. Und was soll ich sagen, es ist einfach grandios! Als würde - ganz langsam - ein Vulkan hochkochen. Am besten zu sehen auf einem Video, Fotos werden dem nicht gerecht.
Das ist schon ein wirklich besonderes Erlebnis. Und eine angemessene Art das neue Jahr zu beginnen. Empfehlenswert!
Und da ist er schon. Der erste Tag des neuen Jahres. Gleichzeitig unser letzter Tag in Köln. Heute Abend geht unser Flieger zurück nach Hamburg. Wir machen noch einen ausgedehnten Neujahresspaziergang, schon wegen der guten Vorsätze, schließlich soll auch dieses Jahr ein bewegtes werden...
Ein bißchen Kultur liegt auf dem Weg, die romanische St. Gereon-Kirche, der wir einen Besuch abstatten, und der Mediapark, der uns zum ersten Eis des Jahres verleitet. Nach zwei Stunden frischer Luft sehen wir bereits durch die kahlen Bäume unser buntes Apartmenthaus vor dem blauen Himmel.
Schließlich bleibt uns nur noch zu packen und uns von unserem Kurzzeitzuhause und der wunderbaren Aussicht zu verabschieden.
Mein Fazit:
- Köln ist auf jeden Fall eine Reise wert
- Silvester kann man auch wunderbar zu zweit verbringen
- Meine erste Buchung über Airbnb war ein absoluter Erfolg. Danke an die tolle Gastgeberin.



3 Kommentare:

  1. ich wusste gar nicht, dass du so gut schreiben kannst! :) sehr schöne fotos und toller text...da kriegt man lust, das auch mal auszuprobieren! ich kenne köln, jedoch von dieser seite noch nicht...

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    1. Vielen Dank, liebe Unknown :)
      ähm, weiß ich wer du bist? Das hört sich so bekannt an...
      LG
      Mischa

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