Türkei 3 - Istanbul - Hagia Sophia, Dolmabahçe-Palast und Yerebatan-Zisterne


Die Hagia Sophia bei Nacht
Der nächste Tag beginnt wie alle vorangegangenen, mit dem Frühstück auf der Dachterrasse. Unser
Be- sichtigungs- programm für heute beginnt mit der Hagia Sophia. Dank unseres Museum- passes können wir an der langen Warte- schlange am Ticket- schalter entspannt vorbei- schlendern und stehen unvermittelt vor dem riesigen Eingangsportal dieser einzigartigen Kuppelbasilika. Schön die pure Größe ist beeindruckend. Das Innere noch mehr. Auch hier wieder ganz klar, alle Fotos können dem nicht gerecht werden. Gemeinsam mit uns tritt übrigens eine Istanbuler Katze durchs Portal. Ich bin mir sicher, sie hat nicht bezahlt.
Die Hagia Sophia wurde 537 nach Christus als byzantinische Kirche von Kaiser Justinian eingeweiht, war die Hauptkirche des Byzantinischen Reiches und religiöser Mittelpunkt der Orthodoxen. Im 15. Jahrhundert dann wurde sie unter den Osmanen in eine Moschee umgewandelt und später unter Atatürk dann in ein Museum. Um den gewaltigen Kuppelbau abzustützen wurden im Laufe der Jahrhunderte die Fassade mit immer mehr Pfeilern verstärkt, was das ursprüngliche Erscheinungsbild natürlich genauso veränderte, wie die später angefügten Minarette.
Die Kuppel hat eine Spann- weite von 32 Metern und ihr Schei-
tel- punkt befindet sich 55 Meter über dem Fußboden.
So stehen wir in diesem riesigen Raum, den Blick nach oben gerichtet und staunen. Immer wieder wundere ich mich darüber, was vor so unendlich langer Zeit mit den einfachen, damals zur Verfügung stehenden Techniken, erbaut wurde. Was die Menschen damals schon möglich machten. Auch das riesige Gerüst, das zur Zeit das Hauptschiff ziert, nimmt diesem Gebäude nichts von der Erhabenheit und wirkt irgendwie klein.
Auf der umliegenden Empore, die man über eine Rampe erreicht, fragen wir uns unwillkürlich wieviele unzählige Füße wohl schon über diesen unebenen Marmorboden gegangen sind, wieviele Menschen unterschiedlicher Religionen hier im Laufe der Jahrhunderte Trost und Antworten gesucht haben. Für mich ist das einer dieser Orte, die einem klar machen, das wir nur ein Wimpernschlag in der Geschichte der Menschheit sind.

An den oberen Galerien befinden sich auch die inzwischen wieder freigelegten Mosaiken aus der Erbauungszeit.
Wir verabschieden uns von diesem letzten großen Bauwerk der Spätantike und werden draußen von strahlendem Sonnenschein und noch mehr Touristen empfangen. Es wird wieder Zeit eine Toilette zu suchen, doch die auf dem Gelände der Hagia Sophia ist ein wenig... überfrequentiert. An dieser Schlange steht man sicher mindestens 20 Minuten. Also raus auf den Platz und zur öffentlichen Toilette, da steht man gar nicht und sauber ist sie auch.
Von da aus machen wir uns auf Richtung Taksim- platz, Ausgang der Proteste im ver-
gangenen Jahr. Ihr erinnert euch? Für den Bau eines Einkaufszentrums sollte nicht nur das inzwischen abgerissene Emek-Kino weichen, sondern auch Bäume des benachbarten Gezi-Parks. Das löste eine ungeahnte Protestwelle aus, die hier auf dem Taksimplatz ihren Höhepunkt fand und von der türkischen Polizei mit massiver Gewalt beendet  wurde.
Uns empfängt dieser Platz mit Stille und eher unspektakulär. Ein wenig marode wirkt er, genauso wie der benachbarte Gezi-Park, der aber scheinbar seine Bäume behalten durfte. Ein paar Skater nutzen die Treppe, um ihren jugendlichen Tatendrang abzuarbeiten, im Park sitzen ältere Männer auf den Bänken und rauchen und auch sonst ist nirgendwo etwas protestähnliches zu sehen. Manchmal sind die Plätze, an denen Geschichte gemacht wird eher unscheinbar.

Wir beschließen, dass noch genug Zeit bleibt, um den Dolmabahçe-Palast zu besichtigen, der nicht allzuweit entfernt ist. Wir hatten ihn bereits gestern vom Wasser aus bei unserer Bosporusfahrt gesehen. Ein beeindruckendes Gebäude.
Eine kurze Fahrt mit der Funicular, eine unterirdische Zahnradbahn, die den Taksimplatz mit Kabataş verbindet, ein kurzer Fußweg an einer vielbefahrenen Straße entlang, und wir sind da. 
Der Dolmabahçe-Palast wurde gebaut, weil der mittelalterliche Topkapi-Palast irgendwann den modernen Anforderungen nicht mehr genügte, da man begonnen hatte sich an den Standarts europäischer Herrscherhäuser zu messen. Und so siedelte der Hof 1856 in diesen neuen Palast der Superlative. Die Baukosten betrugen rund fünf Millionen Pfund Sterling, was damals etwa einem Viertel der jährlichen Steuereinnahmen entsprach und was erheblich dazu beitrug das osmanische Reich in den Staatsbankrott zu treiben.
Ja, und genau so ist der Palast auch. Seine Decken wurden mit sage und schreibe 14 Tonnen Gold geschmückt, überall glitzert Kristall und andere Dinge die glitzen, es wurde an nichts gespart. Selten so prunkvoll ausgestattetet Räumlichkeiten gesehen.
Apropos gesehen: der Palast kann nur im Rahmen einer Führung besichtigt werden, die entweder auf türkisch oder auf englisch erfolgt. Man steht eine Weile an, zieht sich dann hübsche, blaue Plastiküberzieher über die Straßenschuhe und los gehts. Im Palast darf nicht fotografiert werden, was eine Gruppe Herren aus dem Libanon mit männlicher Arroganz aber geflissentlich nicht zur Kenntniss nimmt und immer fröhlich vor sich hin knipst, ohne auf die Ansagen unserer ziemlich schüchternen Führerin mit Tuch und langem Mantel zu hören. Gerne hätte ich denen ein Bein gestellt.
Leider ist die Dame nicht nur schüchtern, sondern auch leise, so dass man ihren ohnehin schon knappen Ausführungen nicht wirklich folgen kann und wir durchqueren den Palast ohne wirkliche Erklärungen. Aber egal, die Räume sprechen für sich und wir haben ja genug Phantasie.
Zum Abschluss essen wir noch eine Pizza, in einem Restaurant, das am Wasser direkt vor dem Eingang des Palastes ist, kommen dabei mit zwei türkischstämmigen Damen aus Deutschland ins Gespräch, die in Istanbul Familie besuchen und Urlaub machen und beschließen danach, dass es Zeit ist noch einmal unsere Dachterrasse für eine Pause
Polizeiwache an der Yerebatan-Zisterne
 aufzusuchen. Zumal wir auch eine Jacke benötigen, denn es ist irgendwie deutlich kühler geworden.
Auf dem Weg zurück halten wir am Eingang der Yerebatan-Zisterne, vor der, wie immer eine elendig lange Schlange steht, um nachzusehen wann die Zisterne schließt. Man hat uns empfohlen zirka eine Stunde vorher wiederzukommen, dann wäre die Schlange der Touristen deutlich kürzer und es bliebe noch genug Zeit für die Besichtigung.
Genauso machen wir das. Pause auf der Dachterrasse und dann erneut Aufbruch Richtung Yerebatan-Zisterne. Und es stimmt. Nach zehn Minuten Warten sind wir drinnen. Steigen die lange Treppe hinunter in die alte Zisterne. Und nach all dem Lärm oberhalb des Erdbodens umgibt uns hier - für Istanbuler Verhältnisse - Stille. Stille im Dämmerlicht der gut eingesetzten Beleuchtung. Wie ein Wald, der nicht aus dieser Welt ist, erheben sich die Säulen, 336 an der Zahl, aus dem dunklen, klaren Wasser und hinterlassen dort gleichzeitig ihr Spiegelbild. Tragen seit vielen Jahrhunderten geduldig die Last des alten Ziegelsteingewölbes. Im klaren Wasser schwimmen Fische, klassische Musik erklingt aus irgendwo versteckten Lautsprechern und Wasser plätschert, tropft von irgendwo zu Boden. Die Besucher unterhalten sich leise, die Atmosphäre hat tatsächlich etwas Sakrales.

 

So schlendern wir auch irgendwie andächtig über die Holzstege. Wundern uns über die aus Stein gemeißelten antiken Medusenköpfe, die als Sockel für zwei der Stützpfeiler dienen. Was hat das zu bedeuten? Später lesen wir, dass beim Bau die Höhe der meist aus römischer Zeit stammenden Säulen ausgeglichen werden musste, und die Arbeiter zu vorhandenem Material griffen, das sie wohl einfach einbauten. Die Medusa entstammt der griechischen Mythologie, ein Ungeheuer mit weiblichen Gesichtszügen. Warum allerdings die eine auf der Seite und die andere auf dem Kopf steht? Vielleicht ein Scherz der Bauarbeiter? Tatsächlich habe ich keine Ahnung!
Wir beschließen den Abend auf einer Dachterrasse, wo auch sonst? Eines der vielen Restaurants mit Blick auf den Bosporus. Ein antiquiert wirkender Kellner alter Schule bedient uns und ist dabei reichlich zu Scherzen aufgelegt. Am Nachbartisch läßt sich eine Gruppe Koreaner nieder, die sich die Karte erklären lassen und sich dann augenscheinlich durch alle Gerichte probieren. Es muss seltsam sein die Schrift nicht lesen zu können, die Gerichte nicht zu kennen und wirklich etwas völlig neues zu probieren. Wir genießen Fisch und Fleisch und Wein und die gute Aussicht. Und freuen uns auf den nächsten Tag.









 



2 Kommentare:

  1. Ich freue mich auch schon auf den nächsten Tag, sprich nächsten Bericht. Das mit der Knipserei obwohl es verboten ist kommt mir sehr bekannt vor. Mein Vater neigte auch zu diesen Taten. Allerdings kam er auch an Orte wo man rabiater gegen dieses Verhalten vorzugehen verstand.

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  2. Wir haben in Abu Simbel vor ein paar Jahren gesehen, dass einem Tourist seine Kamera abgenommen wurde. Der hatte innen mit Blitz fotografiert und der Wächter dort kannte kein Pardon. Und eigentlich finde ich es in Bezug auf den Blitz auch absolut korrekt. Ich geh mal davon aus, dass er sie nach Verlassen des Tempels wiederbekommen hat...

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